Frauenhaus

Das Krisencenter hilft seit 40 Jahren Frauen und Kindern in Not

Das Krisencenter hilft seit 40 Jahren Frauen und Kindern in Not

Krisencenter hilft seit 40 Jahren Frauen und Kindern

Sonderburg/Sønderborg
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Das Frauenhaus war einst eine Abteilung des Sonderburger Krankenhauses. Foto: Ilse Marie Jacobsen

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Das Frauen- und Krisencenter in Sonderburg bietet jeweils fünf Frauen und ihren Kindern eine Notunterkunft. Wie alles vor 40 Jahren begann, und wo sich die Bewohnerinnen aufhalten, erzählt die Leiterin der Einrichtung.

Niemand möchte dorthin. Aber wenn alles aus den Fugen gerät, gibt es für einige einfach keine andere Lösung mehr. Das „Sønderborg Kvinde- og Krisecenter" am Agervang ist eine Notlösung für Frauen, die von ihrem Partner geschlagen, bedroht oder auch gestalkt werden. Das Frauenhaus bietet maximal fünf Frauen und deren Kindern unter 18 Jahren eine zeitlich begrenzte Unterkunft. 

122.000 Frauen im Jahr sind betroffen

Und der Bedarf wächst. Neueste Zahlen zeigen, dass immer mehr Menschen auf solche Frauenhäuser angewiesen sind. Wo im Jahr 2019 70.000 Frauen in Dänemark psychologische und 38.000 Frauen physische Gewalt bei der Polizei anzeigten, liegt diese Zahl heute bei 122.000 Frauen im Jahr, so die Leiterin des Sonderburger Frauenhauses, Maybritt Kay Hinrichsen.

Maybritt Kay Hinrichsen Foto: Ilse Marie Jacobsen

Grund für die Steigerung: Heute sind verschiedene Vergehen, wie zum Beispiel auch Stalking, gesetzlich strikt verboten. „Heute kann man die Dinge zur Sprache bringen, und mehr Menschen bitten heute um Hilfe. Die Polizei kann solche Vergehen heute gezielt bearbeiten“, so Maybritt Kay Hinrichsen. 

Neue Vorsichtsmaßnahmen beachten

Mit Handys und Computern gibt es heute nun neue Herausforderungen. „Heute müssen wir viel mehr auf die Kinder achten“, so die Frauenhaus-Leiterin. 

Früher mussten die Schulen auch immer die Väter über die Schule ihrer Kinder informieren. Das ist heute nicht mehr der Fall. Wenn die Frau mit den Kindern geflüchtet ist, erhält der Vater nicht mehr Informationen darüber, welche Schule die Kinder besuchen. Ob MobilePay, die X-Box der Kinder oder auch Facebook – es gibt diverse Kanäle, die die Männer benutzen, um wieder in Kontakt mit ihrer vor ihnen geflüchteten Partnerin zu kommen.

Im Speisezimmer im ersten Stock essen die Bewohnerinnen mit ihren Kindern. An den Wänden hängen Welt- und Dänemarkkarten. Dort kann mit dem Finger auf das Land oder den Ort gezeigt werden, wo die Familie herkommt. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Uns ist es einfach immer sehr wichtig, dass es hier so heimisch ist wie möglich. Ein Aufenthalt hier muss angenehm sein. Es ist für die Bewohnerinnen und Bewohner ja zeitweilig ihr Zuhause.

Maybritt Kay Hinrichsen
Der Fernsehraum im ersten Stock des Frauenhauses Foto: Ilse Marie Jacobsen

Den Aufenthalt im Frauenhaus finanziert die Kommune, bei der die Frau offiziell angemeldet ist. Die Bewohnerinnen zahlen selbst jeden Tag 97,30 Kronen.

Das Sonderburger Frauenhaus hilft jährlich rund 80 Frauen und Kindern aus dem ganzen Königreich Dänemark. Auch Frauen aus Deutschland wird in den dänischen Frauenhäusern geholfen. 

Sie müssen allerdings einen grenzüberschreitenden Krankenversicherungsschein haben. Eine freiwillige Ressourcengruppe oder auch professionelle Übersetzer helfen bei der Kommunikation. 

