Museumseröffnung

Die Minderheit hat einen neuen Leuchtturm

Die Minderheit hat einen neuen Leuchtturm

Die Minderheit hat einen neuen Leuchtturm

Sonderburg/Nordschleswig
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Das neue Deutsche Museum Nordschleswig wurde Freitag in Sonderburg eröffnet. Foto: Gwyn Nissen

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Das neue 30 Millionen Kronen teure Deutsche Museum Nordschleswig wurde Freitag in Sonderburg eröffnet. Von der Idee bis zur Umsetzung vergingen drei Jahre.

Die deutsche Minderheit hat ihr neues Museum. 150 Gäste nahmen am Freitag an der Eröffnung des Museums teil, und ab Sonnabend ist das fertige Ergebnis auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Das 30 Millionen Kronen teure Projekt ist von der Planung bis zur Eröffnung innerhalb von drei Jahren entstanden.

„Mit einem Volumen von rund 30 Millionen Kronen ist das Museum das größte Bauprojekt der Minderheit, seit wir vor über 60 Jahren unser Gymnasium gebaut haben. Das unterstreicht die Bedeutung, die wir der – und natürlich vor allem – unserer Geschichte beimessen“, sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen, in seiner Begrüßung vor knapp 50 Gästen im Foyer des Museums und etwa 100 Gästen, die in der Sporthalle der Deutschen Schule Sonderburg die Live-Übertragung mitverfolgten.

 

Markante Ergänzung des Stadtbildes

„Es war uns aber auch wichtig, nicht nur neue Räumlichkeiten zu schaffen für die bestehende Ausstellung, sondern auch in Inhalt und Form modern und ansprechend Grundlegendes zur deutschen Minderheit, dem Grenzland und anderen Minderheiten zu erzählen. Für diese Erzählung haben wir ,Identität‘ als zentralen Begriff gewählt. Was wir erzählen wollten, hat bestimmt, welche Gegenstände wir wie präsentieren. Ob es uns gelungen ist, darüber müsst ihr und müssen die kommenden Besucher entscheiden", sagte Jürgensen, der das Museumsgebäude auch als markante Ergänzung des Stadtbildes bezeichnete.

Der BDN-Hauptvorsitzende bedankte sich sowohl bei den finanziellen Gönnern des Projekts als auch bei den Baufirmen, den Inhalts-Entwicklern sowie den freiwilligen und hauptamtlichen Mitarbeitern aus der Minderheit.

 

Etwa 50 Gäste hatten bei der Museumseröffnung im Foyer des neuen Museums Platz. Weitere 100 Gäste saßen in der Sporthalle der Deutschen Schule Sonderburg und verfolgten die Reden über einen Livestream. Foto: Friedrich Hartung

Ilse Friis, Vorsitzende des Deutschen Museums Nordschleswig, gab einen historischen Rückblick auf die Entwicklung des Museums und wie es zu dem neuen Museum gekommen ist, nachdem das alte Museum zunächst mehr Platz bekommen hatte und im Vorstand über eine Verschönerung des Hauses diskutiert worden war.

„Wir fielen deshalb auch so ziemlich aus allen Wolken, als der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen und -Generalsekretär Uwe Jessen dem Vorstand die Idee einer Totalsanierung, verbunden mit einem Anbau, als Leuchtturmprojekt der Minderheit im Jubiläumsjahr 2020 vorlegten. Von der Idee bis zur Einweihung am heutigen Tag sind knappe drei Jahre vergangen“, erzählte Ilse Friis.

Die vergangenen drei Jahre seien eine „spannende und intensive Zeit mit einigen Tiefen, aber vor allem mit ganz vielen Höhen" gewesen.

Friis: „Kleines, feines Museum“

„Heute eröffnen wir nun ein kleines, feines Museum, aber gleichzeitig auch ein historisches Kulturzentrum von regionaler und überregionaler Bedeutung“, sagte die Vorstandsvorsitzende. Gerade die Identität der Minderheit war der inhaltliche Leitfaden bei der Neukonzipierung der Dauerausstellung des Deutschen Museums.

