Grüne Umstellung

Freude bei Landwirten, Kritik von Umweltorganisationen

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Ritzau/nb
Kopenhagen
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Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass der Landwirtschaftssektor bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 55 bis 65 Prozent reduziert im Vergleich zum Niveau im Jahr 1990. Foto: Karin Riggelsen

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Die von einer breiten Mehrheit im Folketing getragene Landwirtschaftsvereinbarung, die nach monatelangen Verhandlungen am Montagabend beschlossen wurde, ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Während Landwirte erleichtert sind, vermissen Umweltorganisationen konkrete Klimalösungen.

Als Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) am Montagabend vor die Presse trat, konnte er nach monatelangen Verhandlungen eine Klimavereinbarung für die Landwirtschaft präsentieren, hinter der mit Ausnahme der Alternativen alle im Folketing vertretenen Parteien stehen.

Eine Vereinbarung, über die der Kommentator Noa Redington sagt, dass sie auf kurze Sicht viele Gewinner habe. „Dass es einer Regierung gelungen ist, eine Vereinbarung zu einem Thema einzugehen, das so umstritten und komplex ist, ist beeindruckend“, sagt er.

Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass der Landwirtschaftssektor bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 55 bis 65 Prozent reduziert im Vergleich zum Niveau im Jahr 1990. Gleichzeitig werden etwa 3,8 Milliarden Kronen an staatlichen Fördermitteln für die grüne Umstellung des Landwirtschaftssektors zur Verfügung gestellt.

Kurzfristig ein starkes politisches Ergebnis

„Auf kurze Sicht ist es ein starkes politisches Ergebnis nicht nur für den Finanzminister, sondern selbstverständlich auch für die Staatsministerin (Mette Frederiksen, Soz., Anm. d. Red.)“, sagt Noa Redington.

Auch der Vorsitzende von Venstre, Jakob Ellemann-Jensen, kann das Ergebnis als Erfolg verbuchen.

„Es ist Ellemann gelungen, den blauen Block zusammenzuhalten und zu zeigen, dass man eine grüne Partei ist. Gleichzeitig hat er eine Vereinbarung geschnürt, in der sich auch der Landwirtschaftssektor widerspiegeln kann, weil sie in vielen Punkten unkonkret bleibt“, meint Noa Redington.

Zufriedenheit beim landwirtschaftlichen Branchenverband

Entsprechend erleichtert zeigt sich der Vorsitzende des Branchenverbandes für Landwirte und Lebensmittelgesellschaften, Landbrug & Fødevarer, Søren Søndergaard.

„Zuallererst ist es für uns eine riesige Erleichterung, eine derart breite Vereinbarung zu bekommen. Dafür haben wir über ein Jahr lang gearbeitet“, sagt Søren Søndergaard.

Trotz der Zufriedenheit mit der Vereinbarung stehen der Landwirtschaft jedoch einige schwierige Jahre bevor, meint Søndergaard.

„Wir wollen unseren Mitgliedern nicht weismachen, dass das hier einfach wird. Es ist eine schwierige Aufgabe und eine ambitionierte Vereinbarung. Aber wenn wir uns mehrere der alternativen Szenarien anschauen, dann ist dies trotz allem ein Szenario, in dem wir uns wiedererkennen und das es uns erlaubt, unseren Wirtschaftszweig weiterzuentwickeln, anstatt ihn abzuwickeln. Jetzt kennen wir den Weg und wissen, was von uns erwartet wird, und das ist entscheidend für zukünftige Investitionen“, sagt Søren Søndergaard.

Kritik von Bæredygtigt Landbrug

Bei der Vereinigung Bæredygtigt Landbrug ist man weniger begeistert und bezeichnet die meisten Initiativen der Vereinbarung als „übertriebenes Wunschdenken“.

„Man setzt beispielsweise darauf, dass Biokohle dazu beitragen soll, bis zum Jahr 2030 1,8 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Und das, obwohl allgemein bekannt ist, dass es noch lange dauern wird, ehe man in der Lage ist, die Technik dafür tatsächlich im notwendigen Umfang zur Verfügung stellen zu können“, gibt der Fachdirektor Jørgen Evald Jensen zu bedenken.

„Auch die Absicht, Niederungsflächen (moorige Böden mit einem hohen Anteil an organischem Material, Anm. d. Red.) von der Nutzung auszunehmen, benötigt noch mehr Forschung. Vor allem die veralteten Proben dieser Böden bedeuten, dass niemand den genauen Effekt kennt, den man jedoch bereits jetzt ausnutzen will. Wird die Zunahme an Methangasen beispielsweise den reduzierten CO2-Ausstoß zunichtemachen? Obwohl man das nicht weiß, ist die Möglichkeit, einen hohen Anteil an Niederungsflächen nicht mehr zu nutzen, als großer Wurf verkauft worden“, so Jensen.

Die Vereinigung sorgt sich deshalb, dass die Vereinbarung die dänische Landwirtschaft schwächen und Arbeitsplätze vernichten könnte.

Skepsis auch bei mehreren grünen Organisationen

Die verbindliche Zielsetzung sei zu niedrig, und die Politiker würden technischen Lösungen zu viel Gewicht beimessen, obwohl diese noch gar nicht fertig entwickelt seien, lautet die Kritik unter anderem von Kristine Clement, Kampagnechefin bei Greenpace für Landwirtschaft und Wald.

„Ein verbindliches Reduktionsziel für den Landwirtschaftssektor von lediglich 55 Prozent bis 2030 ist ein Witz, wälzt die Verantwortung auf andere Bereiche ab, macht die Umstellung unnötig teurer und verzögert nur die Reduktion der tierischen Produktion, die unter allen Umständen notwendig wird“, sagt sie.

Maria Reumert Gjerding, Präsidentin von Danmarks Naturfredningsforening, sorgt sich darum, dass die Ambitionen fehlschlagen können.

„Wir brauchen deshalb einige Parteien, die bereit sind, anzupacken“, sagt Reumert Gjerding.

Von den 3,8 Milliarden Kronen Gesamtvolumen sind in der Vereinbarung 575 Millionen Kronen für die Entwicklung neuer Technologien vorgesehen.

Erneuerung des gesamten Landwirtschaftssektors erforderlich

Dies müsste fünfmal so viel sein, wenn es ausreichen soll, meint Jørgen Eivind Olesen, Klimaforscher und Leiter am Institut für Agroökologie an der Universität Aarhus. „Grundsätzlich muss ja der ganze Landwirtschaftssektor erneuert werden“, sagt er.

Dabei geht es dem Forscher zufolge um Lösungen für die Handhabung von Dünger, die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen, neue Futtermittel, die den Methanausstoß von Kühen reduzieren, und die Absenkung von Stickstoff.

Neben der Reduktion von Klimagasen und Stickstoff müsse zudem die Produktion von Lebensmitteln erhöht werden, da die globale Nachfrage zunehme, sagt Olesen.

„Das Geld muss jetzt zur Verfügung gestellt werden. Forschung und Entwicklung nehmen Zeit in Anspruch, und wir müssen entsprechende Forschungskapazitäten aufbauen. Wir haben ja nicht gerade einen Überfluss an Forschern, die auf diesem Gebiet kompetent sind. Ein Teil von ihnen muss erst ausgebildet werden“, sagt er.

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