Grenzkontrolle

Keine Busse mehr aus Flensburg? Dänische Politik sucht das Gespräch

Keine Busse mehr aus Flensburg? Dänische Politik sucht das Gespräch

Keine Busse mehr aus Flensburg? Politiker wollen Lösungen

Volker Heesch und Cornelius von Tiedemann
Flensburg/Krusau/Kruså
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Die Busse des Flensburger Stadtverkehrs werden bald nicht mehr über die Grenze bis Krusau rollen. Die Betreibergesellschaft strebt eine Einstellung der grenzüberschreitenden Fahrten wegen der ständigen Verspätungen aufgrund von Grenzkontrollen an. Foto: Aktiv Bus

Ständig kommen Busse wegen der Kontrollen zu spät: Aktiv Bus will die Linie 1 künftig deutlich vor der Grenze umkehren lassen – und nicht mehr nach Dänemark fahren. „Es geht hier um sehr viele Passagiere, die in die Klemme kommen“, sagt der Grenzlandbeauftragte Süddänemarks, Preben Jensen.

Weil ständig Busse den Fahrplan wegen der Grenzkontrollen nicht einhalten können, beantragt der Betreiber Aktiv Bus, von der Betriebspflicht befreit zu werden. Der Unternehmenschef Paul Hemkentokrax hofft, dass für die grenzüberschreitend Reisenden noch eine Lösung gefunden wird.

Thema für die Region Sønderjylland-Schleswig 

Möglicherweise werde eine solche im Rahmen der dänisch-deutschen Zusammenarbeit „Region Sønderjylland-Schleswig“ gefunden, sagt derweil Preben Jensen (Venstre), Sonderrepräsentant der Region Süddänemark für die dänisch-deutsche Zusammenarbeit, im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“.

Er werde das Thema beim nächsten Vorstandstreffen der Region Sønderjylland-Schleswig am 13. März auf die Tagesordnung setzen.

„Es ist sehr bedauerlich, das es im Zusammenhang mit den Grenzkontrollen dazu gekommen ist“, sagt Jensen, der im Rahmen des Treffens vor allem mit der derzeitigen Vorsitzenden der grenzüberschreitenden Region, Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD), sprechen will.

„Viele Passagiere, die in die Klemme kommen“

Das gesamte Verkehrsgebiet zwischen Flensburg, Sonderburg und Apenrade stehe zudem gerade jetzt auch auf der Tagesordnung des Ausschusses für Regionale Entwicklung im Regionsrat.

„Es geht hier um sehr viele Passagiere, die in die Klemme kommen“, sagt Jensen. Zur Idee einer Sonderspur sagt er, dass es diese sicherlich schon geben würde, wenn das möglich wäre – und dass eine solche Lösung aus dem Folketing kommen müsste.

Denn es sind die wiedereingeführten Grenzkontrollen in Krusau, die in den vergangenen Jahren ständig zu Verspätungen der Linie 1 des Flensburger Stadtverkehrs geführt haben. Seit 2002 bedient er die Bushaltestelle in Krusau mit Anschlüssen an verschiedene Linien des dänischen Unternehmens Sydbus.

Seit 2015 „Sand im Getriebe“

„Seit Ende 2015 ist jedoch ordentlich Sand im Getriebe“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens Aktiv Bus, das für die Bedienung der grenzüberschreitenden Stadtbuslinie sorgt. „Wir haben das gerne gemacht“, so der Geschäftsführer von Aktiv Bus, Paul Hemkentokrax.

Fahrplan durcheinandergebracht

Er verweist darauf, dass die Situation mit Staus aufgrund des Kontrolleinsatzes, die den Fahrplan der bis zum Bahnhof verkehrenden Linienbusse ständig durcheinandergebracht hat. Als Konsequenz hat das Unternehmen eine Befreiung von der Betriebspflicht auf dem grenzüberschreitenden Abschnitt beantragt.

Hoffnung auf deutsch-dänische Lösung

„Es werden voraussichtlich noch einige Monate vergehen, bis wir die Fahrten nach Krusau einstellen“, so Hemkentokrax gegenüber dem „Nordschleswiger“, der hinzufügt, dass er noch auf eine deutsch-dänische Lösung zugunsten einer Fortsetzung des grenzüberschreitenden Verkehrs hofft.

H. C. Schmidt will Minister einschalten

Die könnte von ganz oben kommen – zumindest wenn es nach dem Folketingsabgeordneten und langjährigen Transportminister Hans Christian Schmidt (Venstre) geht. Als stellvertretender Vorsitzender des Transportausschusses will er Transportminister Benny Engelbrecht (Soz.) einschalten. 

„Es ist bedauerlich, dass man Grenzkontrollen einführen musste. Da sind ja andere Länder schuld dran. Man muss sich ja irgendwie abschirmen“, sagt Schmidt, der auch auf die aktuelle Situation verweist, dass nun viele Flüchtlinge aus der Türkei nach Europa gelangen könnten.

„Es gibt ja keine Wahl. Man muss einrechnen, dass die Grenzkontrollen für Verspätungen sorgen. Ich finde aber, dass 30 Minuten sehr lang sind, und da will ich den Minister auch nach fragen“, sagt Schmidt.

Eine Sonderspur für Busse mit spezieller Buskontrolle sei ein denkbares Szenario, er werde die Sache mit dem Minister besprechen.

Chef der Minderheit: Grenzkontrollen sind ein Hindernis

Für Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Dachverbandes der deutschen Minderheit in Nordschleswig, Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN), bewahrheitet sich mit der Nachricht eine lang gehegte Befürchtung: „Das ist das, was wir immer gesagt haben. Dass die Grenzkontrollen ein Hindernis sind, und jetzt sind sie es im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe immer gesagt, wenn die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wegen der läppischen Grenzkontrollen auseinanderbricht, dann war sie zu schlecht, aber hier wird es ja dann plötzlich konkret. Das ist wirklich traurig. “

Sydbus als Alternative

Hemkentokrax verweist derweil darauf, dass die Fahrgäste von Krusau nach Flensburg mit Bussen des Unternehmens Sydbus gelangen können. Die Stadtbusse aber sollen künftig nur noch bis zur Haltestelle Lachsbach auf Flensburger Stadtgebiet fahren.

Damit wird Fahrgästen auch die Möglichkeit genommen, von Kupfermühle, wo bis 2002 die Endstation der Stadtbusse lag, zu Fuß nach Krusau zur dänischen Bushaltestelle zu gehen. Bei Aktiv Bus verweist man darauf, dass die Stadtbusse aufgrund der Staus an der jetzt offenbar dauerhaft eingerichteten dänischen Grenzkontrollstelle oft mit 30 Minuten Verspätung auf dem Rückweg beim Flensburger Bahnhof eintreffen.

Züge werden verpasst

Ständig würden Reisende Züge verpassen. Auf Nachfrage des „Nordschleswigers“ erklärte Hemkentokrax, dass er sich eine Lösung vorstellen könnte, für die Linienbusse eigene Fahrbahnen einzurichten, damit diese die Staus an der Kontrollstelle umgehen können.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde mehrfach um Zitate ergänzt, zuletzt um 17:42 Uhr.

 

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