Verbindung Schleswigscher Studenten
Nis-Edwin List-Petersen: Von der 68'er-Bewegung in die Studentenverbindung
Nis-Edwin List-Petersen: Von der 68'er-Revolte in die Studentenverbindung
Nis-Edwin: Von der 68'er-Revolte in die Studentenverbindung
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Vor 100 Jahren wurde die Verbindung Schleswigscher Studenten gegründet. Zum Stiftungsfest hat ausgerechnet einer die Festschrift verfasst, der nie als aktiver Student in der Verbindung war und von sich selbst sagt, dass er mit dem Klischee von Studentenverbindungen nichts am Hut hat. Und trotzdem wundert es wenig, dass gerade er der Richtige für das Werk ist.
„Hätte mir damals jemand gesagt, ich würde mal in einer Studentenverbindung sein … (lacht) Dem hätte ich doch einen Vogel gezeigt“, sagt Nis-Edwin List-Petersen.
An diesem Freitag erwartet der fast 77-Jährige 100 Exemplare seiner Festschrift „Verbindung der Generationen“ zum 100. Stiftungsfest der Verbindung Schleswiger Studenten (VSSt).
Es kam also anders.
Er sei aus der Revolten-Generation, der 68er-Bewegung. „Wir gingen im Grunde genommen gegen alles auf die Straße.“
Weg von allen Klischees
Aber wie passt das zu einer Studentenverbindung? Ganz einfach: „Die Verbindung Schleswigscher Studenten passt nicht in das Klischee, das man über Studentenverbindungen kennt“, sagt der Apenrader.
Also nichts mit fragwürdigen Ritualen, Mutproben für die sogenannten Füchse (neue Mitglieder) und Fechten? Davon sei die VSSt nach List-Petersens Worten weit entfernt. „In den Anfängen waren solche Tendenzen sicher Teil der Bestrebungen einiger Mitglieder.“
Streit ums Selbstverständnis
Schließlich entwickelte sich die Frage, ob die 1924 gegründete Verbindung sich an der „forschen deutschen Korporationsauffassung“ oder an der mehr „vereinsgeprägten dänischen Auffassung“ orientieren sollte, Anfang der 30er Jahre zu einer existenziellen Krise, die in einer Zersplitterung der Verbindung gipfelte. Auch die Frage, wie man zu den Entwicklungen in Deutschland stand, war entscheidend für die Zersplitterung.
Die Krise, eine anschließende Einigung und auch die spätere Einstellung der Verbindungsarbeit während der deutschen Besatzung Dänemarks im Zweiten Weltkrieg gehören zur Verbindungsgeschichte, weit vor List-Petersens Engagement in der VSSt.
List-Petersens Verbindungen zur Verbindung
Er selbst ist erst in seinen 30ern, Ende der 1970er Jahre, der Altherrenschaft beigetreten. Teil der Aktivitas – also der Studierenden in der Verbindung – war Nis-Edwin List-Petersen nie.
Der in Lügumkloster (Løgumkloster) geborene Sohn des ersten Pastoren der Nordschleswigschen Gemeinde, Hans Egon Petersen, hat nämlich in Hannover studiert. „Ich bin erst 1978 nach Nordschleswig zurückgekehrt und wurde Leiter der Bildungsstätte Knivsberg“, sagt der studierte Diakon und Religionspädagoge.
Damals sei es Hans Heinrich Hansen (späterer Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger) gewesen, der ihn fragte, ob er sich nicht im Vorstand der Verbindung Schleswigscher Studenten engagieren möchte.
Für List-Petersen ergab das Sinn. Nicht nur, weil sein Vater Hans Egon zu denjenigen gehörte, die die Verbindung nach dem Krieg und der deutschen Besatzung Dänemarks 1949 wieder aufleben ließen. Auch aufgrund List-Petersens Arbeit auf dem Knivsberg ab 1978 habe er viel mit Studierenden zu tun gehabt. Das Interesse an den Belangen der aus Nordschleswig stammenden Studierenden sei also naheliegend gewesen.
Es gibt viele, die ihre Minderheitenidentität erst entdecken, wenn sie weg sind.
Nis-Edwin List-Petersen
Zu dieser Zeit habe sich die Verbindung bereits als feste Instanz etabliert. „Nicht zuletzt, weil man inzwischen im Besitz von zwei Studentenwohnheimen war“, erklärt List-Petersen. Den für die Wohnheime zuständigen Verein „Collegium 1961“ gibt es bis heute.
Die „Mädchenfrage“ als Gretchenfrage
Auch wenn die Verbindung wieder aktiv war, so durchlebte sie in den Jahren vor List-Petersens Eintritt einen grundlegenden Wandel. Kurz gesagt machten sich die Studenten-Revolten der 68er-Bewegung auch in der Verbindung bemerkbar.
Einer grundlegenden Reformierung der VSSt ging ein allmählicher Abbau alter Traditionen voraus und gipfelte letztlich in der Lösung der in der Festschrift sogenannten „Mädchenfrage“ – also dem gleichberechtigten Mitwirken von Frauen in der Verbindung.
Akademische Vernetzung nordschleswigscher Studierender
Die Verbindung sei List-Petersens Eintritt inzwischen weit entfernt gewesen vom Studentenverbindungs-Klischee. Bis heute bestehe der Kern des Verbindungslebens aus der Beherbergung von Studierenden in den drei Wohnheimen in Kopenhagen, Aarhus und Odense sowie einzelner Zusammenkünfte im Laufe des Jahres und der akademischen Vernetzung.
Während die Minderheit mit ihren Kindergärten und Schulen ihre Mitglieder in Nordschleswig weitestgehend unter einem Dach hat, verstreut sich eine Minderheiten-Generation nach der Schule oft im Land. Die Verbindung sei laut List-Petersen eine Anlaufstelle für Nordschleswiger, sich im Studium und darüber hinaus mit Menschen aus der Heimat, aus der Minderheit, zu vernetzen. „Es gibt viele, die ihre Minderheitenidentität erst entdecken, wenn sie weg sind“, weiß Nis-Edwin List-Petersen aus eigener Erfahrung.
Zum 100-jährigen Bestehen veranstaltet die Verbindung an diesem Wochenende Ende Oktober/ Anfang November ein gemeinsames Wochenende auf dem Knivsberg. Dort sowie beim Deutschen Tag in Tingleff am 2. November wird der Autor seine Festschrift der Minderheit vorstellen.