Kommentar

„Das ist also der Deutsche Tag“

Das ist also der Deutsche Tag

Das ist also der Deutsche Tag

Tingleff/Tinglev
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Für die deutsche Minderheit in Dänemark gehört der „Deutsche Tag“ zu den Traditionsveranstaltungen. Der neue Praktikant beim Nordschleswiger, Jakob Münz, konnte sich zunächst noch nicht so viel darunter vorstellen. Wie er den Deutschen Tag erlebt hat.

Ein wenig überrascht bin ich schon, als ich am Sonnabendmittag die Sporthalle in Tingleff (Tinglev) betrete. Denn die Halle wirkt gerade eher wie ein großer Bankettsaal und nicht wie ein Ort, an dem Handball gespielt oder geturnt wird. Lange, gedeckte Tische stehen vor einer Bühne und überall sitzen festlich gekleidete Leute. Darum ist allein schon aufgrund der Kleiderwahl an Sport gar nicht zu denken. 

Natürlich nicht ohne Grund. Heute wird der Deutsche Tag gefeiert. Für alle anderen hier in der Halle ein alljährliches Ritual. Ich kann bisher noch recht wenig damit anfangen. Am Tag zuvor war mein erster Tag als Praktikant beim „Nordschleswiger“ und ich hatte bisher nur wenige Berührungspunkte mit der deutschen Minderheit hier in Dänemark.

Erste positive Erfahrungen kann ich aber gleich sammeln: Es gibt große Behälter, voll mit leckerer Suppe. Das macht den Tag sofort viel besser. Auch wenn ich noch nicht viel weiß über den Deutschen Tag, merke ich doch recht schnell, dass der heutige Tag sehr bedeutend für die deutsche Minderheit ist. Das merkt man auch an den extra für heute angereisten Gästen. Von der Vizepräsidentin des Landtages Schleswig-Holstein bis hin zum deutschen Botschafter aus Kopenhagen ist durchaus Prominenz vertreten.

Einzige Frau unter Rednern

Das lassen auch die Rednerinnen und Redner vorne auf der Bühne das Publikum nicht vergessen. So dauern die Begrüßungen der einzelnen Gäste gefühlt länger, als die restliche Rede. Erfrischend kurz und bündig begrüßt die Vizepräsidentin des Landtages, Annabell Krämer, dagegen die Gäste mit einem schlichten: „Liebe alle“. Leider ist sie die einzige Frau, die heute eine Rede hält, von insgesamt neun Personen. Ein wenig mehr Balance würde hier bestimmt nicht schaden.

Ganz folgen kann ich bei vielen Themen noch nicht, vor allem als der Bürgermeister von Hadersleben seine gesamte Rede auf Dänisch hält. Meine Dänisch-Kenntnisse beschränken sich im Moment noch auf „hej“ und „jeg“, aber das wird sich hoffentlich bald ändern. Alle anderen halten ihre Rede auf Deutsch, und das obwohl manche von ihnen keine Muttersprachler sind – das ist auch nicht selbstverständlich. 

Auf jeden Fall scheinen Brücken heute das bestimmende Thema zu sein. Sowohl die realen, als auch die metaphorischen. Ganz nach dem Motto des Tages: „Wir bauen Brücken“. Die Rednerinnen und Redner geben sich Mühe, nicht allzu trocken zu reden. Da bin ich aus Deutschland Schlimmeres gewohnt. Sogar der ein oder andere Witz schleicht sich ab und an unter das Gesagte, zu meiner Freude auch auf Kosten von Donald Trump.

Bei der Torte hört der Spaß auf

Einer, wenn nicht sogar der Höhepunkt des Tages, scheint für viele der Anwesenden die Torte am Nachmittag zu sein. Umso enttäuschter schaut einer meiner Kollegen, als ein Teil der Torte auf einmal abgeräumt wird, bevor er ein zweites Stück bekommen kann. Zum Glück findet er am anderen Ende des Tisches noch Nachschub.

Kurz vor dem Ende der Veranstaltung tritt die Jugendband „sihav“ auf. Die Musik gefällt mir richtig gut, schade ist nur, dass die Technik die Band ein wenig im Stich lässt und der Gesang leider viel leiser über die Lautsprecher ausgespielt wird, als die Musik. Es ist ein wilder Kontrast, wie die Band ihre sehr laute, rockige Musik vor den vielen in Schale geworfenen Leuten spielt, die eher so aussehen, als würden sie zu Mozart tanzen wollen, als zu „sihav“. Aber letztendlich scheint das Publikum Gefallen an der Musik zu finden.

Womit auch sonst, wenn nicht mit der deutschen Nationalhymne, geht der heutige Festtag zu Ende. Ich für meinen Teil finde es gibt schmissigere Musik, aber thematisch passt die Liederwahl wohl. 

Für einen Außenstehenden wie mich, ist es nicht ganz einfach sich sofort zu Recht zu finden auf einem Festtag wie diesem, aber einige Dinge haben mich schonmal überzeugt, allen voran natürlich die Suppe.

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Marle Liebelt Hauptredaktion
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