Leitartikel

„Grenzenlosen Bahnverkehr anpacken“

Grenzenlosen Bahnverkehr anpacken

Grenzenlosen Bahnverkehr anpacken

Apenrade/Aabenraa
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„Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch wirft in seinem Leitartikel einen Blick auf den Bahnverkehr im Bereich Nord- und Südschleswig. Angesichts des baldigen Einsatzes neuer dänischer Fahrzeuge ist mit einer Verschlechterung des Angebotes zu rechnen, weil vorläufig keine Züge zur Verfügung stehen, die mit dänischem und deutschem Strom fahren.

In den vergangenen Wochen hat das dänische Transportministerium mitgeteilt, dass im Zuge des Einsatzes neuer elektrischer DSB-Regionalzüge das östliche Nordschleswig künftig möglichst in einem Stundentakt mit Sonderburg (Sønderborg) als Ziel- und Abfahrtsbahnhof bedient wird. Die dänischen Intercityzüge würden dann nicht mehr, wie bisher über Tingleff (Tinglev) und Pattburg (Padborg) Flensburg (Flensborg) mit Nordschleswig und den großen dänischen Städten umsteigefrei verbinden.

Es zeigt sich, dass bei der viele Milliarden Kronen teuren neuen Generation elektrischer Züge, die mit klimafreundlichen elektrischen Motoren ausgerüstet sind, keine Technik für nötig gehalten wird, die es ihnen ermöglicht, über die Bahnstromgrenze in Pattburg und auf der Öresundbrücke in Nachbarländer fahren zu können. Dazu sind nur die vielen Güterzugloks verschiedener Bahngesellschaften in der Lage, die teilweise durchgehend von Deutschland nach Schweden und umgekehrt durch Nordschleswig mit ihrer Fracht fahren. Das gilt auch für die neuen Vectron-Loks der Dänischen Staatsbahnen, die aber erst in einigen Jahren – und dann nur im Fernverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen/Aarhus – eingesetzt werden sollen.

Als Lösung des Bahnstromproblems tischt das Transportministerium zwei Modelle auf: Die „Verlängerung“ der schleswig-holsteinischen Bahnlinie Kiel-Flensburg bis Tingleff, auf der in einigen Jahren elektrische Züge mit Batterieversorgung fahren werden, oder der Einsatz schleswig-holsteinischer elektrischer Regionalzüge von Hamburg über Flensburg bis Tingleff, die bei einem finanziellen Engagement Dänemarks ab 2027 mit Technik für deutschen und dänischen Bahnstrom eingesetzt werden könnten.

Aus Schleswig-Holstein hat der Verkehrsverbund Nah.sh bereits vor einigen Monaten Interesse signalisiert, Zweisystemzüge oder Batteriezüge über die Grenze rollen zu lassen. Doch da ist rasches Handeln nötig, denn es müssen schnell Züge geordert werden, die neben Technik für beide Bahnstromsysteme auch „doppelte“ Signaltechnik benötigen. Batterietechnik bei Einsatz elektrischer Züge ist auch auf der Westküstenstrecke Niebüll(Niebøl)-Tondern(Tønder)-Esbjerg neben einer auf dem deutschen Streckenabschnitt bereits angelaufenen Erhöhung der Reisegeschwindigkeit erforderlich, wenn die dort in die Jahre kommenden Dieselzüge durch neues Material abgelöst werden müssen.

Die Signale aus dem dänischen Transportministerium für den grenzüberschreitenden Zugverkehr sind nach vorliegendem Informationsstand noch nicht auf Grün gestellt.

Es bleibt die Frage unbeantwortet, weshalb sich die dänische Regierung und deutsche Verkehrspolitiker, die sich seit Jahren immer wieder bei Verkehrskonferenzen getroffen haben, nicht das Problem der Bahnstromgrenze anpacken und durch aufeinander abgestimmte Fahrzeugbeschaffung lösen.

In vielen europäischen Grenzregionen wie beispielsweise zwischen Deutschland, Luxemburg und Frankreich werden Fahrzeuge für den grenzüberschreitenden Regionalverkehr gemeinsam beschafft. Es werden dazu auch EU-Fördermittel in Anspruch genommen.

Im deutsch-dänischen Grenzland steht seit Jahrzehnten im Rahmen der Zusammenarbeit die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs auf der Tagesordnung. Als Erfolg gilt immer noch die Wiedereröffnung der Bahn Tondern-Niebüll. Doch zur Stärkung der Grenzregion und als Beitrag zum Klimaschutz ist es in den kommenden Jahren nötig, dass mehr Menschen auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel wechseln. Aber dazu muss das Angebot verbessert werden.

Die Grenzkommunen müssen da gemeinsam aktiver werden. Apenrades neuer Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Kons.) hat sich dort ebenso wie Tonderns neuer Spitzenmann Jørn Popp Petersen (Schleswigsche Partei) klar positioniert. Auf deutscher Seite könnte die Wiedereröffnung der Bahn Niebüll-Flensburg ebenso wie eine nicht ausgeschlossene Wiederbelebung der Verbindung Tingleff-Tondern die gesamte Region stärken.     

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