Leitartikel

„Rückseite der Medaille“

„Rückseite der Medaille“

„Rückseite der Medaille“

Apenrade/Aabenraa
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Chefredakteur Gwyn Nissen beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit Mobbing und psychischer Terror im dänischen Schwimmverband.

Dafür, dass Dänemark ein kleines Land ist, hat die Nation ganz schön viele gute Schwimmer. Seit Jahrzehnten holen sie  olympische, EM- und WM-Medaillen. Doch die Medaille hat eine Rückseite: Mobbing und psychischer Terror waren im dänischen Schwimmverband tagtäglich an der Tagesordnung.

Es gehört schon ein ganz besonderer Einsatz dazu, wenn man an die Weltspitze will. Das wissen vor allem Schwimmer. Sie trainieren 25 bis 30 Stunden die Woche und sind morgens schon in der Schwimmhalle, wenn wir anderen noch unter der warmen Decke liegen – und gehen dann zur Arbeit oder in die Schule.

Doch dies reichte einigen Spitzentrainern anscheinend nicht, zeigt eine Dokumentarsendung von Danmarks Radio. Was der Australier Mark Regan (Nationaltrainer von 2003 bis 2008) einführte und der inzwischen verstorbene  Holländer Paulus Wildeboer (bis 2013) weiterführte, glich einem strengen Regime, das sich seither zu einer ungesunden Trainingskultur entwickelte an dem sich auch dänische Trainer beteiligten.

Öffentliches Wiegen, persönliche Schelte, Mobbing und Fatshaming (Stigmatisierung von „Übergewichtigen“) mag einige Schwimmer zu Medaillen verholfen haben, aber der überharte Ton trieb wiederum andere zu Essstörungen und psychischen Problemen, die sie ein Leben lang mit sich tragen werden.
Dass Spitzensport nichts mit Spaß zu tun hat, ist klar. Es ist harte Arbeit. Doch im dänischen Schwimmverband wurden die Grenzen des Anstandes überschritten.
Ganz neu sind die Informationen in DR nicht. Bereits 2010/11 wurde erstmals über die Verhältnisse berichtet, und noch während Mark Regan Trainer war, wurde das öffentliche Wiegen abgeschafft. Offiziell, denn Regan machte einfach weiter.

Der Schwimmverband hat eine riesige Verantwortung. Viele der Schwimmer sind junge Menschen, die, um ihre Ziele zu erreichen, von zu Hause wegziehen, um im Nationalen Trainings Center des Verbandes zu trainieren. Der Verband hat  das Vertrauen der Schwimmer und der Eltern schlichtweg missbraucht und entzieht sich auch heute noch der Verantwortung.
Der Dachverband des dänischen Sports, Dansk Idræts Forbund, will nun sämtliche 62 Sportverbände einladen, um zu sichern, dass Ethik und Moral auch im dänischen Spitzensport vorhanden sind. Eine gute Initiative – denn was ist eine  Goldmedaille schon wert, wenn  der Preis dafür mehrere zerstörte Leben ist. 

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