Leitartikel

„100 Jahre Mehrwert“

100 Jahre Mehrwert

100 Jahre Mehrwert

Nordschleswig/Sønderjylland
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Die Schleswigsche Partei kann am 15. August auf eine hundertjährige politische Tätigkeit zurückblicken. Auch 2020 ist noch Bedarf für die Partei der deutschen Minderheit, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Die Schleswigsche Partei, die Partei der deutschen Minderheit in Nordschleswig, wird am 15. August 100 Jahre alt. Für die deutsche Minderheit ein Anlass zu feiern, denn die Bedeutung der Schleswigschen Partei für die deutschen Nordschleswiger kann nicht hoch genug bewertet werden. Das war vor 100 Jahren so und ist auch heute noch der Fall.

Dabei waren die ersten Jahrzehnte nicht gerade ruhmreich: Von dem Wunsch einer Grenzrevision nach 1920 über den nationalistischen Bodenkampf bis zur Hingabe des nationalsozialistischen Gedankenguts waren die ersten Jahre aus heutiger Sicht dunkle Kapitel der Partei-Geschichte. Damals ergab es aber Sinn, für die deutschen Werte zu kämpfen.

Zum Glück hat die Schleswigsche Partei sich mit der Minderheit entwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es vor allem um den Wiederaufbau der Minderheit und darum, das Vertrauen der Mehrheitsbevölkerung zurückzugewinnen.

Es war gewiss nicht leicht, SP-Politiker in den Nachkriegsjahren zu sein, denn die Skepsis den Deutschen gegenüber war trotz der Loyalitätserklärung der Minderheit dem dänischen Staat gegenüber groß.

Die Schleswigsche Partei schlug aber schnell den Weg der Zusammenarbeit ein und verdiente sich dadurch – und durch die seriöse Arbeit vieler SP-Politiker in den Gemeinden, Kommunen und im Amtsrat – Respekt und Anerkennung.

Damit änderte sich auch die Rolle der Schleswigschen Partei. Es ging nun nicht nur darum, die Probleme der Minderheit zu lösen, sondern die Partei setzte sich auch für das Allgemeinwohl in Nordschleswig ein und übernahm immer mehr Verantwortung.

Viele Jahrzehnte hielten sich die SP-Politiker aus den Entscheidungen über das dänische Schulwesen raus, doch heute gibt es keine solchen Berührungsängste mehr.

Auch wenn ein Politiker der Dänischen Volkspartei vor wenigen Jahren noch der Meinung war, dass die SP in Verbindung mit einem dänischen Gedenkplatz (Genforeningshaven in Apenrade) nichts zu sagen habe: Die SP ist heute ein vollgültiges Mitglied der politischen Parteienlandschaft und kann nicht nur zu allem Stellung beziehen, die SP muss, wenn sie weiterhin ernst genommen werden will, in allen Bereichen der Kommunalpolitik mitmischen – und tut dies auch.

Dass dieser Wandel geglückt ist, zeigen die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre. Nach stetig fallender Stimmenzahlen bis 2005 hat die SP seitdem wieder mehr Wähler für sich gewinnen können. Nicht etwa, weil die deutsche Volksgruppe größer wird, sondern weil auch Wähler der dänischen Mehrheitsbevölkerung von Kandidaten der Liste S überzeugt sind.

Dabei darf die Schleswigsche Partei ihre eigenen Wurzeln nicht vergessen – was sie auch nicht tut. Aber wenn Deutsch-Nordschleswiger das Gefühl haben, dass die SP nur hinter dänischen Wählern her ist und die eigenen vergisst, dann hat die Partei eine Kommunikationsaufgabe zu lösen.

Die Schleswigsche Partei war 1920 von großer Bedeutung für die Minderheit. 100 Jahre später ist sie ein wichtiger und zuverlässiger Partner für ganz Nordschleswig – für Minderheit und Mehrheit – und ist außerdem ein wichtiger Katalysator für die deutsch-dänischen Beziehungen.

Die SP ist absolut ein Mehrwert für den Landesteil. Glückwunsch!

 

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