Kroatien-Star

Das Ende einer Ära? Modric lässt WM-Teilnahme 2022 offen

Das Ende einer Ära? Modric lässt WM-Teilnahme 2022 offen

Das Ende einer Ära? Modric lässt WM-Teilnahme 2022 offen

dpa
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Hat seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2022 in Katar offengelassen: Luka Modric. Foto: Stuart Franklin/Pool Getty/AP/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

So spektakulär das EM-Achtelfinale gegen Spanien auch war: Es zeigte einmal mehr, dass Kroatien längst nicht mehr so gut ist wie noch 2018. Der Trainer macht sich um die Zukunft aber keine Sorgen.

In der 114. Minute eines epischen EM-Abends hörte und fühlte sich vieles nach dem Ende einer Ära an. Es fehlten nur noch sechs Minuten, bis bei dieser 3:5-Achtelfinal-Niederlage gegen Spanien auch die zweite Halbzeit der Verlängerung beendet war.

In diesem Moment wurde der beste und erfolgreichste Spieler in der noch jungen kroatischen Fußball-Geschichte ausgewechselt und tausende Fans im Stadion von Kopenhagen riefen: «Luka Modric, Luka Modric».

Der Spielmacher von Real Madrid ist 35 Jahre alt. Er ließ nach dem Ausscheiden bei dieser Europameisterschaft offen, ob er auch bei der WM 2022 in Katar noch für sein Nationalteam spielen wird. «Wir werden sehen. Wir müssen uns gut ausruhen und an alles denken. Jetzt ist nicht die Zeit, um darüber zu sprechen», sagte er dem TV-Sender HRT. Sein kürzlich verlängerter Vertrag bei den Königlichen läuft bis zum 30. Juni 2022 - bis zur WM wäre es danach nicht mehr lange. Er werde mit Modric sprechen und gemeinsam entscheiden, was als nächstes zu tun sei, sagte Trainer Zlatko Dalic.

Dalic: «Keinen Grund zur Sorge»

Mit und vor allem dank Modric haben die Kroaten vor drei Jahren das Endspiel der Weltmeisterschaft erreicht. Und mit Modric trugen sie am Montagabend noch einmal zu einem der spektakulärsten Abende dieser EM bei, als sie gegen Spanien zwischen der 85. und 92. Minute einen 1:3-Rückstand aufholten und dann in der Verlängerung durch zwei Gegentore von Alvaro Morata (100.) und Mikel Oyarzabal (103.) doch noch verloren.

Aber selbst an diesem Abend war zu erkennen: So gut wie 2018 sind die Kroaten längst nicht mehr. Und so gut werden sie wohl auch so schnell nicht wieder werden. «Wir haben gezeigt, dass wir Stärke, Qualität und Charakter haben», sagte Dalic. «Es gibt keinen Grund, sich um die Zukunft des kroatischen Teams Sorgen zu machen.»

Trotzdem war zu merken, dass Modric allein kann die Probleme nicht überspielen kann, die sich seit der WM aufgetan haben. Dazu bräuchte es einen neuen Geist im Team und viel mehr nachrückende junge Spieler, wenngleich Dalic einige schon eingebaut hat. «Ich habe einen Vertrag, der bis zur Weltmeisterschaft gilt. Vor mir und der Auswahl liegt eine Zielmarke, nämlich die Qualifikation für Katar», sagte er mit Blick auf seine eigene Zukunft.

Modric hebt Moral der Mannschaft hervor

In den kroatischen Medien gab es nach dem Auftritt gegen Spanien Lob und Kritik. «Wir sahen ein großartiges Comeback Kroatiens, aber auch einige schwere Fehler, die uns um ein besseres Ergebnis brachten, insbesondere um den Einzug unter die besten Acht in Europa», schrieb das Sportblatt «Sportske novosti». Das Portal «24sata.hr» titelte: «Kroatien hat gezeigt, dass es Eier hat.»

«Wir haben alles gegeben», sagte Modric nach dem Spiel. «Wir können mit unserer Herangehensweise, unserem Charakter und unserer Moral zufrieden sein, aber Spanien war in den entscheidenden Situationen besser.» Die Spanier waren den Kroaten bereits im zweiten Spiel nach dem WM-Finale 2018 begegnet. Das Spiel in der Nations League endete mit 0:6 und war Dalic eine Warnung, wenngleich sein Team das Heimspiel damals 3:2 gewann.

Bei seiner Mannschaft kam in den vergangenen drei Jahren viel zusammen. Wichtige Spieler wie Mario Mandzukic und Ivan Rakitic beendeten ihre Nationalmannschafts-Karrieren. Anderen fehlte nach dem Erfolg in Russland die nötige Spannung. Zwischen älteren und jüngeren Spielern gärte es im Team. Das war schon nach den Vorrunden-Spielen gegen England (0:1) und Tschechien (1:1) zu vernehmen und das zeigte sich in Kopenhagen auch beim Wiedersehen mit den Spaniern.

Nach dem 1:0 durch Pedris Eigentor (20.) verließ der frühere Frankfurter Ante Rebic noch vor der Halbzeitpause das Spielfeld, um seine Schuhe zu wechseln. Die Kroaten spielten kurz in Unterzahl, Spanien traf genau in dieser Zeit zum 1:1 durch Pablo Sarabia (38.) - vor allem Modric machte Rebic gegenüber seinen Unmut sehr deutlich.

Es war eine Szene, die symptomatisch ist für diese enttäuschende EM. Daran änderte auch nichts, dass die eingewechselten Mislav Orsic (85.) und Mario Pasalic (90.+2) nach dem 1:2 durch Cesar Azpilicueta (57.) und dem 1:3 durch Ferran Torres (77.) auf einmal noch die Energie für eine nicht mehr erwartete Aufholjagd aufbrachten.

Kroatien hat nur etwas mehr als vier Millionen Einwohner. Niemand kann erwarten, dass dieses kleine Land auf Dauer mit den großen Fußball-Nationen mithält. Es zeigte sich zuletzt aber auch, dass das nicht viel größere Belgien bei den wichtigen Turnieren mehr Beständigkeit zeigt. Und dass das auch nicht viel größere Portugal im Vergleich deutlich mehr Top-Talente hervorbringt.

Zu den jüngeren Kroaten zählt der Mittelfeldspieler Nikola Vlasic von ZSKA Moskau. Der Bruder der früheren Hochsprung-Weltmeisterin Blanka Vlasic zeigte nach dem EM-Aus immerhin das Herz und die Emotionen, die seinem Team bei diesem Turnier so häufig abgingen. «Als wir die beiden Tore zum Ausgleich erzielten, war mein Herz so groß wie ein Haus», sagte er. «Aber als die Spanier dann noch einmal trafen, brach dieses Haus buchstäblich zusammen. Sowas habe ich noch nie erlebt.»

Mehr lesen