Deutsche Minderheit

Hans Fuglsang: Meisterwerke in einem tragisch kurzen Leben

Hans Fuglsang: Meisterwerke im tragisch kurzen Leben

Hans Fuglsang: Meisterwerke im tragisch kurzen Leben

Tingleff/Tinglev
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Dörte Ahrens zeigte während ihres Vortrags bei der Generalversammlung der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig Lichtbilder von Selbstbildnissen Hans Fuglsangs. Foto: Volker Heesch

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Die Kunsthistorikerin und stellvertretende Leiterin des Flensburger Museums, Dörte Ahrens, fesselte das Publikum während ihres Vortrags bei der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig: Bis zu seinem Soldatentod im Ersten Weltkrieg schuf der Haderslebener bemerkenswerte Bilder.

Während der Generalversammlung der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig (HAG) in der Deutschen Schule Tingleff am Sonnabend lernten die rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer im Vortrag der Kunsthistorikerin Dörte Ahrens einen herausragenden Künstler des Landesteils kennen.

Kaum bekannte Werke vorgestellt

Die stellvertretende Leiterin der Städtischen Museen Flensburg hinterließ in ihrem Vortrag auch dank vieler Fotos einen tiefen Eindruck vom künstlerischen Schaffen des Haderslebener Malers Hans Fuglsang, der schon im Alter von 28 Jahren als deutscher Soldat im Ersten Weltkrieg fiel und dessen Werke vielen Nordschleswigern kaum bekannt sind.

„Er schuf erste Meisterwerke“, so Dörte Ahrens, die von einem bemerkenswerten Schaffen des in der bekannten Brauerfamilie Fuglsang aufgewachsen jungen Mannes berichtete, dem nur ein tragisch kurzes Leben vergönnt war.

Das Foto zeigt Hans Fuglsang (Mitte) bei einer Segeltour auf dem Haderslebener Damm zusammen mit seiner Mutter und dem jüngeren Bruder Fritz. Foto: Museumsberg Flensburg

 

Dörte Ahrens berichtete, dass sie bei der Vorbereitung der Hans-Fuglsang-Ausstellung in Flensburg 2017 auf die Unterlagen des Fuglsang-Experten Joachim Kruse zurückgreifen konnte, der 50 Jahre nach dem Tod des Haderslebeners eine Ausstellung zu dessen Ehren im Landesmuseum Schloss Gottorf in Schleswig zusammengestellt hatte.

Viele Details aus dem Leben des Künstlers

Dörte Ahrens erklärte, dass sie in ihrem Buch über Fuglsang viele Passagen der Vorarbeit Kruses verdanke. Im Vortrag zitierte sie aus Briefen der Eltern des Malers, die es akzeptierten, dass ihr Sohn nicht in der Brauerei mitarbeiten wollte.

 

Bereits in jungen Jahren zeichnete und malte Hans Fuglsang. Foto: Museumsberg Flensburg

 

Es habe Zweifel gegeben, „ob er das Zeug zum Künstler hat“. „Fräulein von Krogh werde ich die Sachen zeigen“, schrieb der Vater angesichts der vielen Werke des Jugendlichen, den mitunter nervöse Anfälle plagten. Die in Hadersleben lebende Malerin Charlotte von Krogh muss das Talent erkannt haben, denn Hans Fuglsang kam unter die Fittiche des bekannten Künstlers August Wilckens.

Ausbildung in Dresden und München

„Da Kopenhagen damals nicht mehr für eine künstlerische Ausbildung infrage kam, bot sich Dresden als erste Station der von den Eltern ermöglichten weiteren Ausbildung des Jugendlichen an. Er kam 1907 ins Atelier Georg Erlers in Dresden, wo er sich auch später oft aufhielt, denn dort lebte Fuglsangs Schwester Sophie.

 

Der junge Künstler aus Hadersleben in der Akademieklasse von Hugo von Habermann. Vorn links zeigt das Foto Hans Fuglsang. Foto: Museumsberg Flensburg

 

An der Münchener Kunstakademie mit Hugo von Habermann als Lehrer entwickelte sich Fuglsang weiter. „Er orientierte sich nicht am Expressionismus“, so Dörte Ahrens, verwies aber auf deutliche Einflüsse der Kunstmetropole auf den jungen Nordschleswiger, der viel ins Theater ging, Ausstellungen besuchte und die Zeitschrift „Jugend“ las.

