Familie

Hallmann: „Eltern haben die Verantwortung, Kindern einen guten Rahmen zu schaffen“

Hallmann: „Eltern sind in der Pflicht, Kindern einen guten Rahmen zu schaffen“

Hallmann über Kindererziehung: „Eltern sind in der Pflicht“

Apenrade/Aabenraa
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Helge Hallmann will mit seinem neuen Buch Eltern Werkzeuge in die Hand geben, den Alltag mit ihren Kindern besser zu bewältigen. Foto: Privat

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Konflikte zwischen Eltern und Kindern gehören zum Familienalltag. Psychologe und Familientherapeut Helge Hallmann sieht vor allem die Eltern in der Pflicht, dass diese bestmöglich gelöst werden, um das Zusammenleben für alle besser zu machen. Seine gesammelte Erfahrung hat er jüngst in einem Konflikt-Handbuch für Eltern zusammengefasst. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ verrät er, warum Erfahrungen bei der Hundeerziehung auch bei Kindern helfen.

„Niemand ist perfekt. Wenn man es als Eltern schafft, 70 Prozent der Situationen gut zu lösen, ist das schon ein großer Erfolg“, sagt Helge Hallmann. Der gebürtige Haderslebener ist Psychologe und Familientherapeut. Er hilft Familien dabei, den Alltag gemeinsam konfliktreduzierter zu bewältigen. Hallmann studierte in Aarhus und in den USA, war während des Studiums in Guatemala, Nicaragua, Costa Rica und anderen mittelamerikanischen Ländern unterwegs, arbeitete unter anderem zweieinhalb Jahre auf Grönland und ist nun seit 16 Jahren bei der Kommune Aarhus angestellt. Seine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der familiären Konfliktbewältigung und Kindererziehung hat er kürzlich mit seiner Kollegin Christina Magni Kjerholt und seinem Kollegen Gøye Thorn Svendsen in dem Elternhandbuch „Vis vej for dit barn“ (Zeige deinem Kind den Weg) zusammengefasst.

Die PMT-Methode

Die drei arbeiten nach der PMT-Methode (Parent Management Training). „Der Grundgedanke dieser Methode ist, dass Kinder zwar verschiedene Herausforderungen oder Auffälligkeiten haben können, und egal ob diese nun angeboren sind oder sich durch Erlebnisse entwickelt haben, es sind immer die Eltern, die dafür verantwortlich sind, dem Kind die optimalen Rahmenbedingungen zu bieten“, sagt Hallmann, der in seiner täglichen Arbeit sowie mit dem Buch Eltern Werkzeuge an die Hand gibt, wie der Familienalltag konfliktfreier gestaltet werden kann.

„Konfliktlos wird eine Kindererziehung niemals ablaufen, aber man kann als Elternteil einiges dafür tun, dass das Zusammenleben konfliktfreier wird. Die Erfahrung ist, dass alle Kinder grundsätzlich zusammenarbeiten wollen und ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben möchten“, sagt der Psychologe.

Prinzipiell ist es für die Eltern wichtig zu wissen, dass Kinder am besten durch Lob und Ermutigung lernen. Gleichzeitig ist es aber auch entscheidend, einen klaren und deutlich formulierten Rahmen vorzugeben.

Es den Kindern leicht machen

Man muss es den Kindern leicht machen, mit einem zusammenzuarbeiten. Dies gelingt Eltern, indem sie den Kindern deutlich und freundlich beziehungsweise mit neutraler Stimme erzählen, was sie von ihnen erwarten, sagt der Experte.

Wenn man zum Beispiel von seinem Kind möchte, dass es das Zimmer aufräumt, ist zum einen die Art und Weise, wie ich dies meinem Kind vermittele, entscheidend. Wer anfängt zu brüllen, wird laut Hallmann mit Sicherheit auf Widerstand treffen. Zum anderen ist es aber auch wichtig, dem Kind kurz, bündig und deutlich zu vermitteln, wann, was und wie man etwas von ihm erwartet. Eltern sollten zudem keine Fragen stellen, wenn sie von ihrem Kind etwas verlangen.

Wenn es keine Frage ist, dann stell keine Frage.

Helge Hallmann, Psychologe

„Wenn es keine Frage ist, dann stell keine Frage. Wenn ich das Kind frage, ob es nicht einmal sein Zimmer aufräumen möchte, hat es die legitime Möglichkeit, darauf mit Nein zu antworten. Da ich aber immer noch möchte, dass das Kind das Zimmer aufräumt, kann es dann leicht dazu kommen, dass sich die Situation hochschaukelt und ich sauer werde. Stattdessen sollte man dem Kind lieber kurz und deutlich vermitteln, was man von ihm möchte, und dabei vielleicht auch noch die Hand auf die Schulter legen, um sicherzustellen, dass es zuhört“, sagt der Familientherapeut.

