Finanzen

Corona: Minderheit kommt mit einem blauen Auge davon

Corona: Minderheit kommt mit einem blauen Auge davon

Corona: Minderheit kommt mit einem blauen Auge davon

Nordschleswig/Sønderjylland
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Auf dem Knivsberg war 2020 nicht viel los. Viele Buchungen wurden storniert, und Veranstaltungen – wie das Knivsbergfest (hier 2019) – mussten abgesagt werden. Das macht sich auch bei den Finanzen bemerkbar. Foto: Karin Riggelsen

Die Corona-Pandemie beeinflusst die Finanzen der deutschen Minderheit. Dem Sozialdienst, Jugendverband und „Nordschleswiger“ fehlen Einnahmen in Millionenhöhe. Minus kann aber durch Einsparungen aufgefangen werden.

Die deutsche Minderheit scheint im Haushaltsjahr 2020 mit einem blauen Auge davonzukommen. Zwar gibt es in einigen Verbänden im laufenden Betrieb finanzielle Einbußen durch das Coronavirus, doch andere Minderheiten-Organisationen können auf dem „Corona-Konto“ auch Einsparungen verbuchen.

Insgesamt rechnen die Verbände in der Minderheit in diesem Geschäftsjahr mit einem Plus von 11.000 Kronen – und das bei einem Gesamtvolumen in Höhe von mehr als 350 Millionen Kronen.


Noch ist die Minderheit aber nicht aus dem Schneider, haben die Verantwortlichen am Dienstagabend bei der Hauptvorstandssitzung des Bundes Deutscher Nordschleswiger im Apenrade (Aabenraa) festgestellt, denn die bisherigen Zahlen decken das Geschäftsjahr bis einschließlich September ab. Durch die Corona-Maßnahmen der Regierung müsse in den vergangenen drei Monaten des Jahres aber mit weiteren Kosten oder Einnahmeneinbußen durch das Coronavirus gerechnet werden.

Absagen auf dem Knivsberg

Am deutlichsten wird dies durch das Beispiel am Deutschen Jugendverband für Nordschleswig. Durch die Corona-Pandemie sind viele Aufenthalte in der Bildungsstätte Knivsberg abgesagt worden. Dadurch fehlen dem Jugendverband in den ersten neun Monaten des Jahres Einnahmen in Höhe von 1,35 Millionen Kronen.

Allerdings hat der Jugendverband selbst über eine halbe Million Kronen gespart, weil das Knivsbergfest abgesagt werden musste. Das Gleiche gilt für andere Veranstaltungen und Aktivitäten im Verband.

„Unser Haushalt ist auf den Kopf gestellt worden“, sagt der Vorsitzende des Deutschen Jugendverbandes, Jasper Andresen. Dennoch sieht das gesammelte Ergebnis für 2020 bei einem erwarteten Minus in Höhe von 45.000 Kronen noch gut aus. Nachdem das Versammlungsverbot nun aber schon ab zehn Personen gelte, seien allerdings die restlichen Buchungen beim Jugendverband eingebrochen.


„Wir wissen noch nicht, welche Konsequenzen Corona auf unseren Haushalt in diesem und im nächsten Jahr haben wird“, sagte Andresen.

Der Jugendverband-Haushalt beläuft sich jährlich auf etwa 11 Millionen Kronen.

Am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig wird in diesen Jahren gut gewirtschaftet – trotz Corona. Foto: Karin Riggelsen

Sechs Stellen weniger beim DSSV

Ungewiss ist auch die Lage beim Deutschen Schul- und Sprachverein für Nordschleswig, der die Schulen und Kindergärten der Minderheit betreibt. Hier wird für 2020 mit einem ausgeglichenen Jahresabschluss gerechnet, aber es bahnen sich für das kommende Jahr Probleme an.


Bisher, so der DSSV-Vorsitzende Welm Friedrichsen, seien die Zuschüsse von dänischer Seite laufend gestiegen, doch für 2021 gibt es keine Erhöhung der Pro-Kopf-Zuschüsse für Schüler.


„Nur dort, wo die Schüler-Zahlen gestiegen sind, werden wir Mehreinnahmen haben“, erklärte Friedrichsen. Dabei würden die Personalausgaben 2021 auf dem gleichen Stand bleiben, obwohl der DSSV sechs Stellen gestrichen hat.


Die Kindergartenarbeit ist von den Einsparungen ausgenommen, da die deutschen Einrichtungen ähnlich aufgestellt sind wie die dänischen Kindergärten.


„Dass wir dennoch einen ausgewogenen Haushalt für die Jahre 2020 bis 2022 haben, hängt unter anderem damit zusammen, dass das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig sehr effizient arbeitet und den DSSV insgesamt vor einem Minus bewahrt“, sagte Welm Friedrichsen.


