Erdgeschichte

Grammer Tongrube: MRT-Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit

Grammer Tongrube: MRT-Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit

Grammer Tongrube: Scans enthüllen Geheimnisse der Vorzeit

Gramm/Gram
Zuletzt aktualisiert um:
Mette Elstrup leitet das Museum Grammer Tongrube. Die Paläontologin war überrascht von der Qualität der Bilder aus Skejby: „Ich muss gestehen, dass ich anfangs skeptisch war, ob dabei etwas Brauchbares herauskommt.“ Foto: Ute Levisen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Eine ungewöhnliche Zusammenarbeit mit dem Universitätshospital in Skejby verhilft der Paläontologin Mette Elstrup vom Museum Grammer Tongrube zu neuen Erkenntnissen. Nach Feierabend scannten medizinische Fachleute die Überreste zweier Wale. Das Ergebnis sind einzigartige Bilder vom Inneren der Fossilien. Die Leiterin des Museums ist begeistert: „Es ist eine Win-win-Kooperation.“

Vor den Toren der Schlossstadt Gramm liegt das Museum Grammer Tongrube. Dort gibt es viel Wald und kaum Internetabdeckung durch Mobilmasten.

Im Gegenzug kann man dort erkunden, wie die Welt vor zehn Millionen Jahren ausgesehen hat.

 

Der Garten des Museums, in dem ebenfalls Walskelette ausgestellt sind Foto: Ute Levisen

Zahlreiche Gäste pilgern in das Museum, dessen Garten sich dieser Tage in ein schillernd buntes Herbstkleid gewandet hat. Vor allem über Familien mit Kindern aus Deutschland konnten sich Museumsleiterin Mette Elstrup und ihr Team freuen.

Zehn Millionen Jahre haben die Wale, deren Skelette dort ausgestellt sind, auf dem Buckel, erzählt Mette Elstrup.

Für das MRT-Team des Uni-Krankenhauses kamen die Fossilien aus Gramm wie gerufen: Damit testen sie nach Feierabend die Grenzen des hochmodernen Geräts aus und leisten zugleich einen Beitrag zur Erforschung der Erdgeschichte. Auf dem Foto ist der Unterkiefer eines Schnabelwals zu sehen. Foto: Ute Levisen

Die Paläontologin leitet das Museum unter dem Dach des nordschleswigschen Museumsverbandes Museum Sønderjylland. Es beherbergt Funde aus den vergangenen Jahrzehnten. Lediglich ein kleiner Teil ist in Gramm ausgestellt; die übrigen Effekte lagern in dem hochmodernen Museumsdepot in Brunde bei Rothenkrug (Rødekro).
 

Trine Sørensen ist die Konservatorin des Museums in Gramm. Sie hat im Frühjahr mit dem Präparieren des Walfossils begonnen. Museumsleiterin Mette Elstrup schätzt, dass die Konservatorin des Museums insgesamt zwei Jahre mit dem Präparieren des Schnabelwal-Fossils beschäftigt sein wird. Dank der MRT-Scans tappt sie dabei nicht länger im Dunkeln. (Archivbild). Foto: Ute Levisen

Ein Wal wird fit für die Ausstellung

Dort hat auch Trine Sørensen ihren Arbeitsplatz. Sie ist die Konservatorin des Museums Grammer Tongrube. Seit dem Frühjahr beschäftigt sie sich damit, den Fund eines Wahlfossils von 2018 ausstellungsreif zu machen.

Vor ihr liegen noch etwa anderthalb Jahre. So lange wird es dauern, schätzt Mette Elstrup, die Überreste des Schnabelwales zu konservieren.

Nach Feierabend beschäftigt sich das MRT-Team mit dem Scannen von Wal-Resten. Foto: Gram Lergrav

Ungewöhnliche Kooperation

Einen eher ungewöhnlichen Kooperationspartner hat die Wissenschaftlerin in dem Unikrankenhaus Skejby bei Aarhus gefunden: Dort haben Fachleute aus der MRT-Abteilung vor anderthalb Wochen Fossilienfunde aus der Grammer Tongrube gescannt – nach Feierabend, wohlgemerkt.

„Das Ergebnis sind einzigartige, dreidimensionale Bilder, die beim Konservieren eine große Hilfe sind“, berichtet Mette Elstrup. 

