Leitartikel

„Singen reicht nicht“

Singen reicht nicht

Singen reicht nicht

Nordschleswig/Kopenhagen
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Das Coronavirus hat auf der einen Seite für Zusammenhalt gesorgt. Auf der anderen Seite spaltet die Pandemie auch die Bevölkerung – und das auf mehreren Ebenen, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

In dieser Woche haben wir beim „Nordschleswiger“ den Fokus auf die Zeit nach der Corona-Pandemie gelegt – wenn es denn eine solche gibt. Sicherlich müssen wir noch lange mit dem Virus leben. Aber die dänische Gesellschaft ist dennoch auf dem Weg zurück in einen gewissen Normalzustand. Seit Mai sind die Maßnahmen gegen das Virus immer mehr gelockert worden.

Das Coronavirus hat zum Teil die Bevölkerung geeint – unter anderem beim gemeinsamen Singen –, und Staatsministerin Mette Frederiksen hat es nicht versäumt, die Dänen (und damit meint sie wohl alle im Lande) für ihren Gemeinschaftssinn und ihre Solidarität zu loben – sozialdemokratische Werte, die aber auch von anderen gelebt wurden.

Allerdings hat die Pandemie zum Teil auch die Leute getrennt. Das zeigt eine Studie der Organisation ECFR – ein europäischer Thinktank, der seit 2007 Forschung betreibt.

So zeigt die neueste Studie unter anderem Unterschiede zwischen Jung und Alt. Die älteren Generationen vertrauen Politikern und Behörden mehr, als die Jugend. 

Deutlich wird der Unterschied auch bei der Auffassung, ob die Covid19-Maßnahmen passend waren oder nicht. 62 Prozent der in Dänemark Befragten stimmten dem zu – das gehört zu den Spitzenwerten in Europa. Doch immerhin fand jeder Vierte die Initiativen gegen das Coronavirus zu strikt, und 12 Prozent hätten wiederum gerne noch strengere Maßnahmen gesehen.

29 Prozent der in Dänemark Lebenden fühlen sich frei – trotz der Einschränkungen durch die Pandemie – und 53 Prozent teilweise. Bleiben aber 16 Prozent, die sich nicht frei fühlen. Das ist zwar ein niedriger Wert in Europa, doch genauso wie die Frage „impfen lassen, oder nicht?“, spaltet das Virus die Bevölkerung in zwei oder mehr Gruppierungen.

Es kann nicht Aufgabe des dänischen Fernsehens sein, durch gemeinsame Singabende die Bevölkerung wieder zusammenzuschweißen. Und auch die Politik kann nur ihren Teil dazu beitragen, dass Dänemark weiterhin eine Vertrauensgesellschaft bleibt.

Es ist vor allem jede Einzelne und jeder Einzelne im Lande gefragt, trotz abgrundtiefer Uneinigkeit, der anderen Seite die Hand zu reichen. Es geht um gegenseitigen Respekt, Verständnis und Geduld – auch wenn man die andere Seite nicht versteht. Mit Anfeindung, Zurechtweisung oder Zwang findet Dänemark nicht wieder zusammen – da können wir noch so viel gemeinsam singen.

 

 

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