Erdgeschichte
Grammer Tongrube: MRT-Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit
Grammer Tongrube: MRT-Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit
Grammer Tongrube: Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit
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Eine ungewöhnliche Zusammenarbeit mit dem Universitätshospital in Skejby verhilft der Paläontologin Mette Elstrup vom Museum Grammer Tongrube zu neuen Erkenntnissen. Nach Feierabend scannten medizinische Fachleute die Überreste zweier Wale. Das Ergebnis sind einzigartige Bilder vom Inneren der Fossilien. Die Leiterin des Museums ist begeistert: „Es ist eine Win-win-Kooperation.“
Vor den Toren der Schlossstadt Gramm liegt das Museum Grammer Tongrube. Dort gibt es viel Wald und kaum Internetabdeckung durch Mobilmasten.
Im Gegenzug kann man dort erkunden, wie die Welt vor zehn Millionen Jahren ausgesehen hat.
Zahlreiche Gäste pilgern in das Museum, dessen Garten sich dieser Tage in ein schillernd buntes Herbstkleid gewandet hat. Vor allem über Familien mit Kindern aus Deutschland konnten sich Museumsleiterin Mette Elstrup und ihr Team freuen.
Zehn Millionen Jahre haben die Wale, deren Skelette dort ausgestellt sind, auf dem Buckel, erzählt Mette Elstrup.
Die Paläontologin leitet das Museum unter dem Dach des nordschleswigschen Museumsverbandes Museum Sønderjylland. Es beherbergt Funde aus den vergangenen Jahrzehnten. Lediglich ein kleiner Teil ist in Gramm ausgestellt; die übrigen Effekte lagern in dem hochmodernen Museumsdepot in Brunde bei Rothenkrug (Rødekro).
Ein Wal wird fit für die Ausstellung
Dort hat auch Trine Sørensen ihren Arbeitsplatz. Sie ist die Konservatorin des Museums Grammer Tongrube. Seit dem Frühjahr beschäftigt sie sich damit, den Fund eines Wahlfossils von 2018 ausstellungsreif zu machen.
Vor ihr liegen noch etwa anderthalb Jahre. So lange wird es dauern, schätzt Mette Elstrup, die Überreste des Schnabelwales zu konservieren.
Ungewöhnliche Kooperation
Einen eher ungewöhnlichen Kooperationspartner hat die Wissenschaftlerin in dem Unikrankenhaus Skejby bei Aarhus gefunden: Dort haben Fachleute aus der MRT-Abteilung vor anderthalb Wochen Fossilienfunde aus der Grammer Tongrube gescannt – nach Feierabend, wohlgemerkt.
„Das Ergebnis sind einzigartige, dreidimensionale Bilder, die beim Konservieren eine große Hilfe sind“, berichtet Mette Elstrup.
Win-win-Situation
Es sei eine Win-win-Kooperation: Die Museumsleute bekommen Aufschluss darüber, wie es im Innern der Fossilien aussieht – und das Technikteam kann seinen Scanner für die Magnetresonanztomografie – auch MRT genannt – auf Herz und Nieren testen, ohne Rücksicht auf Verluste.
„Denn im Unterschied zum Menschen muss man bei Fossilien keine Rücksicht auf die Menge der Strahlung nehmen“, so die Paläontologin.
Besonders beeindruckt ist die Wissenschaftlerin von dem Scan-Ergebnis der Entdeckung aus dem Jahre 2018: „Es war viel besser als erwartet. Ich war skeptisch, ob der Scan überhaupt ein brauchbares Bild erzeugt, da der Lehmbrocken, der das Fossil umschließt, sehr dick ist. Dabei hat unsere Konservatorin im Vorfeld so viel Lehm wie möglich von der Unterseite des Fossils entfernt – ohne es freizulegen.“
Große Puzzle-Arbeit
Der Aufwand hat sich gelohnt. „Wir haben aufschlussreiche Bilder vom Inneren des Fossils bekommen.“
Die Bilder aus dem Scanner zeigen, dass unter der Lehmschicht der Unterkiefer des Schnabelwals, einige Wirbel und höchstwahrscheinlich auch eine beträchtliche Anzahl von Zähnen ruhen, die nun darauf warten, freigelegt zu werden.
Bemerkenswert sei zudem, dass die hinteren beiden Schwanzwirbelgelenke erhalten sind. Bei den anderen in Gramm gefundenen Skeletten von Schnabelwalen sei dies nicht der Fall.
Dank der MRT-Scans aus Skejby tappt Konservatorin Trine Sørensen nicht länger im Dunkeln und kann mit dem Präparieren in Brunde beginnen.
Es sei eine aufwendige Arbeit, bei der enormes Fingerspitzengefühl gefragt ist, erläutert Mette Elstrup.
„Anschließend können wir das freigelegte Fossil mit den Bildern vergleichen und sehen, ob es Skelettstrukturen gibt, die dem Lehm so ähneln, dass sie auf den Scans nicht zu erkennen sind.“
Für diese Präzisionsarbeit hat das Museum eine finanzielle Förderung von der dänischen Denkmalschutzbehörde „Slots- og Kulturstyrelsen“ erhalten.
Kooperation mit Forscher in der Ukraine
Unterdessen widmet sich Mette Elstrup dem anderen Fossil aus der Tongrube, das ebenfalls durch den Scanner gegangen ist. Es stammt von einem zehn Millionen Jahre altem Bartenwal. Auch dieser Scan offenbart Neues.
„Wir wissen jetzt, wie Teile des Schädels bei dieser Wal-Art ausgesehen haben und wie ihre Nasenpartie aufgebaut ist. Gibt es doch keine anderen Fossilien dieser Wal-Art, bei denen die Nasenknochen erhalten geblieben sind.“
Gemeinsam mit einem Kollegen aus der Ukraine, Pavel Goldin vom Zoologischen Institut in Kiew, wird Mette Elstrup die Bilder aus Skejby auswerten – in der Hoffnung, die Nasenpartie des Bartenwals rekonstruieren zu können und eventuell Reste von Stoßzähnen zu entdecken, wie sie einst die Schnabelwale hatten.