Kohlenhydrate, Fette und Proteine

Du bist, was du isst: Wie das Frühstück soziale Entscheidungen beeinflusst

Du bist, was du isst: Wie das Frühstück soziale Entscheidungen beeinflusst

Du bist, was du isst: Wie das Frühstück soziale Entscheidungen beeinflusst

Karen Bartel/shz.de
Flensburg
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Foto: Phil Hei/unsplash

Süß, deftig, eiweißreich oder kohlenhydrathaltig - beim Frühstück hat jeder seine eigenen Vorlieben. Wie sich diese auf das eigene Verhalten auswirken, erklärt ein Forscherteam der Universität Lübeck.

Es heißt ja oft, das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit. Dennoch lassen viele das Frühstücken ganz sein oder folgen dabei speziellen Ernährungstrends wie Low Carb. Dass es auch für das eigene Verhalten einen Unterschied macht, was man isst, hat nun ein Forscherteam der Universität zu Lübeck an einem konkreten Beispiel gezeigt. Hierzu wurden sozialpsychologische Tests mit medizinischen Analysemethoden kombiniert.

Auf die Makronährstoffe kommt es an

Makronährstoffe sind Bestandteil der Nahrung, aus denen der Körper Energie gewinnt. Dazu gehören Kohlenhydrate, Fette und Proteine, aus denen sich jede Mahlzeit unterschiedlich zusammensetzt. Diese Zusammensetzung ist dann für verschiedene Neurotransmitter, die dem Gehirn zur Verfügung stehen, verantwortlich. Das weiß die Wissenschaft bereits seit einigen Jahren. „Biochemische Prozesse beeinflussen unser Verhalten. Bislang hatten wir jedoch keine Erkenntnisse darüber, in welchem Maß diese nahrungsinduzierten Veränderungen bei den Botenstoffen im Gehirn auftreten und ob sie das Verhalten messbar verändern“, sagt Professor Sebastian Schmid, Leiter Endokrinologie, Diabetologie, Internistische Adipositasmedizin an der Universität zu Lübeck.

Nahrungszusammensetzung beeinflusst soziales Entscheidungsverhalten

Dabei geht es nicht nur um das Frühstück, sondern generell die Mahlzeiten, die man zu sich nimmt. Für die Studie wurde nur das Frühstück ausgewählt, da dieses auf nüchternen Magen erfolgt und somit die Ergebnisse nicht durch vorherige Mahlzeiten verfälscht werden können. Die Probandengruppe erhielt an verschiedenen Tagen zwei unterschiedlich zusammengesetzte Frühstücke: Einmal eine Zusammensetzung von 80 Prozent Kohlenhydrate und jeweils zehn Prozent Fett und Protein, beim zweiten Mal waren es 50 Prozent Kohlenhydrate und zu je 25 Prozent Fett und Protein. Die letzte Variante wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen.

Drei Stunden nach dem Frühstück wurden mit den Probanden neurokognitive Tests durchgeführt - darunter auch das folgende Spiel:

Ultimatum Game

Beim UG, einem Spiel für zwei Akteure, geht es darum, eine Geldsumme untereinander zu teilen. Dabei macht die eine Person einen Vorschlag, den die andere dann entweder akzeptieren oder ablehnen kann; geschieht letzteres, dann bekommt keiner der beiden etwas. Die Entscheidung hängt vor allem damit zusammen, ob das Angebot als „fair“ oder „unfair“ empfunden wird. Dieser Test ist in der Forschung sehr gut validiert, um Verhalten zu sozialer Gerechtigkeit zu testen und die individuelle Schwelle zu bestimmen, bei der ein Mensch lieber den Gegner und sich selbst bestraft (indem er selbst leer ausgeht), als sein Gegenüber mit einer Ungerechtigkeit davonkommen zu lassen.

„Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es einen Zusammenhang zwischen der Makronährstoffkomposition des Frühstücks und der Reaktion der Probanden auf unfaire Angebote gab“, fasst Schmid zusammen. So neigten die Probanden, die mehr Kohlenhydrate und weniger Proteine zu sich nahmen, eher dazu, Ungerechtigkeit abzulehnen. „Nach einem Frühstück mit hohem Kohlenhydratanteil waren die Probanden sehr viel empfindlicher gegenüber unfairen Angeboten als in der Versuchsbedingung mit einer ausgeglichenen Makronährstoffkomposition“.

Was bedeutet diese Theorie in der Praxis?

Professor Matthias Weber, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), zieht aus der Studie folgendes Fazit: „Wenn wir ableiten können, dass ein extrem unausgewogenes Verhältnis von Kohlenhydraten zu Proteinen in einer Mahlzeit direkt das Verhalten beeinflusst, dann sollte dem Thema ‚Ausgewogenheit der Nahrungszusammensetzung‘ mehr Gewicht beigemessen werden“. Das würde bedeuten, dass bestimmte Ernährungsweisen, wie Low Carb, zukünftig neu beziehungsweise anders auf den Prüfstand gestellt werden müssen.

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