Tag der Befreiung

Kerzen als Zeichen des gegenseitigen Respekts

Kerzen als Zeichen des gegenseitigen Respekts

Kerzen als Zeichen des gegenseitigen Respekts

Florian Schaaf
Florian Schaaf
Apenrade/Aabenraa
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Am Abend des 4. Mai werden in Gedenken an die Befreiung aus deutscher Besatzung Kerzen in die Fenster gestellt. Foto: Unsplash/David Tomaseti

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Als Teil der deutschen Minderheit hat Kurt Seifert zum Tag der Befreiung im vergangenen Jahr erstmals auch ein Licht in sein Fenster gestellt. Die Reaktionen waren von beiden Seiten sehr positiv.

Wie jedes Jahr werden am Abend des 4. Mai wieder viele Menschen in Dänemark eine Kerze in ihr Fenster stellen, um der Befreiung aus deutscher, nationalsozialistischer Besatzung des Zweiten Weltkriegs zu gedenken.

Mitglieder der deutschen Minderheit hatten sich lange nicht beteiligt. Für Kurt Seifert ist das seit dem vergangenen Jahr anders: Er stellte erstmals auch ein Licht in sein Fenster und plant, es wieder zu tun.

Kurt Seifert

Kurt Seifert wurde 1950 in Apenrade geboren und hat an der Pädagogischen Hochschule in Flensburg ein Lehramtsstudium absolviert.

Von 1974 bis 1989 arbeitete er zunächst als Lehrer an der Deutschen Nachschule Tingleff (Tinglev) und wechselte anschließend an die Deutsche Privatschule Apenrade. Bis zu seiner Pensionierung war er ab 2017 als kommunaler Ausbildungsberater zuständig für die Schülerinnen und Schüler des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig.

Kurt Seifert ist ehemaliges Stadtratsmitglied der Schleswigschen Partei in Apenrade und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Dachorganisation der deutschen Minderheit, Bund Deutscher Nordschleswiger.

 

Persönliches und Aufbrechen alter Vorbehalte

„Es ist mir eher ein persönliches Anliegen und keine politische Meinung, dass die Minderheit sich an irgendetwas beteiligen sollte“, stellt er zu Beginn klar.

Seine Motivation, ein Licht ins Fenster zu stellen, ist eine Mischung aus eigener Geschichte und dem Wunsch, altes Kategoriendenken aufzubrechen.

 

Eine Befreiung aller statt Dänentum

Kurt Seiferts Vater war zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs Volkssturmsoldat der Wehrmacht in der Lüneburger Heide in Deutschland. Die Lage für die Deutschen sei aussichtslos gewesen. „Ohne die Befreiung hätte er wahrscheinlich kämpfen müssen, um Hamburg zu verteidigen“, berichtet Seifert.

Er sieht die Befreiung als eine Befreiung aller aus dem Krieg an sich und dem nationalsozialistischen Regime: „Das ist doch ein guter Grund, um diese Tradition zu begehen oder dies zu feiern.“

Im dänischen Tag der Befreiung sieht er, neben dem Gedenken an die Befreiung und das Kriegsende, auch den Ausdruck dänischen Nationalismus.

„Von Kindheit an habe ich mitbekommen, dass das eine nationale dänische Sache ist“, erklärt Seifert. Innerhalb seiner Familie war das Nationalbewusstsein hingegen ein anderes.

 

Damals und heute

Das ist vielleicht auch geschichtlich bedingt. Aus der Erinnerung erzählt er: „Früher hat man die Menschen kategorisiert. Man schaute, wer ein Licht im Fenster hat und wer nicht – und zog seine Schlüsse daraus.“

Dass viele Mitglieder der Minderheit, wie sein Großvater, um den 4. und 5. Mai 1945 abgeholt und eingesperrt worden waren, habe die Erinnerung wohl weiterhin überschattet.

„Es ist wahrscheinlich auch eine Generationenfrage in der deutschen Minderheit, wie man zu den dänischen Symbolen steht“, sagt er.

Heutzutage dürfe man solche Vorbehalte eigentlich nicht mehr haben, aber bei manchen habe sich das halt verfestigt.

 

Gegenseitiger Respekt und ein Fortsetzen der Tradition

Die Reaktionen auf sein Licht im Fenster waren sehr positiv. Menschen aus „beiden Lagern“, dem deutschen wie dem dänischen, zollten ihm Respekt für die Entscheidung. „Es ist ein gegenseitiger Respekt“, schließt Kurt Seifert.

Ob andere aus der Minderheit es ihm gleichgetan haben, weiß er nicht, aber eins ist klar: „Ich werde wieder ein Licht ins Fenster stellen.“

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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