Leitartikel

„Fahr vorsichtig“?

„Fahr vorsichtig“?

„Fahr vorsichtig“?

Apenrade/Aabenraa
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Foto: Luigi Manga/Unsplash

Die dänische Polizei hat sich nach einem Vorfall bei Roskilde schockiert über das Fahrverhalten einiger Autofahrer gezeigt. Wir sind im Straßenverkehr aufeinander angewiesen, meint Cornelius von Tiedemann. Hier gehe es im wahrsten Sinne um Leben und Tod – und nicht nur um uns selbst.

„Fahr' vorsichtig!“ Diesen Rat bekomme ich so manches Mal mit auf den Weg, wenn ich mich auf eine längere Autofahrt begebe – und ich selbst habe ihn meinen Liebsten auch schon erteilt. Aber tun wir das nicht sowieso? Vorsichtig fahren?

Erst vor einer Woche hat sich die Polizei entsetzt über das Verhalten von zahlreichen Autofahrern geäußert. Die fuhren auf der Autobahn bei Roskilde an einem schweren Unfall über den Seitenstreifen vorbei – obwohl die Autobahn gesperrt war und Polizisten auf der Straße im Einsatz.

Auch aus eigener Beobachtung kennen viele die gewagten Überholmanöver, die so mancher auf der Landstraße bringt und bei denen man sich fragt, ob den Fahrern klar ist, was sie da gerade riskieren.

Die Zahl der Verkehrstoten nimmt derweil in Dänemark zum Glück seit vielen Jahren ab. Das liegt vor allem an der Technik. Heute steigen wir nach manchen Unfällen, die früher tödlich geendet hätten, körperlich unversehrt aus unseren Autos.

Doch auch in alten, billigen Autos ließe es sich besser überleben, wenn wir nicht nur an der Technik, sondern auch an unserem Fahrverhalten arbeiten würden. Denn Fahrspaß muss nicht zwangsläufig mit Rücksichtslosigkeit einhergehen. Es lässt sich auch durchaus im Bereich des Erlaubten sportlich und zügig fahren. Und verpassen tun wir dabei – von möglichen Unfällen abgesehen – fast nichts. Im Gegenteil. Wer sich einordnet, vermeidet Staubildung – und wer zum Beispiel auf der Landstraße 100 statt 80 fährt, der spart auf den 20 Kilometern zur Arbeit gerade drei Minuten. Wer allerdings 80 fährt, der spart sich und vor allem uns anderen jede Menge Stress und Risiko.

Doch vielfach nehmen wir die anderen Verkehrsteilnehmer gar nicht als Mit-Menschen wahr, sondern nur als Objekte. Die Autofahrt wird zum Stellvertreter für ganz andere Konflikte, die uns beschäftigen. Und weil wir die anderen Autofahrer nicht sehen, nicht mit ihnen sprechen können, reagieren wir nicht immer auf ihr tatsächliches Verhalten, sondern auf ihre von uns vermuteten Motive. Und die sind, in unserer Vorstellung, natürlich immer idiotischer Natur.

Dabei sind wir im Straßenverkehr aufeinander angewiesen. Hier geht es im wahrsten Sinne um Leben und Tod – und nicht nur um uns selbst. Vielleicht wäre der Rat „Fahr demütig!“ deshalb viel passender?

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