Neujahrstagung

Viele Minderheiten-Wünsche bleiben in Dänemark offen

Viele Minderheiten-Wünsche bleiben in Dänemark offen

Viele Minderheiten-Wünsche bleiben in Dänemark offen

Sankelmark
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Harro Hallmann unterhielt mit einem Quiz über die Sprachencharta Foto: Karin Riggelsen

Im Jahr 2020 wird auch 100 Jahre Minderheit gefeiert. Dass es hierzulande aller Freude über Frieden und Anerkennung zum Trotz noch jede Menge Nachholbedarf in Sachen Minderheiten gibt, machte Harro Hallman am Sonnabend in einem digitalen Experiment deutlich – das an einem deutsch-dänischen Unterschied fast scheiterte.

Sprachencharta

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat zum Ziel, dass Regional- oder Minderheitensprachen als ein einzigartiger Bestandteil des kulturellen Erbes Europas anerkannt werden. Sie setzt sich dafür ein, dass die Zusammengehörigkeit von regionalen Sprachminderheiten nicht durch politische Grenzen behindert wird.

Sie wurde am am 5. November 1992 vom Europarat gezeichnet. Dänemark ratifizierte sie am 8. September 2000, Deutschland am 16. September 1998. Quelle: Wikipedia

Die Unterschiede zwischen Deutschland und Dänemark, sie werden im Jahr 2020 nicht nur in der Art und Weise deutlich, unter welcher Überschrift jeweils 100 Jahren friedlicher Grenzziehung gedacht wird. Die Selbstverständlichkeit, mit der der in Dänemark heimische Harro Hallmann am Sonnabend davon ausging, dass das Kabellose Internet in einem deutschen Tagungszentrum im Januar 2020 reibungslos funktioniert, zeugt davon.

Der Kommunikationschef des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), dem Dachverband der deutschen Minderheit in Dänemark, neuerdings auch Leiter des Sekretariats der Minderheit in Kopenhagen, hatte anhand eines interaktiven Quiz auf die mannigfaltigen Herausforderungen aufmerksam machen wollen, der die deutsche Minderheit auch 2020 noch in Dänemark gegenübersteht.

Doch der digitale Fortschritt, er ist in Sankelmark, nur wenige Autominuten südlich der dänischen Grenze, noch nicht vollumfänglich angekommen. Auch das Umschalten von W-Lan auf das in der schleswig-holsteinischen Provinz dünne Mobilfunknetz half nicht viel. Hallmann musste das Quiz weitgehend ohne Beteiligung des Publikums lösen, das kopfschüttelnd erst auf seine Smartphones starrte, um sich dann Hallmann zuzuwenden, der das Malheur wortgewandt wettmachte.

Nur wenigen gelang die Teilnahme am interaktiven Quiz Foto: Karin Riggelsen

 

Sprachencharta wird hinten und vorne nicht erfüllt

Mitraten ging ja irgendwie auch ohne Smartphone und interessant und unterhaltsam genug waren die zehn Punkte, die Hallmann „abfragte“, auch ohne Aussicht auf den Hauptgewinn – eine Flasche Wein.

Die Zuhörer, ob sie nun mitrieten oder nicht, erfuhren unter anderem, dass der Europarat dafür zuständig ist, dass die Minderheitensprachen in Europa geschützt werden – nicht die EU. Sie erfuhren, dass Rumänien weitaus mehr Punkte der Sprachencharta umgesetzt hat als Dänemark, und dass der BDN es aufgegeben hat, sein von Dänemark ratifiziertes Recht auf deutschsprachige Radio- und Fernsehsender oder zumindest -sendungen einzufordern – weil dies höchstens auf EU-Ebene durchsetzbar wäre – die EU sich aber (noch) nicht für die Minderheiten in Europa zuständig sieht.

Schilder machen noch immer Sorgen

Hallmann nutzte die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass drei von vier Kommunen in Nordschleswig keine deutschsprachigen Ansprechpartner für Bürger bereitstellen, obwohl Dänemark sich dazu verpflichtet hat. Von den beiden zweisprachigen Hinweisschildern an der Autobahn E45 ist eines dem Einsatz eines Historikers zu verdanken – das andere, das auf den Knivsberg hinweist, habe die Minderheit selbst bezahlen müssen – und das nach zehnjährigem Einsatz politischer und juristischer Natur.

Als das Schild stand, habe es lediglich einen Einwand gegeben, ein Lokalpolitiker habe seinen Unmaut über die Zweisprachigkeit geäußert. „Wir haben ihm geantwortet, dass wir aber doch fanden, dass es auch auf Dänisch sein sollte“, scherzte Hallmann.

Er ging auf viele weitere „ungelöste Fälle“ der Minderheitenpolitik ein – wie den Umstand, dass Dänemark das einzige ihm bekannte Land in Europa sei, dass keine zweisprachigen Ortsschilder zulasse. „Gerade das Jahr 2020 ist doch ein guter Anlass, zweisprachige Ortsschilder aufzustellen – nämlich als Geschenk zu unserem Geburtstag“, so Hallmann.

Oder den Umstand, dass das Projekt zur Unterstützung des Deutschunterrichtes an deutschen Schulen, „Grenzgenial“, das vom „Nordschleswiger“ umgesetzt und laut Deutschlehrerverband ein großer Erfolg wurde, nach einem Jahr nicht weiter finanziert wurde – obwohl es eine Initiative der Regierung war.

„Wir hoffen, dass der neue Sekretariatsleiter in Kopenhagen da was macht“, brachte Hallmann das Publikum erneut zum Lachen – in Anspielung auf seine eigene neue Doppelfunktion.

Den Wein gewann übrigens Carsten Leth Schmidt. Der Vorsitzende der Schleswigschen Partei hatte als einziger alle Fragen richtig beantwortet. Dass er möglicherweise auch der einzige war, der ob des schlechten Empfangs überhaupt teilgenommen hatte, tat dem Applaus für ihn und für die unterhaltsame Quizshow Hallmanns keinen Abbruch.

 

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