Der DSSV hat in der Minderheit den größten Haushalt mit einem Volumen in Höhe von 239 Millionen Kronen.

Das Haus Quickborn in Kollund erlebt viele Stornierungen und Absagen in Verbindung mit der Corona-Pandemie. Foto: Sara Wasmund

BDN macht mehr für die IT

Der Bund Deutscher Nordschleswiger selbst rechnet in diesem Jahr mit einem Plus von 176.000 Kronen, was vor allem damit zusammenhängt, dass viele Veranstaltungen abgesagt werden mussten und daher Geld gespart werden konnte.

In den kommenden Jahren steigen aber unter anderem die IT-Ausgaben des BDN, der eine Reihe von Lösungen für die übrigen Verbände in der Minderheit löst. Dafür bewilligte der Hauptvorstand des BDN in den kommenden Jahren einen Extra-Zuschuss in Höhe von mehr als 200.000 Kronen jährlich.


Auch für den Einsatz der Schleswigschen Partei bewilligte der Hauptvorstand Extra-Geld in den kommenden Jahren. Der Betriebshaushalt des BDN beläuft sich auf etwa 19 Millionen Kronen.

Wir merken aber die Verunsicherung auf deutscher Seite deutlich: Durch Corona und Grenzschließungen halten sich die deutschen Eltern damit zurück, ihre Kinder über die Grenze zu uns zu schicken.

Johann Andresen, Vorsitzender des Volkshochschulvereins (Deutsche Nachschule Tingleff)

Corona trifft Sozialdienst und „Nordschleswiger“

Der Sozialdienst Nordschleswig war ähnlich wie der Jugendverband von den Corona-Maßnahmen der Regierung betroffen. Das Haus Quickborn hat hohe Einbußen bei fehlenden Buchungen gehabt, doch der Sozialdienst kommt ebenfalls noch mit einem blauen Auge davon – und macht durch Einsparungen und Spenden ein Plus in Höhe von 130.000 Kronen – und das bei einem Gesamthaushalt von ca. 9 Millionen Kronen.


Vom Coronavirus betroffen ist auch „Der Nordschleswiger“, erklärt die Pressevereinsvorsitzende Elin Marquardsen. Hier schlagen vor allem Einnahmeeinbußen bei den Anzeigen zu Buche: 450.000 Kronen fehlen auf diesem Konto, und das ist auch in etwa das Defizit, mit dem das Medienhaus für 2020 rechnet.

Allerdings wird noch mit einigen Zuschüssen von der Medienförderung und als Kompensation für die Anzeigenverluste in Höhe von etwa 200.000 Kronen gerechnet, was den Unterschuss geringer ausfallen lassen würde. Der Gesamthaushalt des „Nordschleswigers“ beläuft sich auf etwa 28 Millionen Kronen.

Ruderer durften kaum aufs Wasser

Der Nordschleswigsche Ruder-Verband ist von den Corona-Restriktionen hart getroffen worden, was die Menge der Veranstaltungen angeht: Es sind kaum Regatten durchgeführt worden. Doch die finanzielle Lage ist unverändert und balanciert bei einem Haushalt in Höhe von 1,2 Millionen Kronen.


Mit einer „runden Null“ rechnet auch der Verband Deutscher Büchereien in Nordschleswig für 2020. Verschiedene Corona-Maßnahmen haben die Büchereien zwar zu Ausgaben gezwungen, dafür wurde aber vor allem im kulturellen Bereich gespart, weil Veranstaltungen ausfallen mussten. Der Haushalt der Büchereien beläuft sich auf 12,5 Millionen Kronen.

Durch Grenzschließungen und Corona fallen an der Deutschen Nachschule Tingleff die Schülerzahlen von deutscher Seite. Foto: Karin Riggelsen (Archiv)

Plus durch Zuschüsse

Mit einem Plus in Höhe von etwa 200.000 Kronen wird der Volkshochschulverein (Nachschule Tingleff) abschließen. Zwar hat die Schule aufgrund von Corona weniger Schüler aus Deutschland, doch die Nachschulen in Dänemark werden 2020 und 2021 (bis ins Frühjahr) kompensiert, und dadurch kommt die Nachschule in Tingleff mit einem blauen Auge davon.


„Wir merken aber die Verunsicherung auf deutscher Seite deutlich: Durch Corona und Grenzschließungen halten sich die deutschen Eltern damit zurück, ihre Kinder über die Grenze zu uns zu schicken“, sagte Johann Andresen, Vorsitzender des Volkshochschulvereins.


Schließlich fehlen auch der Sporthalle Tingleff Einnahmen, dadurch dass die sportlichen Aktivitäten während der Corona-Pandemie reduziert worden sind. Bei einem Haushalt von knapp 3 Millionen Kronen fehlen der Halle aufgrund von Einsparungen derzeit allerdings nur etwa 11.000 Kronen.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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