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Gigaliner: Die nächste Stufe wird angepeilt

Gigaliner: Die nächste Stufe wird angepeilt

Gigaliner: Die nächste Stufe wird angepeilt

Pattburg/Padborg
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Gigaliner sind vor mehr als zehn Jahren versuchsweise zugelassen worden. (Archivfoto) Foto: Friedrich Hartung

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Seit 15 Jahren dürfen längere und schwerere Lastzüge – sogenannte Gigaliner – auf ausgewiesenen Strecken in Dänemark fahren. Die Anzahl ist steigend. Zu den Gigaliner-Pionieren gehört das Pattburger Unternehmen „Per Damgård“. Die Firma schwört auf die großen Lastzüge und hat noch längere Fahrzeuge im Visier.

Mehr Ladung für weniger Treibstoff, dadurch weniger CO₂-Belastung und geringere Kosten beim Personal. Diese Einsparformel, die bei der Einführung von Gigalinern aufgestellt wurde, treffe zu. Das sagt Torben Bjerre Damgaard, Transportchef des Pattburger Fuhrunternehmens „Per Damgård“.

Das Unternehmen gehörte vor mehr als zehn Jahren zu den ersten Betrieben, die sich der Testphase mit den bis zu 25,25 Meter langen Lastzügen mit einem in Dänemark zulässigen Gesamtgewicht bis 60 Tonnen anschlossen. „Der Nordschleswiger" berichtete damals darüber im Rahmen der Medienzusammenarbeit „Unter Nachbarn".

Immer mehr Mega-Trucks

Die Zahl der registrierten Gigaliner in Dänemark ist seit 2008 Jahr für Jahr gestiegen und liegt laut der Transportorganisation „International Transport Danmark“ mit Sitz bei Pattburg aktuell bei über 1.350.

Die Anzahl der Gigaliner in Dänemark ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Foto: ITD
Die gängigsten Gigaliner-Varianten Foto: Vejdirektoratet

Zwei Gigaliner der Variante „Link“, bei der ein Sattelauflieger eine kürzere Einheit und einen Sattelauflieger zieht, kamen bei „Per Damgård“ für das ausgewiesene Straßennetz zum Einsatz.

„Wir verfügen mittlerweile über sechs Link-Modelle. Wir sparen mit Gigalinern Treibstoff und auch Personalstunden, da mit einem Fahrzeug wesentlich mehr Ware transportiert werden kann“, so Torben Damgaard.

Die Faustregel, dass zwei Gigaliner drei Lastwagen mit herkömmlicher Länge von maximal 18,75 Metern und einem Gesamtgewicht von 48 Tonnen ersetzen können, stimmt, so der Transportchef.

Torben Damgaard Foto: Per Damgård

„Per Damgård“ transportiert mit Gigalinern ausschließlich in Dänemark und steuert regelmäßig den Großraum Kopenhagen an.

Den Vorwurf, dass Gigaliner viel mehr das Straßennetz belasten würden, teilt Torben Damgaard nicht. „Die Transportmenge verteilt sich auf mehrere Achsen und ist dadurch letztlich geringer als bei einem herkömmlichen Lkw.“

Steigerung im Blick

Die Pattburger Firma ist von Transportfahrzeugen mit mehr Gütermenge überzeugt und möchte daher beim nächsten Versuch mit noch größeren oder längeren Fahrzeugen dabei sein.

In Dänemark soll der Einsatz von sogenannten DUO-2-Lastwagen auf ausgewiesenen Teststrecken möglich sein. Es handelt sich um Gespannvarianten mit einer Länge von bis zu 34 Metern.

Eine Variante setzt sich aus einem Lastwagen, einem kurzen Linktrailer und einem Standardauflieger zusammen.

„Wir haben zwei von diesen Modellen bestellt. Voraussetzung für den Einsatz ist aber, dass das Gesamtgewicht auf 70 oder gar 74 Tonnen erhöht wird, sonst ergibt es für uns keinen Sinn“, ergänzt Torben Damgaard.

Er hoffe, dass die EU der neuen dänischen Testphase grünes Licht erteilt und seine Firma zeitnah einsteigen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der Autobahnstreckenabschnitt von Pattburg in die zugelassenen Strecken aufgenommen wird.

Im Raum standen zunächst nur einige Teilabschnitte weiter nördlich. In der Analyse des Verkehrsministeriums ist ein erweitertes Streckennetz aufgeführt, das die E45 ab Grenze Fröslee (Frøslev) einschließlich Pattburg als Knotenpunkt einbezieht. Diese Variante sehe man gern eingeführt, so Damgaard.