 

Tanz und Tänzerinnen zogen Hans Fuglsang in ihren Bann. Das Foto zeigt einen Entwurf für die Scherrebeker Webschule Hans Fuglsangs. Foto: Museumsberg Flensburg

 

„Mir geht es tadellos hier“, schrieb er an die Familie. Er widmete sich der Aktmalerei, wählte Tänzerinnen als Motive und begeisterte sich für den Orient, was sich in seinen Werken niederschlug. Allerdings suchten den jungen Künstler auch Depressionen heim, der sich oft selbst porträtierte. Dörte Ahrens stellte Landschaftsbilder vor, die bei Aufenthalten Fuglsangs in seiner Heimatstadt Hadersleben oder bei Reisen auf die Insel Sylt entstanden sind.

 

Das Bild ist während eines Aufenthaltes Hans Fuglsangs auf Sylt entstanden. Foto: Museumsberg Flensburg
Hans Fuglsang widmete sich in München der Aktmalerei. Foto: Museumsberg Flensburg
Der Orient begeisterte den jungen Maler aus Hadersleben. Diesen Jungen porträtierte er während einer Orientausstellung in der Kunstmetropole München. Foto: Museumsberg Flensburg

 

Auch in Dresden malte er und erfuhr Anerkennung von Kollegen. Um 1912 entstanden Bilder wie die eines Pierots, die die Kunsthistorikerin als Hauptwerke Fuglsangs bezeichnete. Besonders beeindruckte ihn die Begegnung mit der Avantgarde des Ausdruckstanzes, der Tänzerin Mary Wigman.

 

Dieses Bildnis zählt zu den Hauptwerken Hans Fuglsangs. Es ist um 1912 entstanden. Foto: Museumsberg Flensburg

 

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 wurde von Fuglsang als „irgendwie großartig“ beschrieben. Doch notierte er im Winter 1914 auch, wie schlecht es manch armem Kerl in Flandern ging“. Es entstand ein von Dörte Ahrens ausführlich beschriebenes Bild zweier Frauen in einem Café in „erschlaffter Körperhaltung“, die den Ausdruck großer Einsamkeit vermitteln.

 

Hans Fuglsang schuf dieses Gemälde unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs. Foto: Museumsberg Flensburg

 

„Das Werk ähnelt Werken Ernst Ludwig Kirchners aus der gleichen Zeit“, so Ahrens. Dem jungen Maler, der zunächst nicht zum Militär eingezogen wurde wie viele seiner jungen Landsleute im damals noch deutschen Nordschleswig, machte es zu schaffen, nicht in die „schöne graue Felduniform“ zu schlüpfen. 1916 wurde aber auch der schmächtige Fuglsang eingezogen, dessen Begeisterung für den Krieg mit der Konfrontation des Elends an der Front schnell den Wunsch nach einem raschen Kriegsende aufkommen ließ.

 

Diese Zeichnung von der Bergung eines gefallenen Soldaten entstand während des Fronteinsatzes des jungen Nordschleswigers 1916 in Frankreich. Foto: Museumsberg Flensburg

 

Er schrieb fast täglich Briefe nach Hause. Am Einsatzort Laon im nördlichen Frankreich musste er Tote umbetten. Er zeichnete zerschossene Landschaften und instruierte die Eltern, ihn im Falle seines Todes in der Heimatstadt beisetzen zu lassen. „Ich will als Zivilist in Gammel Haderslev liegen“, schrieb er und fügte hinzu: „Man muss mit allen Möglichkeiten rechnen.“

 

Der Leichnam Hans Fuglsangs wurde in der Heimatstadt Hadersleben beigesetzt. Der Grabstein erinnert an den bedeutenden nordschleswigschen Künstler. Foto: Claus Pörksen

 

„Aus dem naiven Jungen war ein Kriegsgegner geworden“, so Dörte Ahrens. Im Juni 1917 wurde Hans Fuglsang in Juneville von einem Geschoss tödlich getroffen. Sie zeigte ein Foto, das den Freund Fuglsangs, Hans Klemmer, zeigt, wie dieser mit einem Lastwagen die vielen Bilder des Malers nach dessen Tod aus München in dessen Heimatort brachte.

 

Per Laster wurden die Bilder Hans Fuglsangs nach dessen Tod von Freunden aus München nach Hadersleben gebracht. Auf dem Foto Hans Klemmer bei der Ankunft in Nordschleswig Foto: Museumsberg Flensburg

 

Die Kunsthistorikerin berichtete, dass viele Bilder im Besitz der Familie Fuglsang blieben. Durch den Bruder Hans Fuglsangs, Fritz Fuglsang, seien viele Werke ins Flensburger Museum gelangt. Fritz Fuglsang war jahrzehntelang Leiter des Museums. Ahrens lud die Nordschleswiger ein, sich die Bilder des leider in Vergessenheit geratenen Hans Fuglsang auf dem Museumsberg anzuschauen.

Die Heimatkunde-Versammlung bedankte sich mit anhaltendem Beifall für den interessanten Vortrag.  

 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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