Mitte Oktober hat ein MRT-Team die Fossilien eines Schnabel- und eines Bartenwals gescannt. Jetzt werten Mette Elstrup und ihr Team die Scans aus. Foto: Gram Lergrav

Win-win-Situation

Es sei eine Win-win-Kooperation: Die Museumsleute bekommen Aufschluss darüber, wie es im Innern der Fossilien aussieht – und das Technikteam kann seinen Scanner für die Magnetresonanztomografie – auch MRT genannt – auf Herz und Nieren testen, ohne Rücksicht auf Verluste.

„Denn im Unterschied zum Menschen muss man bei Fossilien keine Rücksicht auf die Menge der Strahlung nehmen“, so die Paläontologin.

Das Herzstück des Museums ist der große Ausstellungsraum, den in den Herbstferien zahlreiche Gäste aus Deutschland besuchten. Ein Großteil der Exponate aus der Vorzeit lagert indes in dem neuen Museumsdepot in Brunde bei Rothenkrug (Rødekro). Foto: Ute Levisen

Besonders beeindruckt ist die Wissenschaftlerin von dem Scan-Ergebnis der Entdeckung aus dem Jahre 2018: „Es war viel besser als erwartet. Ich war skeptisch, ob der Scan überhaupt ein brauchbares Bild erzeugt, da der Lehmbrocken, der das Fossil umschließt, sehr dick ist. Dabei hat unsere Konservatorin im Vorfeld so viel Lehm wie möglich von der Unterseite des Fossils entfernt – ohne es freizulegen.“

Mette Elstrup im Außenbereich der Museumsanlage. Ihre Zusammenarbeit mit dem Experten aus der Ukraine unterstützt die Stiftung Saru, eine Stiftung zur Förderung von Forschungsprojekten in Dänemark. Foto: Ute Levisen

Große Puzzle-Arbeit

Der Aufwand hat sich gelohnt. „Wir haben aufschlussreiche Bilder vom Inneren des Fossils bekommen.“

Die Bilder aus dem Scanner zeigen, dass unter der Lehmschicht der Unterkiefer des Schnabelwals, einige Wirbel und höchstwahrscheinlich auch eine beträchtliche Anzahl von Zähnen ruhen, die nun darauf warten, freigelegt zu werden.

Bemerkenswert sei zudem, dass die hinteren beiden Schwanzwirbelgelenke erhalten sind. Bei den anderen in Gramm gefundenen Skeletten von Schnabelwalen sei dies nicht der Fall.

Dank der MRT-Scans aus Skejby tappt Konservatorin Trine Sørensen nicht länger im Dunkeln und kann mit dem Präparieren in Brunde beginnen.

Der Unterkiefer eines Wals ist hier zu sehen. Weitere Fundstücke sind luftdicht in der Box dahinter verpackt, um eine Zerstörung durch das enthaltene Mineral Pyrit, auch Narrengold genannt, zu verhindern. Foto: Ute Levisen

Es sei eine aufwendige Arbeit, bei der enormes Fingerspitzengefühl gefragt ist, erläutert Mette Elstrup.

„Anschließend können wir das freigelegte Fossil mit den Bildern vergleichen und sehen, ob es Skelettstrukturen gibt, die dem Lehm so ähneln, dass sie auf den Scans nicht zu erkennen sind.“

Für diese Präzisionsarbeit hat das Museum eine finanzielle Förderung von der dänischen Denkmalschutzbehörde „Slots- og Kulturstyrelsen“ erhalten.
 

Mette Elstrup freut sich über die Zusammenarbeit mit Skejby, die der Forschung neue Wege bahnt. Foto: Ute Levisen

Kooperation mit Forscher in der Ukraine

Unterdessen widmet sich Mette Elstrup dem anderen Fossil aus der Tongrube, das ebenfalls durch den Scanner gegangen ist. Es stammt von einem zehn Millionen Jahre altem Bartenwal. Auch dieser Scan offenbart Neues.

„Wir wissen jetzt, wie Teile des Schädels bei dieser Wal-Art ausgesehen haben und wie ihre Nasenpartie aufgebaut ist. Gibt es doch keine anderen Fossilien dieser Wal-Art, bei denen die Nasenknochen erhalten geblieben sind.“

Gemeinsam mit einem Kollegen aus der Ukraine, Pavel Goldin vom Zoologischen Institut in Kiew, wird Mette Elstrup die Bilder aus Skejby auswerten – in der Hoffnung, die Nasenpartie des Bartenwals rekonstruieren zu können und eventuell Reste von Stoßzähnen zu entdecken, wie sie einst die Schnabelwale hatten.

Mehr lesen