Vortrag

Das zerfetzte Glanzbild einer Minderheiten-Persönlichkeit

Das zerfetzte Glanzbild einer Minderheiten-Persönlichkeit

Das zerfetzte Glanzbild einer Minderheiten-Persönlichkeit

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Der 78-jährige Historiker Peter Hopp zwischen Prof. Dr. Oliver Auge (r.) von der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und Frank Lubowitz vom BDN Archiv/Historische Forschungsstelle Foto: Paul Sehstedt

Die deutsche Minderheit während und nach der NS-Zeit: Peter Hopp präsentierte seine Forschungsresultate über Pastor Johannes Schmidt-Wodder
. Dabei demontierte er dessen Legendenstatus in der Minderheit nachhaltig.

„Pastor Johannes Schmidt-Wodder war ein ritterlicher wahrer Nazi, der sich zum Nationalsozialismus bekannte, obwohl er nie Parteimitglied gewesen war“, erklärte Peter Hopp während seines Vortrags über „Das politische Engagement des Pastors Johannes Schmidt-Wodder nach 1920“. Einleitend machte der Referent darauf aufmerksam, dass sein Vortrag neues Wissen über Schmidt-Wodder umfasse und dass er dieses trotz der Anwesenheit von Nachfahren rückhaltlos vorlegen werde.

„Schmidt war ein großer Nazi, der den Terror als Mittel zur Machterlangung akzeptierte, aber andererseits Abstand vom brutalen Gehabe des NS nahm“, sagte Hopp. „Nach 1945 verstanden er und Hans Schmidt-Gorsblock nicht die Zeichen der Zeit und forderten in einem Appell an die dänische Regierung, dass die Zugehörigkeit zum Nationalsozialismus kein Makel sein durfte.“

Sowohl Schmidt-Wodder (1869-1959) als auch Schmidt-Gorsblock (1889-1982) gehörten zu den prägenden Figuren in der deutschen Minderheit. Schmidt-Wodder vertrat die 1920 gegründete Schleswigsche Partei (SP) bis 1939 im Folketing.

Weiter rechte Gesinnung

Nach 1945 machte er sich nur noch bemerkbar durch Schriften und Bücher. Hans Schmidt-Gorsblock, dessen Gesinnung laut Peter Hopp auch intensiv durchleuchtet werden müsse, war ein Heimatdichter, Lehrer und Landwirt aus dem erzkonservativen nationalistischen Lager, der unter anderem zeitweise Herausgeber des Deutschen Volkskalenders Nordschleswig war.

Er gehörte zu den Mitunterzeichnern des BDN-Gründungsdokuments, stand aber Schmidt-Wodders Gedankengut oft nahe. Er war 1950 der SP-Kandidat für die Folketingswahl und  forderte, dass der „Verbrecherstempel“ von den Verurteilten genommen werden müsse, und dass die Angriffe auf die „Ehre der Frontfreiwilligen“ aufhören sollten (T. Mayer). Peter Hopp demontierte den Legendenstatus Schmidt-Wodders in der Minderheit nachhaltig; die Zuhörer blieben mit einem zerfetzten Glanzbild einer Persönlichkeit zurück. Die anschließende Diskussionsrunde bestätigte, dass die Minderheit bis heute sehr begrenzt an der Aufarbeitung der Zeit von 1920 bis 1945 mitgewirkt hat und dass die Glanzbilder im Internetportal Nordschleswig Wiki noch immer veröffentlicht werden.

Der 78-jährige Historiker war Oberstudienrat in Mettendorf und davor Lehrbeauftragter an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel. Er hat sich rund 50 Jahre lang mit Schmidt-Wodder beschäftigt und seine Dissertation, die im kommenden Jahr in Buchform erscheinen soll, während einer Disputation am 25. November in Kiel verteidigt. „Und zwar mit Magna Cum Laude“, wie Prof. Dr. Oliver Auge von der CAU in seinem Vorwort im Haus Nordschleswig am Mittwochabend berichtete.

Veranstalter waren der Landesbeauftragte für Politische Bildung Schleswig-Holstein gemeinsam mit der Abteilung Regionalgeschichte der CAU, dem ADS-Grenzfriedensbund und dem BDN Archiv/Historische Forschungsstelle. Informationen zur Veranstaltungsreihe „Regional oder national? Sichtweisen auf 100 Jahre deutsch-dänische Grenze 1920-2020“ auf www.uni-kiel.de/veranstaltungen.

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