Falsled Kro
Randi Schmidt schaukelt die Wiege der dänischen Gastronomie
Randi Schmidt schaukelt die Wiege der dänischen Gastronomie
Randi Schmidt schaukelt die Wiege der dänischen Gastronomie
Die Deutsch-Nordschleswigerin leitet seit zehn Jahren den Falsled Kro auf Fünen. Ihre Wurzeln hat sie aber immer noch in der Minderheit.
Der Kontrast kann fast nicht größer sein, wenn man von der viel befahrenen Autobahn E20 über Fünen abbiegt und sich Richtung Südfünen bewegt. Schon nach wenigen Hundert Metern heißt es Tempo 60 (oder weniger), und so geht es gefühlt im Schritttempo durch die südfünsche Märchenlandschaft. Bis ans Wasser nach Falsled, dieses kleine 700-Seelen-Dorf, das seit nunmehr 50 Jahren eine der größten Attraktionen der Insel beheimatet: den Falsled Kro – die Wiege der dänischen Gastronomie. Hier mitten im beschaulichen Ortskern hat eine Nordschleswigerin den Taktstock in der Hand. Randi Schmidt aus Süderballig ist seit zehn Jahren Direktorin – bis vor zwei Jahren gemeinsam mit ihrem Ehemann Per Hallundbæk, doch seitdem sich das Paar getrennt hat, leitet sie die Geschäfte allein mit ihrem Team.
Der Falsled Kro hat einen ikonischen Status in der dänischen Gastronomie, seitdem die Familie Grønlykke aus dem traditionellen Krug einen kulinarischen Tempel machte. Die französischen Küchenchefs Michel Michaud und Jean-Louis Lieffroy setzten die französische Küche nicht nur auf die Menükarte, sondern auch auf die gastronomische Tagesordnung und prägten so über Jahrzehnte die Entwicklung der dänischen Spitzenküche. Köche wie Jens Peter Kolbeck und Christian Bind haben auch hier gearbeitet, denn im Falsled gab es seit jeher immer nur das Beste vom Besten.
2009 wurden Randi Schmidt und ihr Mann Per Hallundbæk schließlich gefragt, ob sie Falsled Kro übernehmen wollten. Sie hatten im Engø Gård südlich von Oslo neun Jahre lang unter anderem für die norwegische Königsfamilie gekocht und sich dort einen Namen gemacht. Nun sollten sie von Lieffroy übernehmen, der 37 Jahre lang als Küchengott von Falsled galt.
Große Portion Ehrfurcht
„Das war schon mit einem mulmigen Gefühl im Bauch und einer großen Portion Ehrfurcht verbunden“, erzählt Randi Schmidt an einem grauen und stillen Wintertag, der nur erahnen lässt, wie schön es hier im Sommer ist. Dafür umarmt die Gemütlichkeit im Kaminzimmer den schreibenden Gast. Randi Schmidt und Per Hallundbæk übernahmen den Krug 2009 zu Beginn der Finanzkrise, und so wurde das erste Jahr zu einer echten Herausforderung, denn nicht alle Stammgäste konnten sich an den neuen Stil gewöhnen. „Es kamen zum Glück aber auch neue Gäste hinzu, und wir haben über die Jahre immer wieder Veränderungen vorgenommen – ganz behutsam. Das machen wir heute noch so, denn unsere Gäste kommen hierher, weil sie ganz bestimmte Erwartungen an Falsled Kro haben. Deshalb suchen wir die Balance zwischen Traditionen und dem Geist des Hauses auf der einen Seite und einer Weiterentwicklung und Modernisierung des Hauses auf der anderen“, sagt Randi Schmidt.
Apropos Haus: Der Krug ist aus dem 16. Jahrhundert und steht unter Denkmalschutz und ist somit eigentlich nicht als Gourmetarbeitsplatz eingerichtet. Drei Küchen (die eigene Konditorei erreicht man über einen kleinen Hof) bedeuten viele extra Arbeitsgänge für Küchen- und Servicepersonal. Das Gleiche gilt für die 19 Zimmer, die über Treppen und Terrassen zu erreichen sind. „Das bedeutet richtig viel Arbeit für unser Personal, ist aber gleichzeitig der Charme dieses Hauses“, sagt die 43-jährige Hotelmanagerin.
Falsled-Luxus
Die Gäste erhalten im Falsled Kro einen Luxus der ganz besonderen Art. Keine Klimaanlage, aber dafür geschmackvoll und stilvoll eingerichtete Zimmer – zum Teil mit eigenem Garten und Kamin im Zimmer. Und auch das Essen ist eine Klasse für sich auf Fünen. Eigentlich gilt die Küche von Kasper Hasse seit einigen Jahren schon als Geheimtipp für einen Michelinstern, doch der blieb bisher aus. Auch als Montag wieder Sterne verteilt wurden. Der Gourmetexperte Søren Frank versichert aber, dass Gäste im Falsled genauso gut bekocht werden wie zum Beispiel im Zwei-Sterne-Restaurant Henne Kirkeby Kro.