Drei Lkw-Varianten mit den entsprechenden Ladevolumen. Die Gütermengen von sechs herkömmlichen Lastwagen können demnach mit vier Gigalinern oder drei noch längeren DUO-Lastzügen transportiert werden. Foto: Transportministeriet

Als Testbeginn für eine fünfjährige Phase steht 2024 im Raum. Torben Damgaard hofft, dass die Versuchsstrecken bis an die deutsche Grenze führen und die Transporthochburg Pattburg eingebunden wird.

„DUO 2“ auch in anderen Ländern

In europäischen Ländern wie Spanien, Schweden und Finnland können laut Studie der dänischen Verkehrsbehörde „Vejdirektoratet“ bereits bis zu 32 Meter lange und bis zu 90 Tonnen schwere Lastzüge versuchsweise eingesetzt werden.

Die Niederlande haben Untersuchungen für derartige Testphasen vorgenommen. 

Eine besondere Rolle nimmt Deutschland als wichtiger Handelspartner und wichtiges Transitland ein. Das Land ist bei den Versuchslösungen für erweiterte Fahrzeuge allerdings zurückhaltender als Dänemark.

Unterschiedliche Gewichtsklassen ein Hemmschuh

Hinderlich ist seit Jahren der Transport von Dänemark über die deutsche Grenze. Obwohl auch Deutschland Gigaliner versuchsweise zuließ, mussten dänische Unternehmen Module wegen EU-Vorschriften abkoppeln und über die Grenze bringen, um sie dort wieder zusammenzuführen oder getrennt weiterzutransportieren. Die Ladung von Gigalinern darf in Deutschland je nach Fahrzeugtyp ohnehin nur maximal 44 Tonnen betragen.

Derartige Versuche und der grenzüberschreitende Transport mit Gigalinern weichen von den Bestimmungen und Maßen der EU ab, weshalb für Testphasen Sondergenehmigungen erforderlich sind. Die Verkehrssicherheit, Umwelteinflüsse, Belastung des Wege- und Brückennetzes sowie die Infrastruktur im Allgemeinen spielen dabei eine Rolle. Deshalb geht Deutschland hier einen anderen Weg und hält sich bei der Anpassung der Gigaliner-Vorschriften zurück.

Wir sind sehr daran interessiert, dass es beim Gigaliner-Verkehr zu einer Vereinbarung mit Deutschland kommt. Der Branchenverband ITD ist da auch dran.

Jesper Schimann Hansen

Die unterschiedlichen Vorgaben haben dazu geführt, dass dänische Unternehmen keine Gigaliner in Richtung Süden einsetzen.

Einige andere EU-Länder haben dagegen Lösungen gefunden – mit bilateralen Vereinbarungen für den grenzüberschreitenden Gigaliner-Verkehr. Eine Absprache zwischen Deutschland und Dänemark ist dagegen noch nicht verbrieft. Das bedauern dänische Transportverbände wie ITD.

Europaweite Lösung erhofft

Auch die örtliche Wirtschaftsförderungsorganisation „Padborg Transportcenter“ sehe gern, dass die Bestimmungen und das Gesamtgewicht bei Gigalinern und später am liebsten auch bei den DUO-2-Fahrzeugen in Deutschland und in der gesamten EU angeglichen werden.

„Wir sind sehr daran interessiert, dass es beim Gigaliner-Verkehr zu einer Vereinbarung mit Deutschland kommt. Der Branchenverband ITD ist da auch dran“, so Jesper Schimann Hansen, Direktor von „Padborg Transportcenter“.

Allein in Pattburg verfügen seiner Einschätzung nach über zehn Unternehmen über Gigalinersysteme. Bislang sind, wie bei „Per Damgård“, die Fahrzeuge nur in Dänemark zum Einsatz gekommen.

In der Verlagerung des Gütertransports auf Gigaliner und noch größere Lastzüge sieht auch Schimann Hansen gleich mehrere Vorteile.

„Es wird pro Ladung weniger Treibstoff verbraucht und damit der CO2-Ausstoß verringert. Und dann ist auch nicht zu vergessen, dass die Transportbranche unter einem akuten Personalmangel leidet und es überall an Fahrerinnen und Fahrern mangelt. Dieses Problem lässt sich mit Fahrzeugen, die mehr Ladung transportieren können, etwas abfedern“, so der Gigaliner-Fürsprecher.

 

 

 

 

 

 

 

  

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