„Wir haben viele Stunden, ja, Tage diskutiert, waren uns nicht immer einig, was uns eigentlich geprägt hat und warum wir sind, wie wir sind. Wir wurden durch die vielen Fragen der Kopenhagener Firmen herausgefordert, haben viel über uns selbst nachgedacht, und heute nun ist das fertige Ergebnis allen zugänglich. Wir hoffen, dass ihr Nordschleswiger unsere Darstellung der deutschen Minderheit nachvollziehen könnt und dass Sie, die auswärtigen Gäste, genau die Einblicke in die Geschichte und Identität der Minderheit bekommen, die das Gebäude verspricht“, sagte Friis, die das Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter und des Museumsleiters Hauke Grella hervorhob.

 

Das neue Museum ist ein markantes Gebäude in der Sonderburger Innenstadt. Foto: Gwyn Nissen

Beeindruckter Beauftragter

Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zeigte sich von der kurzen Planungs- und Bauzeit sowie von der inhaltlichen Neugestaltung der Ausstellung und der Unterstützung von einer Vielzahl an Förderern beeindruckt.

Das Museum sei ein „hervorragendes Beispiel für das besondere Modell des Zusammenlebens von Minderheit und Mehrheit im deutsch-dänischen Grenzland", und Fabritius hofft weiterhin, dass die Region von der Unesco in die weltweite Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden wird.

„Ich bin sehr zuversichtlich, dass die neue museale Präsentation der Geschichte der deutschen Minderheit dazu beitragen wird, bei den Besuchern das Wissen über die deutsche Minderheit zu vertiefen und Interesse für die Geschichte des deutsch-dänischen Grenzlandes zu wecken“, sagte Bernd Fabritius.

Die Neueröffnung des Museums passe daher sehr gut in das Jubiläumsjahr 2020.

Der neu geschmückte Tunnel führte die Gäste vom Museum in die Schulsporthalle. Foto: Gwyn Nissen

Eine andere Seite der Geschichte

Bürgermeister Erik Lauritzen begrüßte die vielen Gäste – und das neue Deutsche Museum – in seiner Stadt Sonderburg/Sønderborg.

„Ich hoffe, dass viele andere Neugierige und Wissbegierige kommen und hineinschauen werden. Ich bin froh, dass das Museum jetzt etwas aus sich macht. Es ist nicht nötig, sich zu verstecken oder die spannende Geschichte des Grenzlandes herunterzuspielen. Sie muss ans Licht kommen, sie ist aufregend, wir müssen sie kennen, und wir müssen aus ihr lernen“, sagte Erik Lauritzen.

Er denke „mit Freude, Erleichterung und Stolz, wie die vergangenen Jahrzehnte dieses Grenzland zu einem Musterbeispiel dafür gemacht haben, wie Mehrheiten und Minderheiten im gegenseitigen Respekt miteinander leben können. Wie aus einem Gegeneinander ein Miteinander geworden ist“.

Mit der Neugestaltung des Deutschen Museums Nordschleswig gebe es weitere Möglichkeiten, die Geschichte von mehreren Seiten zu sehen.

Der dänische Generalkonsul in Flensburg, Kim Andersen (links), vor dem Museum im Gespräch mit Jørgen Mads Clausen von Danfoss und dem sozialdemokratischen Folketingsabgeordneten Jesper Petersen. Foto: Gwyn Nissen

Zwei Ministerinnen zu Besuch

Eigentlich hätte die Eröffnung bereits im Juli stattfinden sollen – mit Königin Margrethe und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unter den Gästen. Doch dann kam das Coronavirus. Immerhin nahmen Freitag zwei Minister an der Eröffnung teil: die dänische Kulturministerin Joy Mogensen und die schleswig-holsteinische Bildungs- und Kulturministerin Karin Prien.

Karin Prien lobte die gemeinsame Anstrengung von Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Schleswig-Holstein, die es überhaupt möglich gemacht habe, „das Deutsche Museum in Sonderburg aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken“ – eine Stätte der Begegnung und der Freundschaft.

