Neujahrstagung

Von Afrika nach Apenrade

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Von Afrika nach Apenrade

Nordschleswig/Sønderjylland
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Zahnärztin Nanna Jürgensen berichtete in Sankelmark über ihre Karriere. Foto: Karin Riggelsen

Bei der Neujahrstagung der deutschen Minderheit hat es Tradition, dass Nordschleswiger ihre Lebensgeschichte erzählen. 2020 stand die gebürtige Haderslebenerin Nanna Jürgensen am Rednerpult.

Nanna Jürgensen wohnt im beschaulichen Apenrade, arbeitet bei der kommunalen Zahnpflege in Sonderburg in einer leitenden Stelle und ist in Hadersleben geboren und aufgewachsen. Doch zwischen diesen Stationen in Nordschleswig reiste sie mit ihrer Familie durch die Welt, hat in Ghana und Laos gelebt und bereiste für die Weltgesundheitsorganisation WHO ganz Asien und Afrika.

„Nordschleswig war immer meine Heimat, aber nicht immer mein Zuhause“, sagte die 54-Jährige Freitag in der Akademie Sankelmark bei der Neujahrstagung der deutschen Minderheit in Nordschleswig. Hier berichtete sie über ihre ungewöhnliche Karriere. Nach dem Abitur 1984 am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig reiste sie für ein Jahr nach Schottland, um in Edinburgh in einem Krankenhaus zu arbeiten. Danach ließ sie sich in Kopenhagen zur Krankenschwester ausbilden und studierte danach Zahnmedizin.

Nächste Station Laos

Zwar studierte sie nebenbei auch Tropenmedizin, doch mit ihrem Mann Anders, der Tropenwaldexperte ist, landete sie zunächst in Hampen in Mitteljütland. Dort war der Südschleswiger Förster, bis das Reisefieber sie packte. Über einen Job bei der dänischen Hilfsorganisation Danida landete das Paar mit der ersten Tochter in Laos. „Wir zogen mit einem Kind dorthin und kehrten mit drei Kindern zurück“, lachte Nanna Jürgensen, die ihre Tochter Siri (20) in Sankelmark dabeihatte – zur Familie gehören außerdem noch Johanna (23) und Thea (6).

Nach dem Mutterschutz in Laos erhielt Nanna Jürgensen eine Stelle im Landesbüro der WHO und leistete dort technischen Beistand für die Gesundheitsbehörde beim Aufbau von Programmen und der Qualitätssicherung. Unter anderem spezialisierte sie sich in der Bekämpfung des Denguefiebers.

„Laos hatte damals massive Probleme mit Kindersterblichkeit, Müttersterblichkeit und Epidemien“, berichtete Jürgensen. Die ärztliche Versorgung in dem kommunistischen Land war auch problematisch: Angehörige von Patienten mussten Utensilien für die Behandlung, zum Beispiel Spritzen, selbst besorgen, nebst Medizin, Verbandsmaterial, einer eigenen Matratze fürs Hospital – und auch die Pflege und das Essen mussten Angehörige zubereiten.

Nanna Jürgensen bei der Neujahrstagung in Sankelmark Foto: Karin Riggelsen

Zurück nach Dänemark

Um in Dänemark nicht den Anschluss zu verlieren, kehrte die Familie 2004 aus Laos nach Nordschleswig zurück. Nanna Jürgensen arbeitete als Zahnärztin in Apenrade und schrieb nebenbei ihre Doktorarbeit.

Nach vier Jahren bekam ihr Mann eine Stelle in Ghana angeboten, und die Familie aus dem deutsch-dänischen Grenzland packte wieder ihre Koffer. In Westafrika arbeitete Nanna Jürgensen wieder für die WHO in einer von der Universität Kopenhagen finanzierten Stelle. Als Expertin reiste sie durch Asien und Afrika.

2013 erfolgte die Rückkehr nach Apenrade. Während ihr Mann zunächst in die USA reiste, um für die Weltbank zu arbeiten, hat Nanna Jürgensen die Verantwortung für 40 Mitarbeiter in der kommunalen Zahnpflege in Sonderburg. Anders ist inzwischen aus den USA zurückgekehrt und arbeitet nun von zu Hause aus für die Weltbank.

Einblick in neue Kulturen

Ein solches Auslandsabenteuer gebe einen Einblick in Kulturen, die man sonst nicht erleben würde, so Jürgensen, aber es habe eben auch seine Schattenseiten, wenn man weit weg von der Familie und Freunden im Ausland lebt. „Aber es ist schon schön, sich nicht mit korrupten Polizisten herumschlagen zu müssen und Wasser im Hahn zu haben“, sagte sie.

Ob sie als zweisprachiges Kind der Minderheit etwas habe mitnehmen können in die weite Welt, wollte ein Zuhörer wissen?

„Vielleicht, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass es andere Kulturen gibt und dass diese gleichwertig sein können, obwohl sie verschieden sind und ihre Eigenarten haben“, sagte Nanna Jürgensen.

Neben ihrer Tätigkeit als Oberärztin in der Zahnpflege unterrichtet Nanna Jürgensen auch im Master-Studiengang „Offentlig ledelse“ an der Süddänischen Universität.

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