Mit einem Frauenverein begann es

Das Sonderburger Frauenhaus begann einst im Jahr 1981 als kleiner bescheidener Frauenverein, der den Frauen jeden zweiten Donnerstag im Monat in gemieteten Räumlichkeiten eine Hilfe anbot. Der Frauenverein hatte acht Mitglieder. Brauchten die um Hilfe bittenden Frauen eine Unterkunft, sind sie im Zuhause der Mitglieder oder anderweitig untergebracht worden. 

1984 erhielt der Frauenverein ein kommunales Gebäude am Løkken 14. Das Personal bestand aus drei Personen im sogenannten Jobtraining. Die anderen Stunden des Tages übernahmen Freiwillige.

Das erste Frauenhaus am Løkken 14 in Sonderburg – zwischen dem ehemaligen Supermarkt Fakta und Juhls Bolighus Foto: Ilse Marie Jacobsen

1991 konnte eine Projektmitarbeiterin angestellt werden, die mit Fördergeldern finanziert wurde. 1992 erhielt der Verein einen Vorstand, und 1994 hat die erste Leiterin Ruth Malle begonnen.

1995 erhielt das Frauenhaus eine neue Adresse. Es zog in ein größeres Gebäude des Sonderburger Krankenhauses, das vorher durchgreifend renoviert worden war.  

2007 übernahm die Sonderburger Kommune den finanziellen Betrieb. Heute verfügt das Frauenhaus über 80 freiwillige Helferinnen. Sie sorgen dafür, dass die Notunterkunft für die bedrängten Frauen stets erreichbar ist – ob telefonisch oder an der Eingangstür. 

Freiwillige machen es heimisch

Ob Krisenwache, Spiele oder Unterricht der Kinder, das Kochprojekt „Mahlzeiten von Herzen“, den Garten und die Anlagen pflegen oder Blumentöpfe bepflanzen – überall gibt es Aufgaben, die die freiwilligen Helferinnen übernehmen.

Im Garten können die Bewohnerinnen und Bewohner es sich gemütlich machen. Foto: Ilse Marie Jacobsen

„Uns ist es einfach immer sehr wichtig, dass es hier so heimisch ist wie möglich. Ein Aufenthalt hier muss angenehm sein. Es ist für die Bewohnerinnen und Bewohner ja zeitweilig ihr Zuhause“, so Maybritt Kay Hinrichsen. Sie übernahm im August 2021 die Leitung des Frauenhauses. 

Zum 40. Jahrestag können alle am Donnerstag, 22. August, von 14 bis 17.30 Uhr in das Frauenhaus am Agervang kommen. Die Stadtratspolitikerin Ellen Trane Nørby (Venstre) hält eine Rede, und für die musikalische Unterhaltung sorgt „Alskoret Sønderborg“. Statt Geschenke bittet die Institution um Spenden, die den Bewohnerinnen zugutekommen sollen.

Der mit Computer und Überwachung versehene Eingang des Frauenhauses am Agervang 5 Foto: Ilse Marie jacobsen
Das Gebäude am Agervang wurde durchgreifend renoviert, bevor das Frauenhaus einzog. Foto: Ilse Marie Jacobsen
Jeder einzelne Raum des früheren Krankenhausgebäudes wurde erneuert. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Die Gewaltspirale

In einer von Gewalt geprägten Familie gibt es häufig eine sogenannte Gewaltspirale, die die Landesorganisation für Frauenhäuser auf der Webseite www.lokk.dk beschreibt. Es beginnt meistens mit einer geplanten Körperverletzung. Das hinterlässt die Frau schwach und raubt ihr das Selbstvertrauen. Verschiedene Zeichen von Verständnis des Mannes verunsichern sie noch mehr. Der Mann benutzt diese Strategie, um die volle Kontrolle über die Frau zu erhalten. Oftmals ist das Verhältnis der beiden Partner am Anfang ganz friedlich. Aber dann wird es immer gewaltsamer. Zuletzt kommt es zur Konfrontation. Der Mann ist sauer und unzufrieden – es kommt immer häufiger zu Episoden und Konflikten, und eines Tages knallt es.

In Dänemark gibt es 86 Frauenhäuser und 6 Krisencenter für Männer. 

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