Diese Woche in Kopenhagen
„Katalonien „spaltet“ die Minderheiten “
Katalonien „spaltet“ die Minderheiten
Katalonien „spaltet“ die Minderheiten
Der befürchtete heiße Herbst Kataloniens hat begonnen: Spanien ist dabei, sich seine eigenen politischen Gefangenen zu schaffen. Die Wut und Verzweiflung in Katalonien wächst täglich, meint der Leiter des Kopenhagener Sekretariats der deutschen Minderheit in Dänemark, Jan Diedrichsen.
Unterschiedlicher Meinung zu sein, ist nicht per se eine schlechte Sache. Es schärft die Argumente. Bei den Freunden der dänischen Minderheit konnten wir in der vergangenen Woche mitverfolgen, dass es sehr unterschiedliche Positionen geben kann, wenn es zu den aktuellen Minderheitenfragen in Europa kommt: Im Leitartikel der Tageszeitung „Flensborg Avis“ wurden die „Separatisten“ in Katalonien gegeißelt und Verständnis für die Urteile gegen die Regionalpolitiker ausgesprochen, die mit bis zu 13 Jahren Gefängnis äußerst hart ausfielen. Spanien sei ein Rechtsstaat, und da könne man sich nicht eben so mal unabhängig erklären; wo käme man da hin, so der etatistische Ansatz der Zeitung.
Der Parteivorsitzende des SSW, Flemming Meyer, hat eine komplett andere Sichtweise. Die spanische Regierung habe, so Meyer, die Chance verpasst, eine politische Lösung für den Katalonien-Konflikt herbeizuführen. Statt auf Dialog, hat sie auf juristische Mittel gesetzt und zunächst bekommen, was sie wollte: Die politischen Führer Kataloniens wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt. Das werde zur weiteren Destabilisierung der inneren Verhältnisse führen, erklärte der SSW-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Flemming Meyer am Anfang der vergangenen Woche.
Hintergrund ist das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens, das die Regionalregierung in Barcelona für den 1. Oktober 2017 ausgerufen hatte. Das spanische Verfassungsgericht erklärte die Abstimmung für rechtswidrig. Trotz des teilweise brutalen Vorgehens der spanischen Sicherheitskräfte gingen Millionen von Katalaninnen und Katalanen an die Wahlurnen und entschieden sich mehrheitlich für eine Unabhängigkeit.
Ich bin persönlich kein Freund von neuen Nationalstaaten in Europa, und die Unabhängigkeitsbestrebungen habe ich immer mit skeptischer Distanz beobachtet. Doch mit welchem Recht will man den Menschen in Katalonien verbieten, ihren Willen auf Selbstständigkeit auf demokratische Art zu äußern? Die Urteile gegen die Regionalpolitiker sind (vor allem in ihrer Härte) ein Skandal. Flemming Meyer hat in diesem Punkt meiner Meinung nach völlig recht. Dem Vorgehen des spanischen Staates und der spanischen Justiz einfach den „Persilschein“ eines Rechtsstaates auszustellen, wie dies „Flensborg Avis“ tut, ist eine Fehlanalyse.
Der befürchtete heiße Herbst Kataloniens hat begonnen: Spanien ist dabei, sich seine eigenen politischen Gefangenen zu schaffen. Die Wut und Verzweiflung vieler Katalaninnen und Katalanen wächst täglich, und leider entlädt sich das derzeit in regelrechten Straßenschlachten. Wenngleich man Ziele und Mittel der katalanischen Politiker und Aktivisten missbilligen möge: Das Urteil ist in seiner Härte nicht hinnehmbar. Es geht hier um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren und dabei auch die herrschende Situation infrage stellen zu können.
Die Katalanen haben ihren Wunsch auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit immer gewaltlos artikuliert. Keiner der Verurteilten hat jemals zu Gewalt aufgerufen. Zum Teil sitzen die Verurteilten bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft. Die meisten von ihnen gehörten der frei und demokratisch gewählten katalanischen Regionalregierung an. Ende Oktober 2017 wurden sie von der Zentralregierung in Madrid abgesetzt und verhaftet.
Nicht nur in Katalonien, auch in Schottland gehen derzeit hunderttausende Europäer auf die Straßen.
Sie demonstrieren für ihr völkerrechtlich verbrieftes Recht auf Selbstbestimmung. Man muss kein Befürworter dieser Unabhängigkeitsbewegungen sein, um zu erkennen, dass Europa sich endlich politisch mit diesen regionalen Bewegungen beschäftigen muss. Die Katalonien-Frage kann nur politisch gelöst werden. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs macht eine politische Einigung für den Moment allerdings unmöglich. Das ist ein europäisches Problem mit potentiell weitreichenden Folgen.