Schengen-Raum

Europäischer Gerichtshof: Grenzkontrollen nicht länger als sechs Monate

Europäischer Gerichtshof: Grenzkontrollen nicht länger als sechs Monate

EuGH: Grenzkontrollen nicht länger als sechs Monate

Luxemburg/Kopenhagen
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IC-Züge aus Hamburg werden in Pattburg kontrolliert. Foto: Karin Riggelsen

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Nur im Fall einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit kann ein EU-Staat Grenzkontrollen einführen, urteilte der Europäische Gerichtshof am Dienstag. Die Kontrollen dürfen nicht aus demselben Grund verlängert werden. Das könnte auch Konsequenzen für Dänemark haben.

Es ist rechtswidrig, Grenzkontrollen im Schengen-Raum immer weiter zu verlängern. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag.

Nur im Fall einer „ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit“ kann ein Mitgliedstaat Kontrollen einführen. Aber ohne eine Gesamthöchstdauer von sechs Monaten zu überschreiten, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichtshofes.

Fall an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien

Das Urteil geht zurück auf einen Fall an der österreichischen und slowenischen Grenze.

Ein Mann weigerte sich 2019, bei der Wiedereinreise von Slowenien seinen Reisepass vorzulegen und berief sich auf den Schengener Grenzkodex, der einen Grenzüberschritt ohne Personenkontrolle im Binnenraum erlaubt.

Es handelt sich dabei um eine der größten Errungenschaften der EU, nämlich die Schaffung eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist.

Europäischer Gerichtshof

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass Personen innerhalb des Schengen-Raumes frei reisen dürfen, ohne kontrolliert zu werden. „Es handelt sich dabei um eine der größten Errungenschaften der EU, nämlich die Schaffung eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist“, heißt es in der Pressemitteilung.

Kontrollen als Ausnahme

In besonderen Fällen, wenn die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit bedroht ist, können Grenzkontrollen für sechs Monate eingeführt werden. Dies solle allerdings eine Ausnahme sein.

Das Urteil gegen Österreich könnte für Dänemark von Bedeutung sein.

Bugge Thorbjørn Daniel, Experte für EU-Recht

Der Gerichtshof weist jedoch darauf hin, dass der Mitgliedstaat die Grenzkontrollen verlängern kann, wenn es eine andere Bedrohung gibt, die sich von der ursprünglich festgestellten unterscheidet.

Dänemark verlängert Grenzkontrollen seit 2016

Ob das Urteil sich auf die deutsch-dänischen Grenzkontrollen auswirkt, bleibt abzuwarten. 2016 führte die damalige dänische Regierung die temporären Kontrollen an der Grenze ein. Seither wurden sie jeweils um ein halbes Jahr verlängert.

Alle halbe Jahre gibt es eine neue Begründung für die Verlängerung der Kontrollen.

Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger

Keine schnelle Änderung in Sicht

Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen, ärgert sich über die Argumentation der Regierung. „Alle halbe Jahre gibt es eine neue Begründung für die Verlängerung der Kontrollen.“ Das Geld für die Polizei, die „an der Grenze den Touristen zuwinkt“, könnte anders besser investiert werden, so Jürgensen. Große Hoffnung, dass sich durch das Urteil des Gerichtshofes bald etwas ändern wird, hat der Minderheiten-Chef nicht.

Wir werden nun gemeinsam mit dem Justizministerium die Schlussfolgerungen des Urteils genau prüfen.

Mattias Tesfaye, Ausländer- und Integrationsminister

In Kopenhagen wird derweil begutachtet, welche Konsequenzen das Urteil für Dänemark bedeuten könnte. „Wir werden nun gemeinsam mit dem Justizministerium die Schlussfolgerungen des Urteils genau prüfen, um zu beurteilen, ob das Urteil Auswirkungen auf die Fähigkeit Dänemarks haben wird, in Zukunft wieder Grenzkontrollen an seinen Binnengrenzen einzuführen“, schreibt Ausländer- und Integrationsminister Mattias Tesfaye (Soz.) in einer E-Mail an „Jyllands-Posten“.

Terror als Bedrohung

Zuletzt hatte die Regierung die Bedrohung durch Terror und durch organisierte Kriminalität aus Schweden als Begründungen genannt. Laut der einer Risikoeinschätzung bestehe die Gefahr, dass die Fluchtwelle aus der Ukraine von Personen, die ein Risiko für Dänemark ausmachen, missbraucht werden könnte, um ins Land zu gelangen. Aus diesem Grund will die Regierung die Kontrollen ab dem 12. Mai um ein weiteres halbes Jahr verlängern. Das hat das dänische Justizministerium der EU-Kommission in einem Brief mitgeteilt.

„Das Urteil gegen Österreich könnte für Dänemark von Bedeutung sein, denn wenn es zu einem Gerichtsverfahren über die dänischen Grenzkontrollen kommt, werden die Gerichte diese Entscheidung berücksichtigen müssen. Es könnte dann entscheidend sein, ob die Notwendigkeit der dänischen Grenzkontrollen und die Art und Weise, wie sie durchgeführt wurden, im Laufe der Zeit tatsächlich angepasst wurden oder ob sich die gleichen Gründe einfach immer wiederholten“, sagt der Professor Bugge Thorbjørn Daniel, Experte für EU-Recht an der Universität Süddänemark, gegenüber „Jyllands-Posten“.

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Apenrade/Aabenraa Künftig soll bei der Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter anderem die Verhältnismäßigkeit geprüft werden, doch dafür dürfen Grenzkontrollen in Zukunft von den Staaten im Schengenraum noch länger aufrechterhalten werden. Die Parteisekretärin der Schleswigschen Partei, Ruth Candussi, und die Grenzlandpolitiker Rasmus Andresen und Stefan Seidler sind deshalb enttäuscht von dem Beschluss.

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