Ein Aufenthalt im Falsled Kro ist eine kostspielige Angelegenheit, „aber es ist heute nicht nur für reiche Menschen“, unterstreicht Randi Schmidt. „Wir merken, dass die Gastronomie in Dänemark sich in den vergangenen Jahren sehr entwickelt hat. Unsere Gäste sind jünger geworden, und viele sparen ihr Geld zusammen, um hier um ein Erlebnis reicher zu werden. Hier kosten der Aufenthalt und das Essen zwar etwas mehr als anderswo, aber es darf sich für den Gast nicht teuer anfühlen.“
Obst, Gemüse und Kräuter gibt es zum Teil aus dem eigenen Garten oder aus der Gegend, die für ihre grüne Küche bekannt ist. „Wir versuchen, so weit wie möglich lokale Produkte einzusetzen, aber es ist nicht immer möglich“, erklärt Randi Schmidt. Um dennoch mehr lokale Produkte der besten Qualität nutzen zu können, haben neun Restaurants die Interessengemeinschaft „Gastro Fyn“ gebildet – unter anderem mit Per Hallundbæk – um die örtliche Herstellung von Lebensmitteln zu fördern und weiterzuentwickeln.
Liebt die Ruhe auf Südfünen
Randi Schmidt liebt die Ruhe auf Südfünen und die Verbundenheit zur Gegend. Ihre Wurzeln hat sie dennoch weiterhin in Nordschleswig, wo sie so oft wie möglich ihre Familie oder ihren Freund besucht. „Nordschleswig bedeutet mir sehr viel. Das merkt man erst richtig, wenn man weit weg war. Dann sieht man mit anderen Augen und mit etwas Abstand auf die Dinge. Zugegeben, damals in Hadersleben war es schwierig, damit umzugehen ,Halbdeutsche‘ zu sein. Aber heute sehe ich das ganz anders. Die Zweisprachigkeit ist ein großer Vorteil in meinem Berufsleben gewesen, und ich bin stolz, in der Minderheit aufgewachsen zu sein. Ich habe Werte mitbekommen, die in meinem Leben und in meiner Beschäftigung wichtig sind“, sagt Randi Schmidt. „Ich kann nicht genau sagen, ob es der elterliche Einfluss, die deutsche Schule oder Nordschleswig allgemein ist, aber ich habe eine gute Arbeitsmoral erhalten und dazu auch das Verständnis für Respekt, Regeln und Routinen, die für meine Branche so wichtig sind.“
Die Hoteldirektorin wünscht sich, dass mehr junge Leute zweisprachig aufwachsen. „In einer Gegend wie Fünen oder Nordschleswig, wo wir viele Touristen haben, ist das einfach notwendig. Viele deutsche Gäste erwarten einfach, dass sie sich auf Deutsch verständlich machen können“, sagt sie. Für Randi Schmidt ist die Arbeit im Falsled Kro mehr als nur ein Job. Es ist ein Lebensstil. „Man darf nicht Stunden zählen oder seinen Stundenlohn ausrechnen. Ich habe letztendlich die Verantwortung für alles im Falsled Kro – auch wenn ich ein gutes Team habe – und damit ist sehr viel Arbeit verbunden“, sagt Randi Schmidt.
Mehr als ein Job
Sie macht die Dienstpläne für die 37 festangestellten Mitarbeiter (in der Saison sind es bis zu 70 Kräfte), plant Veranstaltungen, hat die finanzielle Verantwortung, sorgt dafür, dass der hohe Standard bis in jede Einzelheit jederzeit eingehalten wird und macht auch den einen oder anderen Dienst bei größeren Feiern im Haus – oder falls Bedarf ist.
„Ich werde heute weniger im Restaurant oder im Empfang gebraucht als früher, was auch gut ist, denn geschäftlich steht viel mehr an. Früher habe ich mir die Arbeit mit meinem Mann geteilt, doch heute landet alles auf meinem Schreibtisch“, sagt Randi Schmidt.
„Ich bin aber nicht die Einzige, die viel arbeitet. Unsere jungen Köche wollen auch am liebsten die ganze Zeit arbeiten, weil sie so passioniert sind. Manchmal müssen wir sie aber schon nach Hause schicken. Überhaupt nehmen wir heute in der Branche viel mehr Rücksicht auf unsere Mitarbeiter als früher. Das müssen wir, weil es ansonsten schwierig ist, die Stellen zu besetzen. Unsere Mitarbeiter haben auch Familie und Kinder und wollen an Wochenenden freihaben oder im Sommer Urlaub machen – auch wenn wir dann am meisten zu tun haben. Wenn ich gerade die Diskussionen über das Rentenalter verfolge, kann ich auch nur sagen, dass es auch in unserer Branche einen Verschleiß gibt. Deshalb müssen wir besser auf unsere Mitarbeiter aufpassen.“
Das gilt auch für Randi Schmidt selbst. „Ich kann zu Hause in meinem Häuschen im Wald richtig gut abschalten – oder beim Autofahren. Ich gehe auch gerne mal aus oder ins Kino oder verreise“, sagt Randi Schmidt. Denn auch das hat sie gelernt: „Es gibt immer was zu tun, und ich könnte ständig arbeiten. Aber man muss sich auch selber erzählen, dass jetzt gut ist und dass das Team auch ohne einen auskommt. Das ist bei einem so anspruchsvollen Job wie meinem notwendig. Ich möchte ja auch noch gerne viele Jahre in diesem Beruf weitermachen. Dann muss man auch auf sich aufpassen können.“