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So sieht es auf der weltweit größten PtX-Anlage jetzt aus

So sieht es auf der weltweit größten PtX-Anlage jetzt aus

So sieht es auf der weltweit größten PtX-Anlage jetzt aus

Kassö/Kassø
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Emil Vikjær-Andresen, Chef der Power-to-X-Sparte bei „European Energy“, berichtet südkoreanischen Journalistinnen und Journalisten über die Anlage bei Kassö. Foto: Karin Riggelsen

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In Kassö bei Apenrade entsteht eine Anlage, in der neue klimaschonende Treibstoffe hergestellt werden sollen. Die Produktionsstätte weckt globales Interesse.

Es ist eine typische Industrieanlage, die sich zwischen den Äckern und Feldern bei Kassö aus dem Boden erhebt: Viele Rohre, große Industriehallen und hohe Produktionstürme sind der erste Eindruck, den Gäste bekommen, nähern sie sich der neuen Power-to-X-Anlage. Es ist ein unübersichtliches Durcheinander von stählernen Rohren, die kilometerlang zwischen den Trägern mäandern. 

Im vergangenen Jahr begann „European Energy“ mit dem Bau der Anlage, in der schon ab Herbst dieses Jahres, so berichtet Emil Vijkær-Andresen, der Power-to-X-Chef des Unternehmens zuversichtlich, sogenannter Bio-Methanol (E-Methanol) hergestellt werden soll. 

Der Stoff wird als neuer, klimafreundlicher Treibstoff benötigt und soll die nötige Energie liefern, um Flugzeuge, Schiffe und Lastwagen anzutreiben – dient jedoch auch als Grundlage für die Produktion von klimafreundlich produzierten Kunststoffen und Farben.

In dieser Anlage wird das Rohmethanol nochmals veredelt. Der Reinheitsgrad steigt. Foto: Jan Peters

Als Kunden habe „European Energy“ bereits die Reederei „Mærsk“, die Tankstellenkette „Circle K“, den Spielwarenhersteller „Lego“ und den Pharmakonzern „Novo Nordisk“ gewinnen können, berichtet Vikjær-Andresen einer Gruppe von koreanischen Journalistinnen und Journalisten, die sich auf die weite Reise gemacht hatte, um die Bio-Methanol-Produktion zu besichtigen.

„Mærsk“ verfügt schon jetzt über drei Schiffe in der großen Flotte, die mit dem umweltfreundlichen Treibstoff fahren können. 23 weitere sind bestellt und werden zum Teil aktuell gebaut. „Lego“ und „Novo Nordisk“ dagegen benötigen das Produkt, das sich im fertig produzierten Zustand wie normaler Kraftstoff verhält, als Basis für Kunststoff – Lego-Steine und Spritzen sowie Kanülen.

Der Produktionsprozess von Bio-Methanol Foto: Der Nordschleswiger

Power-to-X (PtX)

Power-to-X bezeichnet verschiedene Technologien, um Stromüberschüsse in Zeiten eines (zukünftigen) Überangebotes variabler erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie und Wasserkraft zu speichern oder anderweitig zu nutzen. Ebenfalls üblich ist die Bezeichnung P2X.

Power-to-X ermöglicht es, in Verbindung mit einer Methanisierung, Kohlenstoffdioxid aus Industrie-Prozessen zu binden. Nach der Umwandlung in Wasserstoff wird die Elektrolyse durch eine Methanisierung ergänzt. Der erzeugte Wasserstoff reagiert mit Kohlendioxid; das Ergebnis sind Erdgas und Wasser.

Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist ein Video zu sehen, das Power-to-X erklärt.

In dieser Halle – es gibt drei davon – findet die Elektrolyse statt. Foto: Karin Riggelsen

Die Anlage bei Kassö ist – wenn fertig – die weltweit größte ihrer Art. Allerdings ist schon ein Nachfolger geplant – wieder von „European Energy“. Das Unternehmen hat jüngst den Bau einer Anlage bei Pattburg (Padborg) beantragt.

Zwei Produktionsstränge für Bio-Methanol wird es geben. Aktuell ist schon eine davon fast fertig. Sie stellen, einfach gesagt, aus Energie, Wasser und Kohlendioxid den Treibstoff der Zukunft her. Umweltfreundlich macht diesen Treibstoff die alternative Energieproduktion. Die Herstellung von Bio-Methanol benötigt große Mengen Strom, die jedoch vom naheliegenden Solarpark und Windkraftanlagen geliefert werden. „Der CO₂-Abdruck mit Strom, produziert mit Gas oder Kohle, ist ein vielfaches“, erklärt Emil Vikjær-Andresen den Koreanerinnen und Koreanern, die viele Fragen haben. 

Das benötigte CO₂ kommt übrigens aus den umliegenden Biogasanlagen.

Im Hintergrund ist eine fast fertige Produktionsstraße zu sehen. Eine zweite entsteht daneben. Im Vordergrund ist ein CO₂-Tank zu sehen. Foto: Karin Riggelsen

Ist die Anlage fertig und in Betrieb, werden dort 28 Vollzeitkräfte arbeiten: „Schlosser, Techniker und Ingenieure gehören vorrangig dazu“, so der PtX-Chef. Hinzu kommen Mitarbeitende, die für den Transport des Produktes sorgen. 32.000 Tonnen destilliertes Bio-Methanol werden in Kassö hergestellt, sobald die Anlage im Normalbetrieb läuft.

Bei der Elektrolyse entsteht Wärme. Diese wird in das lokale Fernwärmenetz gespeist. Die Verträge mit „Aabenraa-Rødekro Fjernvarme“ sind schon gemacht.

PtX-Chef Emil Vikjær-Andresen erklärt den Produktionsprozess des Bio-Methanols. Foto: Karin Riggelsen
In diesem stein-überschütteten Hügel wird später das Bio-Methanol gelagert, bevor es weitertransportiert wird. Foto: Karin Riggelsen

Eine große Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger, die um die Anlage herum leben, sieht Vikjær-Andresen nicht. „Unser Produkt ist wie Benzin und birgt ähnliche Gefahren. Wir erfüllen hier aber alle Standards. Zudem lagern wir keine Mengen vor Ort“, sagt er.

Von Kassö aus wird der flüssige Stoff per Lkw zum Apenrader Hafen gebracht, von wo aus er in die Welt verschifft wird. Der Hafen war übrigens ein weiteres Kriterium für die Standortwahl.

Da es bisher nur wenige Hersteller dieses Produktes gibt, sieht er diese nicht als Konkurrenten, sondern als „Freunde im Kampf für das Klima“, wie er sagt.

Eine Milliarde Kronen hat „European Energy“ in Kassö investiert. 

Ist die Anlage fertig, wird sie durch das internationale „ISCC-System“ zertifiziert. 

Im Außenbereich verlaufen kilometerlang Rohre. Noch sind Gebäude und Produktionsanlagen eingerüstet. Foto: Karin Riggelsen
In dieser Produktionsanlage wird das Rohmethanol komprimiert und danach – in einem weiteren Prozessschritt – destilliert. Foto: Jan Peters
In der von „Siemens Energy“ gelieferten Anlage kommen Strom und Wasser zusammen. Wasserstoff wird hier produziert. Der Prozess nennt sich Elektrolyse. Foto: Jan Peters
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