Initiative der Bürgermeister
Dänemarks Randgebiete wollen Ausbildungen
Dänemarks Randgebiete wollen Ausbildungen
Dänemarks Randgebiete wollen Ausbildungen
Um die Region für die Jugend schmackhafter zu machen, möchten Bürgermeister aus der Provinz für mehr Ausbildungsplätze außerhalb der Universitätsstädte kämpfen. Stephan Kleinschmidt (SP) findet die Initiative gut.
Die Bürgermeister der dänischen Randgebiete machen mobil und fordern von den Politikern in Kopenhagen neben der laufenden Deszentralisierung staatlicher Jobs, dass die Politiker auch mehr Ausbildungen in die sogenannte Provinz verlegen. Nur so könne man im Konkurrenzkampf mit den großen Städten bestehen und verhindern, dass die Jugend aus dem ländlichen Raum völlig abwandert, meinen die Bürgermeister.
Stephan Kleinschmidt, der für die Schleswigsche Partei im Sonderburger Stadtrat sitzt und dort den Ausschuss für Kultur und regionale Entwicklung leitet, findet diese Initiative gut. In Sonderburg habe man aber längst erkannt, dass man auch selbst „in die Puschen kommen“, wenn man Ausbildungen halten oder neue bekommen will. Auf Initiative Kleinschmidts wurde vor ein paar Jahren das Ausbildungs-strategische Forum gegründet, wo man sich mehrmals im Jahr trifft, um gemeinsam mit Wirtschaft, Institutionen etc. abzuklopfen, welche Ziele man hat und wie man sie erreicht. „Wir haben Ausbildungen, aber auch Sonderburg spürt die Zentralisierung in den großen Städten. Was wir neu bekommen haben, ist primär auf Eigeninitiative passiert. Denn es dreht sich ja nicht nur um die Universität, sondern insbesondere auch um unsere Wirtschaft“, so Kleinschmidt.
Initiative der Randgebiete
Zusammen mit dem Verband der ländlichen Räume „Landdistrikternes Fællesråd“ machen die „Bürgermeister am Rande“ deutlich, dass Ausbildungsstätten vielfach zentralisieren und ihre Angebote in den großen Städten ausbauen. 80 Prozent der weiterführenden Ausbildungsplätze seien in den Ballungsgebieten Kopenhagen, Aarhus, Aalborg, Odense oder Roskilde angesiedelt. Das würde zur Urbanisierung beitragen.
Der Vorsitzende des Verbandes der Landdistrikte, Steffen Damgaard, macht deutlich, dass Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort der Schlüssel seien, um die Jugendlichen an ihre Heimatregion zu binden. Zusammen mit 40 Bürgermeistern aus Randkommunen verweist der Verband darauf, dass eine Streuung der Ausbildungen auch daran mitwirken könne, qualifizierte Arbeitskräfte anzulocken – sowohl für den privaten als auch für den öffentlichen Sektor.
Dies stößt bei der Dänischen Volkspartei und bei den Sozialdemokraten im Folketing auf positive Resonanz, während Venstre beispielsweise darauf verweist, dass die Ausbildungsstätten körperschaftseigen sind und damit selbst entscheiden.
Bei „Landdistrikternes Fællesråd“ aber heißt es, dass es für alle ein Gewinn wäre, wenn man Ausbildungsangebote dahin verlegt werden, wo es clusterähnliche Branchengebilde gibt. Es sei kein Naturgesetz, dass Ausbildungen in Bereichen wie Nahrungsmittel, Natur oder Industrie in den großen Städten liegen müssen. Es ergebe Sinn, die Ausbildungen dort zu platzieren, wo die Industrie die Arbeitskräfte braucht – beispielsweise im Offshore-Sektor,in der Industrie, in der Energie- oder der Tourismus-Branche. Man müsse auch hier ein Land im Gleichgewicht schaffen, so die Bürgermeister.
Die Politik müsse den Ausbildungsstätten durch etwas Druck und mit ökonomisches Zuckerbrot auf die Sprünge helfen, so „Fællesrådet“. Da würden Worte nicht reichen – es müsse gehandelt werden. Die Politik müsse die richtigen und guten Rahmenbedingungen dafür schaffen. Das würde ein Gewinn für die ganze Gesellschaft sein, denn eine aktuelle Analyse der dänischen Handelskammer zeigt – wie berichtet – dass der Arbeitsmarkt innerhalb von nur drei Jahren in 62 der 98 Kommunen erheblich unter Druck geraten wird, weil dort dann wegen der Abwanderung qualifizierte Arbeitskräfte fehlen.
„Nur einer von fünf der Jugendlichen, die die Randgebiete zwecks Studium verlassen, kehrt innerhalb von drei Jahren nach dem Studium wieder zurück. Viele kehren nie in ihre Heimatregion zurück.“
Hans Skifter Andersen von der Universität in Aalborg
Sonderburg hat viel, aber
Sonderburg gehört zu den Kommunen, wo es vergleichsweise viele Angebote gibt, etwa in der lokalen Abteilung der Süddänischen Universität im Alsion, die für den Lokalbereich laut Bürgermeister Erik Lauritzen als eine Art Rettungsplanke diene und die Flucht in die großen Uni-Städte verkleinern könne.
Zu „Jyllands-Posten“ sagt Sozialdemokrat Lauritzen, dass man am Alsensund aber auch eine andere Wirklichkeit erlebt habe, indem innerhalb weniger Jahre sowohl die Unteroffiziers- als auch Krankenschwesternschule verloren gegangen sind: „Wenn Ausbildungsinstitutionen sparen sollen, müssen häufig die kleinen, lokalen Abteilungen erst ihr Leben lassen. Wenn das anhält, muss das dänische Parlament Folketinget einschreiten.“
Nah am wirklichen Leben
Der Vorsitzende des Rektorenkollegiums der dänischen Universitäten, Anders Bjarklev, ist laut „Jyllands-Posten“ nicht gerade Fan der aktuellen Initiative. Er meint, dass eine Ausflaggung das Studienmilieu und die Forschung schwächen würde. Es sei sowohl kostspielig als auch für die Fachlichkeit runinös, die Ausbildungen auf zu viele Adressen zu verstreuen.
Zum Einwand, dass eine gewisse Zentralisierung nötig sei, um ein fachlich gutes Studien- und Forschungsmilieu sicherzustellen, meint Stephan Kleinschmidt: „Ich verstehe, dass Kompetenzen gebündelt werden müssen. Aber Forschung soll auch auf den lokalen Bedarf ausgerichtet sein. Man muss die Verbindung zum wirklichen Leben wahren und es gleichzeitig ermöglichen, dass Bindungen geschaffen werden, damit die Absolventen den Ansporn bekommen, um vor Ort ansässig zu werden.“
Kleinschmidts Fazit: „Natürlich gehören Ausbildungen und Universitäten auch in Städte außerhalb der Metropolen. Auch, aber nicht nur. Klar, dass eine Universität natürlich auch eine Infrastruktur braucht. Aber es ist ja auch nicht so, dass Ausbildungen nach Kekenis oder Blans kommen sollen…“