„Ich freue mich sehr, dass die Zeugnisse deutsch-dänischer Geschichte nun hier wieder in einem ansprechenden und zeitgemäßen Rahmen präsentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden", sagte Prien, die die Gelegenheit nutzte, der Minderheit die Zusage auf weitere finanzielle Unterstützung aus Schleswig-Holstein zu garantieren – sogar mit einer „angemessenen Steigerung".

Mogensen: „Wir sind weit gekommen“

Joy Mogensen sagte, sie hätte diesmal nicht den Mut, ihre Rede auf Deutsch zu halten – „aber nächstes Mal“. Sie überraschte dann aber die meisten mit einer Ansprache in Englisch.

„Wir sind weit gekommen“, sagte sie über das deutsch-dänische Verhältnis und verglich das Museum mit der Kaffeemaschine am Arbeitsplatz, wo man sich treffe und die Meinungen austausche.

„Wir haben unterschiedliche Hintergründe, aber wir haben eine gemeinsame Heimat, Sønderborg, Sønderjylland, Nordschleswig“, sagte die Ministerin. 

Auch bei der Eröffnung: die Minister Joy Mogensen (Bildmitte) und Karin Prien (rechts). Foto: Friedrich Hartung

Botschafter: „Minderheiten leisten zentralen Beitrag“

Der deutsche Botschafter in Dänemark, Detlev Rünger, hob hervor, dass die Minderheiten im Grenzland einen „ganz zentralen Beitrag für die Freundschaft unserer beiden Länder" leisten würden.

Er konnte sich einen Kommentar über die geschlossene dänische Grenze nicht verkneifen: Es gebe noch Verbesserungsmöglichkeiten im deutsch-dänischen Verhältnis.

„Umso wichtiger ist es, dass dieses Museum fertig geworden ist und künftig ein Aushängeschild für die Rolle der Minderheit in Dänemark sein wird“, sagt Rünger.

Bleicker für Meyer

Der Botschafter wurde in Sonderburg vom neuen Beauftragten für die deutsche Minderheit an der deutschen Botschaft in Kopenhagen begleitet. Joachim Bleicker tritt die Nachfolge von Anke Meyer an, die am Freitag ihren letzten offiziellen Besuch bei der Minderheit in Nordschleswig hatte, bevor sie eine neue Stelle in Berlin antritt.

„Anke Meyer hat fünf Jahre gute Arbeit geleistet und hat sich um die Beziehungen zwischen unseren Ländern verdient gemacht“, sagte Detlev Rünger.

Die meisten Gäste mussten die Einweihung von der Sporthalle aus verfolgen. Foto: Gwyn Nissen

Virtuelle Museums-Tour

Zum Abschluss der Eröffnung führte Museumsleiter Hauke Grella die Gäste noch mal virtuell durch die Ausstellung, bevor es auch richtige Führungen durch das neue Museum gab.

„Wir wollten die Geschichte – in ein neues Gewand gepackt – attraktiv und geschickt vermitteln mit dem Ziel, dass es ein Mehrwert für die deutsch-dänische Grenzregion wird“, sagte Grella.

Er unterstrich, dass eine neue Geschichtsvermittlung nun angestoßen sei, dass es aber weitergehen müsse.

Stellvertretend für die vielen ehrenamtlichen Helfer am Museum bedankte er sich posthum bei Andreas Jochens, der sowohl praktisch als auch inhaltlich am Museum mitgearbeitet habe – bis zu seinem Tod. „Es fehlten nur einige Monate, ich hätte gewünscht, Andreas Jochens hätte das Museum noch erleben können“, sagte Hauke Grella.

 

Kulturministerin Joy Mogensen (rechts) mit den Hauptverantwortlichen für den Museumsbau (von links): Museumsleiter Hauke Grella, Museumsvorsitzende Ilse Friis, BDN-Hauptvorsitzender Hinrich Jürgensen und BDN-Generalsekretär Uwe Jessen, denen es unter anderem gelungen ist, 24 Millionen Kronen von außerhalb der Minderheit für das Projekt zu beschaffen. Foto: Friedrich Hartung
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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Wenn Minderheiten als Gefahr für andere dargestellt werden“