Schleswigsche Gespräche

1920 - Grenzrevisionshoffnungen auf dänischer Seite

1920 - Grenzrevisionshoffnungen auf dänischer Seite

1920 - Grenzrevisionshoffnungen auf dänischer Seite

Frank Lubowitz
Flensburg
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Slesvighus
In der Inflationszeit wurde das Hotel zum Holsteinischen Hof von der dänischen Bewegung erworben und zum Slesvighus umgestaltet. Foto: Arkiv ved DCB

Historiker Axel Johnsen: Die Mehrheit der Menschen in Dänemark war zwar mit dem Ergebnis der Abstimmung von 1920 zufrieden, doch es gab auch einflussreiche Gruppen in der Gesellschaft, die die weiter im Süden liegende Grenze befürworteten.

Zumeist spricht man bei der Volksabstimmung 1920 in Schleswig von der Unzufriedenheit mit dem Verfahren und der Durchführung auf deutscher Seite, die zu einer starken nationalen Prägung und einer Grenzrevisionsforderung auch bei den deutschen Nordschleswigern zwischen 1920 und 1945 führte.

Im Rahmen der Schleswigschen Gespräche – Deutsch-Dänische Begegnungen – richtete der Historiker Axel Johnsen, Abteilungsleiter beim Museum Sønderjylland, den Blick auf dänische Grenzaktivisten.

„Die Clausen-Linie ist nicht genug“ lautete der Titel seines Vortrags. Er betonte, dass die Mehrheit der Menschen in Dänemark zwar mit dem Ergebnis der Abstimmung zufrieden war, dass es aber auch einflussreiche Gruppen in der Gesellschaft gab, die eine zumindest Flensburg einschließende  oder sogar weiter im Süden liegende Grenze befürworteten.

Sie gaben diese Hoffnung nach 1920 nicht auf und förderten in ihrem Sinn eine nationale Arbeit in Schleswig, die das Dänische in der einheimischen Bevölkerung dort freilegen und erwecken sollte, wo es ihrer Meinung nach vorhanden, aber verschüttet und überdeckt war.

„Flensburg-Bewegung“ mit königlicher Unterstützung

Der Flensburg-Bewegung, die zumindest die für Nordschleswig wichtigste Stadt mit zu Dänemark bringen wollte, schloss sich kurz nach der Abstimmung selbst König Christian X. an und rief, indem er die Regierung Zahle, die das Abstimmungsergebnis anerkannt hatte, entließ, eine Staatskrise hervor, die sogenannte Osterkrise 1920.

Zu denen, die im Gegensatz zu der von H. P. Hanssen durchgesetzten Clausenlinie standen, gehörte vor allem der Chefredakteur von „Flensborg Avis“, Ernst Christiansen, der für sein Ziel, eine Grenze am Danewerk zu errichten, einflussreiche Freunde in Kopenhagen fand. 

Stimmung falsch eingeschätzt

Axel Johnsen betonte dabei, dass man insgesamt in Kopenhagen die Haltung und Stimmung der Bevölkerung südlich von Flensburg falsch einschätzte. Von dänischem Bewusstsein konnte in Angeln kaum und in der Stadt Schleswig so gut wie gar nicht die Rede sein. 

Als Beispiel für einen der wenigen dänisch gesinnten Angeliter wies Johnsen auf den Bauern Peter Lassen aus Struxdorf hin, der mit Unterstützung eines sehr kleinen, aber aktiven Vereins in Dänemark, der „Schleswig-Liga“ – mit dem Slogan „Danmark – Danebrog – Danevirke“, seine Propagandatätigkeit für ein Dänemark bis zum Danewerk ausübte.

Grænseforening förderte dänisches Leben in Südschleswig

Auch in Schleswig gelang es mit dem Kauf eines Hotels, das dann als Slesvig-Hus betrieben wurde und noch heute besteht, einen dänischen Anknüpfungspunkt zu schaffen. Zugleich arbeitete der dänische Wanderlehrer Jørgen Jørgensen, mit dem Fahrrad zwischen Tönning und Kappeln von Ort zu Ort ziehend, daran, dänisches Leben zu wecken. Diese Arbeit wurde vom dänischen Grenzverein (grænseforening) unterstützt.

Der Grenzverein entwickelte sich nach seiner Gründung 1920 zu einem der größten Vereine Dänemarks, der seine Mitgliederschaft insbesondere nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten in Deutschland und der gefühlten Bedrohung der Grenze durch den sogenannten Ostersturm schleswig-holsteinischer Nationalsozialisten 1933 noch einmal steigern konnte.

Zwar hatten die vom Grenzverein südlich von Flensburg unterstützten Aktivitäten zahlenmäßig nur einen geringen Erfolg, aber immerhin war es ideologisch wichtig, in den Gebieten, in denen es 1920 keinerlei dänisches Leben gegeben hatte, einige Dänischgesinnte vorweisen zu können, um den Anspruch auf Schleswig zu untermauern.

Dänische Regierung wollte schon im Mai 1945 nichts von Grenzverschiebung wissen

Mit einigen abschließenden Sätzen ging Axel Johnsen in seinem Vortrag darauf ein, wie die bis nach Schleswig und Tönning ausgreifende Arbeit der dänischen Bewegung in den 1920er und 1930er Jahren ihre Früchte nach dem Zweiten Weltkrieg trug, als dänische Schulen in großer Zahl sogar über die Danewerklinie bis an die Eider gegründet wurden.

Allerdings hatten Forderungen nach einer Grenzverschiebung nach Süden keinen Erfolg. Die dänische Nachkriegsregierung stand einer Grenzverschiebung kritisch gegenüber und erklärte schon im Mai 1945, die Grenze liege fest.

 

   

 

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