Bevölkerungsentwicklung

2021: Neuer Einwanderer-Rekord aus Deutschland

2021: Neuer Einwanderer-Rekord aus Deutschland

2021: Neuer Einwanderer-Rekord aus Deutschland

Apenrade/Aabenraa
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Die Kommune Apenrade hat im vergangenen Jahr 655 neue Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland begrüßen können. Foto: Kommune Apenrade

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Die Zahl der Apenrader Neubürger aus Deutschland hat sich im Vergleich der vergangenen fünf Jahre 2021 verdoppelt. Die Bevölkerungsentwicklung in der Kommune befindet sich jedoch im Abwärtstrend. Der Bürgermeister schaut dennoch mit positivem Blick in die Zukunft, ebenso wie SP-Politiker Kurt Asmussen.

Die Zahl deutscher Zuzügler in die Kommune Apenrade hat sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt. 655 Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland haben 2021 den Schritt über die Grenze gewagt. Das belegen Zahlen, die die Kommune für den „Nordschleswiger“ aus den Anmeldungen herausgefiltert hat.

Erfolgreiche Strategie

Anne Pagh ist kommunale Leiterin für den Bereich Entwicklung, worunter auch die Zuzügler zählen. Sie sieht die steigende Zahl deutscher Einwanderer unter anderem als Erfolg der kommunalen Besiedlungsstrategie, die der Stadtrat 2020 beschlossen und die Kommune wenig später eingeführt und umgesetzt hat. „Wir haben hier einen stärkeren Aufwand betrieben, um unter anderem auch deutsche Bürger in der Kommune begrüßen zu können“, erklärt sie. So habe es spezielle Informationen auf Deutsch und Infogespräche in deutscher Sprache gegeben.

„Außerdem haben wir durch die Corona-Pandemie eine veränderte Arbeitswelt, in der das Arbeiten von zu Hause aus eine größere Rolle spielt“, so ihr Eindruck.

Interessant für Unternehmen

Sie habe kürzlich überdies eine Anfrage eines Unternehmensinhabers gehabt, der mit seinem Betrieb in die Kommune wolle, „weil die digitale Infrastruktur besser ist und die verwaltungstechnischen Wege deutlich kürzer sind als in Deutschland, wie er uns erklärte“, sagte Anne Pagh.

Die besonders hohen Zahlen in den Augustmonaten erklärt die Fachfrau mit dem Ausbildungsbeginn. „Viele Schulen und Ausbildungen beginnen dann, und deshalb gibt es zu der Zeit besonders viele Zuzügler“, sagt sie.

Das große Interesse der Deutschen, den Lebensort nach Dänemark zu verlegen, hatten Immobilienmakler ebenfalls schon bemerkt.

In den Jahren zuvor hatte es um die 370 Personen aus dem Nachbarland im Süden in die Kommune gezogen.

Über den Trend freut sich Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Konservative) und begrüßt die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger, denn die Bevölkerungsentwicklung in Apenrade ist genau gegenteilig: Waren vor knapp zehn Jahren noch über 60.500 Frauen, Männer und Kinder gemeldet, ist ihre Zahl seither beständig gesunken. 2021 waren es noch etwa 58.500.

Diese Entwicklung, die sogenannte Landflucht (siehe Infobox), gibt es seit einigen Jahrzehnten. Die jungen Menschen zieht es in die Metropolen. Sie verlassen die ländlichen Gebiete, in denen es nicht genügend Arbeit, Ausbildungsmöglichkeiten und kulturelle Abwechslung gibt.

Die Kommune verfolgt zwar eine Strategie, um diese Entwicklung zu stoppen und das Leben in den ländlichen Gebieten und den kleineren Städten attraktiver zu machen, doch das ist bisher – jedenfalls belegen die Zahlen das – nicht geglückt.

Positiver Bürgermeister-Blick

Zurück zu Jan Riber Jakobsen: Der vor Kurzem neu ins Amt gewählte Bürgermeister weiß, dass die Bevölkerung in der Kommune langsam ausdünnt. Doch er ist positiv gestimmt. Und das hat mehrere Gründe, wie er sagt.

„Wir erwarten eine höhere Geburtenrate“, nennt er einen Grund. „Außerdem hat sich die Konjunktur zugunsten der Landkommunen verändert. Die Digitalisierung hilft uns dabei. Die Dänen wissen die digitalen Mittel besser zu nutzen. Die Corona-Pandemie hat überdies dazu beigetragen, dass das Homeoffice zu einer Alternative geworden ist. Diese Kombination wird die Zukunft verändern, sodass es nicht mehr zwingend notwendig ist, in der Nähe seines Arbeitsplatzes zu wohnen“, erklärt Riber Jakobsen weiter und preist die Apenrader Kommune mit der herrlichen Natur gleich vor der Haustür als mögliche Wohnalternative an.

