Afrikanische Schweinepest

Er wirkt – seit einem Jahr steht Dänemarks Wildschweinzaun

Er wirkt – seit einem Jahr steht Dänemarks Wildschweinzaun

Er wirkt – seit einem Jahr steht Dänemarks Wildschweinzaun

Von Birgitta von Gyldenfeldt, dpa
Flensburg
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Der Wildschweinzaun an der Grenze zwischen Deutschland und Dänemark am Grenzübergang Pebersmark bei Ladelund. Mit dem umstrittenen Zaun will Dänemark seine Landwirte und Tiere vor der Afrikanischen Schweinepest schützen. Vor einem Jahr wurde das Bauwerk fertiggestellt. Foto: Christian Charisius/dpa

Unter großem Medienrummel stellt Dänemark seinen umstrittenen Wildschweinzaun entlang der deutschen Grenze fertig. Ein Jahr ist das nun her. Deutschlands Nachbar im Norden ist zufrieden mit der Wirkung. Lässt dies Schlüsse auf die deutschen Zäune zu?

Der Wildschweinzaun wirkt. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die dänische Naturbehörde Naturstyrelsen ein Jahr nachdem das letzte Element des umstrittenen Bauwerks an der deutsch-dänischen Grenze am 2. Dezember 2019 medienwirksam gesetzt wurde.

So hat sich die Zahl der freilebenden Wildschweine bei Deutschlands nördlichem Nachbarn von der im Vergleich sowieso schon geringen Zahl von rund 150 Tieren Anfang 2018 noch einmal drastisch reduziert. Die letzte ihm bekannte Zahl freilebender Wildschweine belaufe sich auf acht, sagt Merlin Hans von der dänischen Naturbehörde. Der Zaun ist eine von verschiedenen Maßnahmen, die Dänemark im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) zum Schutz der in dem Land bedeutenden Schweinefleischproduktion getroffen hat.

Die für Menschen ungefährliche Tierseuche führt bei Wild- und Hausschweinen häufig nach kurzer Krankheit zum Tod. Es gibt keine Impfstoffe dagegen. Am 10. September 2020 war die ASP erstmals in Deutschland, im Süden Brandenburgs, amtlich festgestellt worden.

Schutzzäune auch in Deutschland

Seitdem wurden in Brandenburg mehr als 170 Fälle in den Kreisen Oder-Spree, Märkisch-Oderland und Spree-Neiße gefunden. Wenige Seuchenfälle bei Wildschweinen meldete auch das benachbarte Sachsen. Nicht nur Sachsen und Brandenburg, sondern auch Mecklenburg-Vorpommern und Bayern bauen nun Schutzzäune unter anderem entlang der deutsch-polnischen beziehungsweise deutsch-tschechischen Grenze.

Dass diese Zäune den gleichen Effekt haben werden wie der dänische Zaun, glaubt Hans aber nicht. Zum einen sei die Landgrenze zwischen Dänemark und Deutschland mit rund 70 Kilometern Länge ungleich kürzer. Zudem sei das Terrain im Osten Deutschlands ein deutlich schwierigeres. Auch die Art der Zäune ist nach Ansicht von Hans nicht die richtige: „Normale Wildzäune sind keine dauerhafte Lösung gegen Wildschweine.“

Der dänische Zaun ist ein eineinhalb Meter hoher, stabiler Stahlzaun. Etwa einen halben Meter reicht das Bauwerk in den Boden, damit sich die Tiere nicht untendrunter durchgraben können. Die Höhe wird von Experten in Dänemark als ausreichend angesehen, damit Wildschweine sie nicht überspringen können.

Verläuft die Grenze am Wasser wie an der Flensburger Förde, sollen Sperren, die ins Wasser ragen, verhindern, dass die Wildschweine als gute Schwimmer diesen Weg über die Grenze nehmen. Alle 100 Meter gibt eine Öffnung von 20 mal 20 Zentimetern kleinen Tieren die Möglichkeit, das Bauwerk zu überwinden.

Zaun verheerendes Signal für Kritiker

Kritiker in der deutsch-dänischen Grenzregion befürchten neben dem verheerenden Signal, dass ein so massives Grenzbauwerk Auswirkungen auf das Zusammenleben hat, auch, dass Rehe und Hirsche an dem Zaun verenden. Dies ist tatsächlich der Fall, aber passiert anscheinend nicht so oft, wie angenommen. „Mir sind heute vier Stücke Rehwild und drei Stücke Rotwild bekannt, die durch den Zaun ums Leben kamen“, sagt Hans. Ein weiterer Rothirsch sei in der Nähe des Zauns erlöst worden. Ob die Verletzungen, die das Tier hatte, vom Zaun herrührten, sei zwar unklar, es sei aber wahrscheinlich.

Eine Sprecherin des Nationalen Referenzlabors, Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), verweist auf den Unterschied zwischen dem Zaunbau auf deutscher und dänischer Seite. So sei der dänische Zaun prophylaktisch ohne Seuchengeschehen auf deutscher Seite gebaut worden. „Die Situation in Deutschland ist eine völlig andere: Es gibt massives Seuchengeschehen in Polen sowie die Ausbrüche auf deutscher Seite.“ Der Zaunbau sei eine Maßnahme zur Eindämmung und Verhinderung/Reduzierung weiterer Einträge aus Polen.

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) will auch weiterhin nicht darauf setzen, Landesgrenzen pauschal mit einem Zaun zu schützen. „Solch eine Maßnahme ist allenfalls punktuell in einzelnen Regionen denkbar, wo unmittelbar ein Übergreifen der Afrikanischen Schweinepest droht.“

Kleines Rechenbeispiel

Dänemark ficht das nicht an. Es sieht sich gut gerüstet im Kampf gegen die Tierseuche. Hans stellt zur Verdeutlichung ein kleines Rechenbeispiel auf. In Dänemark gebe es acht Wildschweine, in Deutschland seien allein knapp 830.000 Wildschweine in einem Jahr erlegt worden. Das heißt, man könne davon ausgehen, dass es dort um die zwei Millionen freilebende Wildschweine gebe. Auf den Quadratkilometer Landesfläche umgerechnet leben in Deutschland demnach 5,59 Wildschweine pro Quadratkilometer und in Dänemark 0,0001863.

„Das heißt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wildschwein eine aus einem Lkw unachtsam weggeworfene kontaminierte Wurst aufnimmt und sich infiziert, schon heute in Dänemark etwa 30.000-mal geringer ist als in Deutschland.“

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