Kommunalpolitik

Demokratie ganz nah: Kinder und Jugendliche tagten mit dem Bürgermeister

Demokratie ganz nah: Kinder und Jugendliche tagten mit dem Bürgermeister

Kinder und Jugendliche tagten mit dem Bürgermeister

Apenrade/Aabenraa
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Zum Abschluss wurde ein Gruppenfoto gemacht. Foto: Anke Haagensen

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Nachhaltigkeit und Energiesparen an den Schulen sollten eigentlich die Inhalte einer besonderen Stadtratssitzung im Apenrader Ratssaal sein. Durch eine Frage des Kommunaloberhaupts rückte aber der Deutschunterricht in den Fokus.

Mit Beginn des Schuljahres ist in der Kommune Apenrade ein gesamtkommunaler Schülerrat gebildet worden. Seit September treffen sich die entsandten Schülervertreterinnen und -vertreter der kommunalen Schulen einmal im Monat, um sich auszutauschen. Im Rahmen dieses Programms fand in dieser Woche eine Stadtratssitzung statt, bei der die Kinder und Jugendlichen die Tagesordnung erstellt hatten. Es sollte um Nachhaltigkeit und um das Wohlbefinden in der Schule gehen, hatten sie entschieden.

Mülltrennung ist an den Schulen gar kein Thema. Und das im positiven Sinne. An allen Schulen wird nämlich Müll sortiert; an manchen Schulen wurde das Trennsystem sogar eingeführt, bevor es in der Kommune Apenrade Pflicht wurde. Entsprechend begeistert war Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Konservative).  Hier scheint seitens der Kommunalpolitiker kein Handlungsbedarf zu bestehen. An manchen Schulen werden zudem Tauschbörsen und Ähnliches durchgeführt, um so unnötige Anschaffungen zu vermeiden. An einigen Schulen sind verstärkt wieder Schulgärten angelegt worden, deren Erträge dann anschließend im Hauswirtschaftsunterricht verkocht werden. Der Bürgermeister lauschte begeistert.

Bürgermeister Jan Riber Jakobsen im Gespräch mit seinem „Wingman“ Mads Emil aus Rapstedt Foto: Anke Haagensen

Unterschiedliche Handhabe

Wie unterschiedlich an den verschiedenen Schulen jedoch der Themenbereich Energiesparen gehandhabt wird, war für Jan Riber Jakobsen sowie für Zuhörende ganz interessant.  Der Bürgermeister nutzte zudem die Gelegenheit, die anwesenden Schülervertreterinnen und -vertreter zu dem allgemeinen Wohlbefinden an den Schulen zu befragen. Es ging dabei nicht nur darum, wie die Schülerinnen und Schüler den Unterricht bei einer Raumtemperatur von 19 Grad Celsius finden oder wer an den Schulen dafür sorgt, dass am Ende des Tages die Lampen ausgeschaltet werden. „Bringt ihr Butterbrote mit? Habt ihr Kühlschränke im Klassenzimmer? Könnt ihr bei Bedarf mitgebrachte Mahlzeiten erwärmen? Habt ihr im Klassenzimmer Hausschuhe an?“, lauteten unter anderem die interessierten Fragen des Bürgermeisters. Die Schülerinnen und Schüler gaben bereitwillig Auskunft. Jan Riber Jakobsen erhielt so einen Eindruck davon, dass auch das an den verschiedenen Schulen unterschiedlich gehandhabt wird.

Er ermunterte die Schülervertreterinnen und -vertreter bei verschiedenen Themen durchaus aktiv zu werden, um bei den jeweiligen Schulleitungen oder Schulvorständen Wünsche und Forderungen vorzutragen. Egal, ob es um die Handypolitik an der jeweiligen Schule oder um die Anschaffung neuer Klassenmöbel gehe, „sorgt anschließend dafür, dass eure Erfolge auch bekannt werden“, lautete sein Rat.

