Inflation

Pferdefleisch auf dem Abendbrotsteller

Pferdefleisch auf dem Abendbrotsteller

Pferdefleisch auf dem Abendbrotsteller

Toftlund
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Pferdehackfleisch kann in einigen dänischen Metzgereien zum halben Preis von Rinderhackfleisch angeboten werden. Foto: Asger Ladefoged/Ritzau Scanpix

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Nachdem Pferdefleisch von vielen Menschen lange aus ethischen Gründen abgelehnt wurde, könnten in Zukunft wieder mehr Pferde zu Hackfleisch verarbeitet werden. Aufgrund großer Herausforderungen durch steigende Verbraucherpreise schließt auch ein Schlachter in Nordschleswig nicht aus, das meist günstigere Pferdefleisch in sein Sortiment aufzunehmen.

Häufig sind Pferde für Menschen Familienmitglieder. Rinder- und Schweinefleisch werden hingegen als Lebensmittel betrachtet. Das Interesse an Pferdefleisch könnte nun jedoch auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern angesichts der steigenden Inflationsrate und Verbraucherpreise zunehmen.

Pferdefleisch verkauft sich wie warme Semmeln

Ein Schlachtermeister aus Hedensted im südöstlichen Jütland ist bereits vor ein paar Wochen das Risiko eingegangen, neben Rinderhack gehacktes Pferdefleisch ins Sortiment wiederaufzunehmen – und dies mit Erfolg, wie er „TV Syd“ berichtet.

„Ich habe doppelt so viel Pferdefleisch verkauft wie Rindfleisch. Wenn Leute zu uns kommen, um ein halbes Kilo Rinder-Hackfleisch zu kaufen, dann aber sehen, dass das Pferdefleisch günstiger ist, dann nehmen sie stattdessen dieses“, erzählt Schlachter Dennis Ladegård laut „TV Syd“. Das Pferdefleisch bietet der Schlachtermeister zum halben Preis des Rinder-Hackfleischs an – einen Unterschied könne man ihm zufolge kaum herausschmecken.

Schlachterei in Toftlund: „Alles muss erwägt werden“

Auch in Nordschleswig ist die aktuelle Lage in vielen Schlachtereien wegen der hohen Inflationsrate angespannt, wie Schlachtermeister Bjarne Kastrup von der Traditionsschlachterei „Slagter Popp“ in Toftlund berichtet. Das Aufnehmen von Pferdefleisch in das eigene Angebot sei deshalb auch hier nicht auszuschließen.

„Das ist schrecklich, was gerade passiert. Allein im vergangenen Monat sind 30 Bäckereien und 10 Schlachtereien in Dänemark in Konkurs gegangen. Den Politikern sind wir egal. Die kämpfen nur für ihren eigenen kleinen Sitz im Folketing und für ihr Gehalt. Wir haben noch kein Pferdefleisch bei uns, aber in diesen Zeiten muss alles in Erwägung gezogen werden“, meint Bjarne.

Die steigenden Verbraucherpreise scheinen Pferdefleisch wieder begehrter zu machen. Foto: Morten Juhl/Ritzau Scanpix

Bjarne zufolge sei die eigene Schlachterei bisher in Anbetracht der Umstände gut durch die letzten Monate gekommen, auch wenn die Einnahmen teilweise nicht mehr so hoch wie noch vor wenigen Monaten sind.

Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen die Preise etwas anheben, um zu überleben.

Bjarne Kastrup, Schlachtermeister in Toftlund

„Ich habe das Gefühl, dass uns an manchen Tagen vielleicht 1.000 Kronen in der Kasse fehlen. Noch sind wir nicht so sehr betroffen, aber ich wage keine Prognose für die Zukunft“, sagt Bjarne, nach dessen Angaben Veränderungen beim eigenen Verkaufsangebot aber bereits notwendig seien. Die Preise für Fleischwaren mussten in der Schlachterei in Toftlund wegen der steigenden Rohstoff- und Strompreise etwas angehoben werden. Dennoch stärkt die Lokalbevölkerung Bjarne und dessen Team weiter den Rücken.

„Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen die Preise etwas anheben, um zu überleben. Wir haben aber dennoch mehrfach von Kundinnen und Kunden den Satz gehört, dass wir uns in Dänemark glücklich schätzen können, hier keinen Krieg zu haben. Diese Personen sind gerne dazu bereit, ein wenig mehr zu bezahlen und scheinen sich darüber im Klaren zu sein, wie wichtig es ist, die kleinen lokalen Supermärkte, Bäckereien und Schlachtereien zu unterstützen, damit diese überleben können“, so Bjarne.

Bereitschaft zur Anpassung wichtig

Um ausreichend Umsatz zu machen hat sich die Traditionsschlachterei aus Toftlund zudem dafür entschieden, Waren zukünftig auch online anzubieten und in ganz Dänemark zu verschicken.

„Das Jammern hilft uns nichts. Wir müssen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Der Schlachter aus dem Beitrag von „TV Syd“ hat eine Idee gehabt, wie er etwas verändern kann. Häufig muss man eine Nische finden, um zu überleben. Das kann Pferdefleisch sein. Und letztlich entscheiden die Menschen dann ja freiwillig, ob sie das Pferdefleisch kaufen wollen oder nicht“, meint Bjarne.

Wenn ein Interesse an Pferdefleisch besteht, werden wir uns auch überlegen, das zukünftig anzubieten.

Bjarne Kastrup, Schlachtermeister in Toftlund

„Pferde sind für viele Menschen wie Haustiere“

Dass das Pferdefleisch viele Jahre nicht auf den Tellern der meisten dänischen Familien zu finden war, hat laut dem Schlachtermeister aus Toftlund den Grund, dass viele Menschen ein anderes Verhältnis zu Pferden als beispielsweise zu Schweinen oder Rindern haben.

„Stell dir vor, deine Tochter ist gerade auf einem Pony mit dem Namen Lotte geritten. Dann erzählst du ihr, dass Lotte geschlachtet wurde und dass es das Fleisch zum Abendessen gibt. Pferde sind nun einmal für viele Menschen wie Haustiere. Und wir essen ja auch keine Hunde in Dänemark. Wenn aber ein Interesse an Pferdefleisch besteht, werden wir uns auch überlegen, das zukünftig anzubieten“, so Bjarne.

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