Die 10-Sekunden-Regel

Doch auch bei präzisen Anweisungen gibt es natürlich keine Garantie, dass das Kind, das von ihm Verlangte umsetzt. Hallmann empfiehlt in solchen Fällen, 10 Sekunden zu warten und danach in gleicher, unaufgeregter Weise die Anweisung zu wiederholen. „Oft merken Kinder dann, dass man es wirklich ernst meint und lenken ein. Ich habe viele Eltern erlebt, die überrascht waren, wie gut solche einfachen Tricks funktionieren.“

Das neue Buch von Helge Hallmann und seiner Kollegin und seinem Kollegen. Foto: DN

Um solche Arten von Konflikten vorzubeugen, sollten Eltern darauf achten, ihre Kinder gezielt zu loben, wenn diese bestimmte Handlungen im Alltag, die Konfliktpotenzial haben könnten, gut ausführen. Zum Beispiel, wenn das Kind von allein seine Jacke an die Garderobe hängt, anstatt sie einfach in die Ecke zu werfen. Eltern sollten sich als eine Art Goldgräber betrachten, ganz nach dem Prinzip „das, was wir düngen, das wächst“, und nicht immer nur auf negative Handlungen der Kinder reagieren, sondern viel lieber die positiven Dinge hervorheben. Es ist viel leichter, durch Lob als durch Schelte zu lernen. Und er ist sich sicher, dass dies auch den Eltern viel mehr Spaß macht.

Wie beim Hundetraining

„Nicht nur loben ist wichtig, auch Belohnungen helfen dabei, gutes Verhalten zu verstärken. Dabei handelt es sich nicht um einen Lohn, den das Kind dauerhaft bekommt, sondern um eine Belohnung in einem Zeitraum, in dem das Kind sich in Dingen übt, um ihm noch mehr Motivation zu geben“, so Helge Hallmann, der mit einem Lachen ergänzt: "Von vielen Leuten höre ich immer wieder, dass das gesamte Vorgehen ja genau wie Hundetraining ist. Damit haben sie Recht, aber es funktioniert eben“.

Genau wie beim Hundetraining ist es in der Kindererziehung wichtig, Grenzen zu setzen und konsequent zu sein. Wenn ein Kind partout nicht hören will, muss es auch wissen, dass es am Ende eine Strafe gibt. Auch dabei gibt es aus Sicht des Psychologen etwas zu beachten: „Manchmal sind Situationen so festgefahren oder Kinder haben bereits eine diagnostizierte Auffälligkeit, dass es besonders wichtig ist, Grenzen zu setzen und diese konsequent durchzusetzen. Es sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die Kinder wissen, dass es Konsequenzen gibt, damit sie prinzipiell eine Wahl haben. Es geht darum, dass die Kinder die richtige Wahl treffen und nicht, dass man sie bestrafen will“, erklärt Hallmann und fügt hinzu, dass Konsequenzen immer mild sein sollten, damit man sich als Elternteil nicht der Möglichkeit beraubt, diese noch anheben zu können. Grenzen sind aus seiner Sicht zudem auch deshalb unumgänglich für Kinder, weil sie eine Vorbereitung auf das spätere Leben darstellen. „Ein Kind muss lernen, sich anzupassen. Sonst wird es im Leben viele Probleme haben. Sie sollen ein Teil unserer Gesellschaft werden, und in dieser gibt es fast immer jemanden, der mehr zu sagen hat als man selbst“, sagt der Familientherapeut.

Zeige deinem Kind, dass du es liebst

„Sei deutlich, verstärke das Positive und investiere viel Zeit in die Bindung zu deinem Kind und zeige ihm, dass du es liebst“, fasst Helge Hallmann die besten Ratschläge seines Buches für Eltern noch einmal zusammen.

Sei deutlich, verstärke das Positive und investiere viel Zeit in die Bindung zu deinem Kind und zeige ihm, dass du es liebst.

Helge Hallman, Familientherapeut

Das Handbuch ist vor allem für Eltern mit Kindern zwischen 3 und 12 Jahren konzipiert, aber der Familientherapeut ist sich sicher, dass auch Eltern von Kindern außerhalb dieser Altersgrenze Inspirationen daraus ziehen können oder sich damit vorbereiten können.

Buch beim Verlag bestellbar

Die Arbeit an dem Buch hat rund 5 Jahre gedauert. Es fasst die Erfahrung der Autorin und der Autoren aus ihrer eigenen Arbeit mit der PMT-Methode zusammen. „Unser ursprünglicher Verlag wollte, dass wir ein akademisches Buch für Profis schreiben. Wir wollten jedoch lieber ein Handbuch erstellen, das die Thematik einfach erklärt und das jeder nutzen kann“, sagt Hallmann.

Die Suche nach einem neuen Verlag wurde anschließend durch Corona weiter erschwert, sodass sich die drei am Ende einfach ihren eigenen Verlag, den „Familie Psykologisk Forlag", gegründet haben. Wer ein Exemplar des Buches erwerben möchte, kann dies über den Verlag unter der E-Mail-Adresse mail@goeye.dk oder helge@hallmann.dk tun. Das Buch kostet 249 Kronen.

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