Zeugenaussage

Täter raucht nach Messerattacke von Brokstedt eine Zigarette

Täter raucht nach Messerattacke von Brokstedt eine Zigarette

Täter raucht nach Messerattacke von Brokstedt eine Zigarette

dpa
Itzehoe (dpa/lno) -
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Akten liegen vor einem Prozess in einem Landgericht auf dem Tisch. Foto: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

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Die Fahrgäste fliehen bei der tödlichen Messerattacke im Regionalzug nach Brokstedt voll Panik vor dem Täter. Dieser aber raucht auf dem Bahnsteig ruhig eine Zigarette.

Im Mordprozess um die tödliche Messerattacke im Regionalzug in Brokstedt haben Fahrgäste das Verhalten des Angeklagten Ibrahim A. nach der Tat geschildert. Ein Finanzbeamter sagte am sechsten Verhandlungstag, der Mann habe ganz ruhig auf dem Bahnsteig gesessen und eine Zigarette geraucht. Ein Krankenpfleger, der auch im Zug saß und Ibrahim A. am Bahnsteig die von Schnittwunden verletzten Hände verband, beschrieb den 34-Jährigen als dabei «völlig macht- und kraftlos».

Der 55-jährige Finanzbeamte berichtete, beim Halt im Bahnhof habe er einen Schrei gehört, «als würde ein Tier schreien und furchtbare Schmerzen haben». Da die Schreie nicht aufhörten, habe er realisiert: «Hier schreit ein Mensch um sein Leben».

Bevor er mit anderen Reisenden aus dem Zug floh, habe er noch eine Frau mit blutverschmiertem Gesicht und blonden Haaren am Boden liegen sehen, die sich gegen den Täter über ihr wehrte. «Ich hatte nur einen Gedanken, Du musst hier raus!», berichtete der Zeuge mit brüchiger Stimme. Später habe er die Schwerverletzte auf dem Bahnsteig gesehen - in Obhut von Mitreisenden.

Wie der Zeuge weiter schilderte, sah er dann vom Bahnsteig aus den Täter erneut. Dieser sei aus dem zweiten Waggon ausgestiegen und habe ruhig Richtung Bahnsteig-Ende geblickt, wo sich viele Fahrgäste versammelt hatten; so, als würde er «die Lage sondieren». Dann sei der Mann wieder in den Zug eingestiegen, noch einmal aus- und dann wieder eingestiegen und in Richtung Lok gegangen.

Fahrgäste, die bis dahin nichts von der Bluttat bemerkt hatten, seien in Panik aus dem Waggon herausgestürzt, berichtete der Zeuge. Danach habe er gesehen, wie der Täter Richtung Bahnsteig-Ende gegangen sei. Und: «Ich sah ihn auf dem Bahnsteig auf dem Fußboden sitzend, vornübergebeugt, er rauchte eine Zigarette».

Der junge Krankenpfleger, der dem Täter auf dem Bahnsteig die verletzten Hände verband, brach später zusammen, als er im Zug in Begleitung von Polizeibeamten eines der beiden Mordopfer fand: den mit 17 Messerstichen getöteten 19-Jährigen. Seine zwei Jahre jüngere Freundin starb zuvor laut Anklage an 36 Messerstichen.

Ibrahim A. selbst wirkte am Dienstag erneut lethargisch, als er mit Hand- und Fussfesseln in den Gerichtssaal geführt wurde. Dann aber blickte er immer mal wieder aufmerksam auf und um sich. Der Palästinenser soll am 25. Januar im Regionalzug von Kiel nach Hamburg in der Nähe des Bahnhofs von Brokstedt zwei Menschen ermordet und vier schwerverletzt haben.

Die Staatsanwaltschaft hält ihn für voll schuldfähig. Der Verteidiger dagegen geht von einer schweren psychischen Erkrankung mit einem psychotischen Schub zum Tatzeitpunkt aus und beantragte seine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie.

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