Politischer Einsatz für Neubürger

Gleichzeitig wolle er sich politisch dafür einsetzen, dass „mehr investiert wird, damit sich noch mehr Menschen hier niederlassen und auch Arbeitskraft mitbringen“, erklärt er auf Nachfrage des „Nordschleswigers“.

Einer derjenigen, der für den ländlichen Raum kämpfen, ist Kurt Asmussen. Der Stadtratspolitiker der Schleswigschen Partei (SP) wohnt auf einem Hof in Pebersmark und weiß, wo der Schuh drückt. Seit Längerem setzt er sich für einen stärkeren Lebensraum Land ein.

Mehr Kinder, günstigere Häuser

Auch er ist überzeugt, dass sich die Bevölkerungsverteilung in Dänemark ändern wird. „Wir haben geburtenstarke Jahrgänge, weshalb es mehr Kinder geben wird“, erklärt er einen Grund. Ein anderer ist für ihn, wie auch schon Anne Pagh und Jan Riber Jakobsen es angesprochen haben, „die Corona-Krise, die als Katalysator für das Homeoffice gewirkt hat. Die Menschen können nun flexibler arbeiten, und der Kreis für die Wohnortsuche wird dementsprechend größer“, erklärt er.
 

Zudem seien die Hauspreise in den ländlichen Regionen viel niedriger. „Man bekommt mehr Haus für das Geld“, sagt er.

Die Hauspreise sieht er als weiteren Grund für einige Deutsche, sich in Richtung Dänemark zu orientieren.

Doch es gebe auch diejenigen, „die vor der deutschen Corona-Politik und allgemein der Politik im Nachbarland geflohen sind“, weiß Kurt Asmussen aus persönlichen Gesprächen mit einigen der Zuzügler.

Gründe für die Binnenmigration

  • Die Lohnhöhe spielt eine wichtige Rolle – allerdings nur bei den unter 50-Jährigen: Wo die Bezahlung gut ist, wandern relativ wenige von ihnen ab und relativ viele zu, während umgekehrt hohe Abwanderung dort herrscht, wo niedrige Löhne gezahlt werden.

  • Die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls ein wichtiger Faktor für junge Leute – interessanterweise aber vor allem für die Entscheidung, einen Ort zu verlassen: Wo sie hoch ist, wandern viele ab. Hingegen ist der Zusammenhang zwischen niedriger Arbeitslosigkeit und hoher Zuwanderung statistisch wesentlich geringer. Bei den über 50-Jährigen spielt dieser Faktor so gut wie keine Rolle mehr.

  • Die Wohnkosten haben hingegen einen relativ geringen Einfluss auf die Binnenmigration. Am auffälligsten ist hier noch der Einfluss auf die Gruppe der 30- bis 49-Jährigen – die Lebensphase also, in der oft mehr Wohnraum für die wachsende Familie benötigt wird. Bei ihnen steigt mit dem Preisniveau auch die Abwanderung deutlich.

  • Heute findet der Urbanisierungsprozess vor allem in Ländern statt, deren ländliche Regionen kaum Erwerbsmöglichkeiten bieten. In diesen Ländern entwickeln sich rapide wachsende Millionenstädte mit einer häufig kaum überschaubaren oder gar steuerbaren Bebauung. Beispiele für solche Städte sind Istanbul (mit über 14 Millionen Einwohnern), Lagos (10 Millionen) oder Mexico-Stadt (20 Millionen). Die Bedingungen in den Slums der neuen Megastädte sind häufig in vielen Aspekten katastrophal, aber für die Landflüchtenden oft attraktiver als in ihrer Herkunftsregion. Diese Land-Stadt-Migration trifft zunehmend auch auf die länderübergreifende Migration zu, also auf die Wanderung von der ländlichen Region eines Landes in die Stadt eines anderen. Diese Form der Migration vollzieht sich häufig in Form der Kettenwanderung, was bedeutet, dass ein Pionierwanderer über Netzwerke erste Kontakte in die Zielregion anbahnt, migriert, einen Arbeitsplatz sucht und später Ehepartner, Kinder oder Verwandte nachholt.

Quellen: Spiegel.de/wikipedia.de

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