Ausbildung

Jugendliche in Apenrade demonstrieren für Erhalt der 10. Klasse

Jugendliche in Apenrade demonstrieren für Erhalt der 10. Klasse

Jugendliche demonstrieren für Erhalt der 10. Klasse

Apenrade/Aabenraa
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Bei allem Protest wurden die Verkehrsregeln eingehalten: Bei Rot bleibt man stehen. Foto: Anke Haagensen

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Das 10. Schuljahr in Dänemark sollte abgeschafft werden. So lautet zumindest der Vorschlag der Reformkommission der Regierung. Die jetzigen Zehntklässlerinnen und Zehntklässler in Apenrade finden das nicht gut. Sie halten das Schuljahr für wichtig – sowohl fachlich als auch für ihre persönliche Entwicklung.

Kurz vor 10 Uhr versammelten sich die Schülerinnen und Schüler der „10. Aabenraa“ vor ihrer Schule, um dann um Punkt 10 Uhr ihre selbst bemalten Banner auszurollen. „Bevar 10. Aabenraa“ und „Lyt til os“ war unter anderem den bunten Plakaten zu entnehmen. Sie skandierten zudem „Bevar 10. klasse“ und bejubelten lautstark jedes zustimmende Hupen von vorbeifahrenden Autos.

Die aktuellen Schülerinnen und Schüler der zentralen Zehnte-Klasse-Schule in Apenrade, „10. Aabenaa“, wollen, dass auch die nachfolgenden Generationen weiter die Wahl haben: Hänge ich dem 9. Schuljahr noch ein 10. dran? Gehe ich sofort an Gymnasium? Oder entscheide ich mich für einen Lehrberuf?

Die Demonstrierenden hatten sich im Kreuzungsbereich Dr. Margrethes Vej/Vestergade vor ihre Schule gestellt. Foto: Anke Haagensen

Die Demonstrierenden

Tristan Rosendal Rodgers aus Tingleff (Tinglev) ist noch unentschlossen, was seine berufliche Zukunft angeht. Ans Gymnasium will er wohl eher nicht. Er strebt eine Berufsausbildung an. „Momentan tendiere ich zu einer Ausbildung als Kühltechniker“, sagt er. Der 16-jährige Tingleffer hat aber auch noch einige Monate Zeit, bevor er sich entscheiden muss. Die Zeit nutzt er, um seine Noten zu verbessern. „Ich möchte, dass auch nachfolgende Generation in den Genuss der tollen Gemeinschaft an der ,10. Aabenraa‘ kommen dürfen“, begründet er seine Teilnahme an der Aktion am 10.10. um 10 Uhr.

Victoria Hauge Clausen aus Bollersleben (Bolderslev) gehört wie Tristan zu den Demonstrierenden. Die 16-Jährige war nach der 9. Klasse auch noch unentschlossen, in welche Richtung es für sie gehen soll. Obwohl das neue Schuljahr erst wenige Monate alt ist, hat sie schon für sich entschieden: „Ich möchte eine HF-Ausbildung anschließen“, sagt die Bollerslebenerin. HF ist die Abkürzung für Højere Forberedelseseksamen. Es handelt sich dabei um eine gymnasiale Ausbildung, die zu einem Studium an einer Hochschule berechtigt.

Demonstrationen gehören nicht zum Alltag der 16-Jährigen. „Ich möchte aber, dass auch meine jüngeren Geschwister das erleben können, was ich jetzt erleben darf“, sagt sie.

„Bevar 10. klasse“ steht auf dem Papier-Dannebrog. Foto: Anke Haagensen

Die Schulleitung

An der „10. Aabenraa“ hat sie neue Freundschaften geschlossen, kann fachlich aufholen und sich als Mensch weiterentwickeln. 

Genau das sieht auch die Leiterin der zentralen Zehnte-Klasse-Schule in Apenrade, Lene Vadgaard, als großen Vorteil ihrer Einrichtung. „Es ist ein Reifejahr für die Heranwachsenden. Frühere Schülerinnen und Schüler bestätigen, dass ihnen das zusätzliche Jahr etwas Ruhe und Luft verschafft hat. Viele schaffen es auch, ihre Zensuren deutlich zu verbessern.“

Demonstrieren darf auch Spaß machen! Foto: Anke Haagensen

Das Nationale Institut für Analyse und Forschung von Kommunen und Regionen (Det Nationale Institut for Kommuners og Regioners Analyse og Forskning, kurz: KORA) hat in Zusammenarbeit mit dem Dänischen Evaluationsinstitut (Danmarks Evalueringsinstitut, kurz: EVA) gerade in einem Bericht festgestellt, dass das 10. Schuljahr nichts bringt. 

„Tja“, schüttelt Lene Vadgaard mit Unverständnis den Kopf, „EVA hat in einer anderen Analyse, die Schülerinnen und Schüler befragt. Da zeichnet sich ein anderes Bild. Die jungen Menschen sind überwiegend der Meinung, dass ihnen das 10. Schuljahr ungeheuer viel bringt – menschlich und fachlich.“ Die Schulleiterin lässt auch die Kritik nicht gelten, dass die 10. Klassen die jungen Menschen nicht genügend auf die Berufsausbildung vorbereiten. „Ich glaube, dass wir sehr wohl genau das erfüllen, um das man uns vor einigen Jahren gebeten hat. Das zeigen auch die Zahlen“, betont Lene Vadgaard.

„Ich bringe dir anschließend ein Halsbonbon“, versprach Schulleiterin Lene Vadgaard ihrem „Capo“ – dem Einpeitscher der Demonstrierenden mit dem Megafon. Foto: Anke Haagensen

Der Kommunalpolitiker

In einer Doppelfunktion unterstützt Anders Koch-Hørlyck die Aktion der Jugendlichen. 

Er ist Lehrer an der Schule und Kommunalpolitiker. Er sitzt für die Konservativen im Apenrader Stadtrat. „Ich mache mir aufrichtig Sorgen, wie sich alles entwickelt, sollte das 10. Schuljahr eingestampft werden. Die Statistiken zeigen, dass unter den jungen Menschen, die das zusätzliche Schuljahr angehängt haben, die Zahl der Studien- und Ausbildungs-Abbrechenden deutlich geringer ist. Ich kann daher als Kommunalpolitiker doch befürchten, dass künftig noch mehr junge Leute auf Sozialhilfe und Ähnliches angewiesen sind und uns als Kommune noch teuer werden können“, sagt Anders Koch-Hørlyck.

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