Eine Pause nutzte Bürgermeister zu einem kurzen Plausch mit Oliver aus der Lyreskovschule aus Pattburg. Die beiden sind Nachbarn. Foto: Anke Haagensen

Voneinander lernen

In dem gesamtkommunalen Schülerrat sind die kleineren Schulen wie „Hovslund Børneunivers“ genauso vertreten wie die Kongehøjschule. Entsprechend groß ist daher auch der Altersunterschied der teilnehmenden Schüler. „Dennoch können sie viel voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren“, sagt Gaby Scheel. Sie ist als pädagogische Beraterin in dem kommunalen Programm „Sund Skole 2025“ tätig. In Verbindung mit dem Programm wurde der gesamtkommunale Schülerrat ins Leben gerufen. Auch hier ist sie die Koordinatorin. Gaby Scheel ist darüber hinaus aktuell auch Mitglied des Apenrader Stadtrates. Sie vertritt bis auf Weiteres Marianne List in der sozialdemokratischen Fraktion.

Wer etwas sagen wollte, musste erst das rechte Knöpfchen drücken. Anfangs waren die Kinder und Jugendlichen noch etwas zurückhaltend, doch das legte sich im Laufe der Veranstaltung. Foto: Anke Haagensen

„Gesunde Schulen“

Bei „Sund Skole“ geht es nicht nur um Förderung der physischen Gesundheit an den Schulen, und darum, wie die Bewegung in den Unterricht eingebaut werden kann. Es geht auch um das psychische Lernmilieu. Und da scheint es, speziell was den Deutschunterricht angeht, Handlungsbedarf für den Apenrader Kommunalrat zu geben.

Im Schuljahr 2015/16 wurde in Apenrade der Deutschunterricht ab dem 3. Schuljahr eingeführt, in der klaren Erwartung, dass die Kinder dadurch spielerisch an die deutsche Sprache und Kultur herangeführt werden.  „Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner.  In eurem späteren Berufsleben öffnen euch deutsche Sprachkenntnisse enorme Möglichkeiten“, rührte Bürgermeister kräftig die Werbetrommel für den Deutschunterricht.

Einige Schulen hatten wegen Projekttagen und Krankheiten keine Vertreterinnen und Vertreter schicken können, weshalb einige Plätze frei blieben. Foto: Anke Haagensen

Angst vor der Deutschprüfung

Entsprechend niederschmetternd, so räumte er auch anschließend im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ ein, waren deshalb die Aussagen der Schülerinnen und Schüler. Sie fanden den Unterricht „langweilig“, sie paukten ständig nur „Grammatik“ und hätten über die „Farben“ und „gängigen Haustierrassen“ hinaus nichts gelernt. Zudem würden die Lehrkräfte in der Regel Dänisch im Deutschunterricht sprechen. Insbesondere die Schulsprecherin Mathilde von der Schule in Loit (Løjt), die auch Vorsitzende des gesamtkommunalen Schülerrates ist, äußerte große Bedenken, wie ihre Klasse bei der Deutschprüfung in wenigen Monaten abschneiden wird. „Ich weiß nicht, wie wir bis dahin das geforderte Pensum erreichen können“, sagte sie.

Bürgermeister Jan Riber Jakobsen war abschließend ein begehrtes Selfieobjekt. Foto: Anke Haagensen

Mehr erwartet

Der Bürgermeister kann nur hoffen, dass seine Kurzumfrage nicht repräsentativ ist. „Ich bin einigermaßen konsterniert. Wir haben den Schulen viel Geld zur Verfügung gestellt, damit sie den frühen Deutschunterricht einführen können. Die anwesenden Schülerinnen und Schüler sind altersmäßig die Jahrgänge, die mit dem Deutschunterricht im dritten Schuljahr angefangen haben. Ich muss gestehen, dass ich mir mehr erhofft und auch erwartet habe“, sagte er und kündigte an, dass er den zuständigen Ausschuss dazu auffordern werde, der Sache auf den Grund zu gehen, ob es wirklich so schlecht um den Deutschunterricht an den dänischen Kommunalschulen bestellt ist.

Es gibt jedoch auch einige Lichtblicke. So haben mehrere Schulen Partnerschaftsklassen in Deutschland. Wegen Corona haben geplante Besuche und Gegenbesuche allerdings nicht stattfinden können.

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