Leitartikel

„Ringreiten als Auslaufmodell“

Ringreiten als Auslaufmodell

Ringreiten als Auslaufmodell

Nordschleswig
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Es treten immer weniger Reiterinnen und Reiter an, und es gibt immer weniger Veranstaltungen mit den Lanzenstecherinnen und -stechern. Chefredakteur Gwyn Nissen befürchtet, dass die stolze Ringreiter-Tradition in Nordschleswig zu einem touristischen Schaukampf mutiert.

Es hat sich über längere Zeit angebahnt, doch die Corona-Pandemie hat die Situation verschlimmert: Das Ringreiten in Nordschleswig steckt in einer Krise. Es werden immer weniger Reiterinnen und Reiter bei den Festen gezählt, und auch Veranstalter werfen vermehrt das Handtuch.

Dabei hat das (jetzige) Ringreiten in unserer Region eine über 130 Jahre alte Tradition und ist ein Stück Kulturerbe, das über Jahre Deutsche und Dänen im Grenzland vereint hat.

Vor allem die Entwicklung in der Landwirtschaft hat der Sportart in den vergangenen Jahrzehnten hart zugesetzt. Früher gab es auf jedem Hof ein Pferd – heute gibt es nicht einmal auf jedem Hof einen Menschen.

Das waren noch Tage, als über 500 Pferde sich durch Orte wie Sonderburg und Apenrade bewegten, und wo hunderte von Reiterinnen und Reiter auch auf Alsen, in Gravenstein, Tingleff oder Bülderup hoch zu Ross saßen.

Wären da in den vergangenen Jahren nicht die vielen tüchtigen Reiterinnen, die an der Ringreitertradition festgehalten haben, wäre der nordschleswigsche Nationalsport wahrscheinlich in den meisten Orten schon ausgestorben.

Es werden aber trotz der weiblichen Dominanz dennoch immer weniger Ausübende, und die Corona-Pandemie hat einen weiteren fatalen Einschnitt nach sich gezogen. Hinzu kommt, dass Veranstalter es nach zum Teil zwei Jahren Corona-Pause nicht mehr hinbekommen, Ringreiter- und Stadtfeste auf die Beine zu bekommen – und so findet sich das Ringreiten in einem Teufelskreis wieder.

Es wird sicherlich auch in zehn Jahren noch den einen oder anderen Ringreiterwettbewerb in Nordschleswig geben, aber letzten Endes besteht die Gefahr, dass Ringreiten nur noch als Schaureiten für Touristen durchgeführt wird. Das wäre schade.

Bent Christensen vom Ringreiterverein in Ulkebüll und Hörup will nicht stillschweigend zusehen, wie sein geliebter Sport von der Landkarte verschwindet: Er hat die Ringreiter-Szene auf und vor Alsen dazu eingeladen, am 9. März den Pferdesport mit neuen Ideen zu revitalisieren.

Viele Sportarten haben sich in diesen Jahren neu erfinden müssen, weil sie nicht mehr ins Medienbild reinpassen. Man braucht sich nur die gerade überstandenen Olympischen Winterspiele angesehen zu haben, um neue innovative Sportformate zu entdecken.

Ringreiten wird sicherlich auch in Zukunft kein TV-Sport, aber wenn man das Format ändern kann, um somit mehr Spannung in die Turniere zu bringen, dann lockt dies vielleicht wieder Reiter und Zuschauer an die Galgen.

Ringreiten ist einfach ein zu wichtiger Teil der Grenzland-Kultur, als dass sich der Sport aus dem Sattel werfen lassen darf.

Das gilt aber auch für das ganze Drumherum: Die Ringreiterfeste sind in vielen Dörfern oft der Höhepunkt des Jahres. Dabei erleben die Veranstalter ständig verschärfte Auflagen, was die Sicherheit und Verwaltung solcher Großereignisse – die manchmal recht klein sind – angeht.

Es ist lobenswert, dass die Ringreitervereine neue Initiativen in die Wege leiten wollen, um die Ringreiter-Kultur zu erhalten, aber auch die vier nordschleswigschen Kommunen sollten einen noch größeren Beitrag dazu leisten, dass Veranstaltern die Arbeit nicht unnötig erschwert wird.

Dann haben wir vielleicht auch in 25 Jahren noch eine lebendige nordschleswigsche Ringreiter-Kultur.

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