Statt Autozug und Fähre

Abgefahrener Plan: Unternehmensgruppe will Seilbahn nach Sylt bauen

Abgefahrener Plan: Unternehmensgruppe will Seilbahn nach Sylt bauen

Unternehmensgruppe will Seilbahn nach Sylt bauen

SHZ
Sylt/Kiel
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Mit der Seilbahn bequem vom Festland nach Sylt reisen: Utopie oder realistischer Plan? Foto: mago / Montage Nobis/shz.de

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Im Wirtschaftsministerium kam die Idee gut an: Die Unternehmensgruppe Rethmann möchte die Anreise nach Sylt per Seilbahn möglich machen - und auch die Kieler Förde könnte künftig per Gondel überquert werden.

Die Pläne liegen auf dem Tisch, erste Gespräche mit Politik und Behörden wurden am Mittwoch, 10.November, geführt. Die Unternehmensgruppe Rethmann (Lünen), die weltweit über 160.000 Mitarbeiter beschäftigt und einen Umsatz von 35 Milliarden Euro in den Büchern hat, will über ihre Tochterunternehmen Remondis und Transdev in Schleswig-Holstein mit zwei Seilbahnen die Mobilitätswende unterstützen. Es geht um Projekte von Niebüll oder Klanxbüll auf die Insel Sylt und über die Förde in Kiel.

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Die Pläne wurden am Mittwoch auch dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Thilo Rohlfs (CDU), und der Geschäftsführerin der landeseigenen Tourismus GmbH, Bettina Bunge, vorgestellt. Beide signalisierten großes Interesse an einer Fortführung der Pläne.

Der weltweite Marktführer auf dem Seilbahn-Sektor, die Doppelmayr Seilbahnen GmbH mit Sitz im österreichischen Wolfurt, ist seit längerem mit beiden Projektideen beschäftigt. Das Unternehmen hat bislang mehr als 15.000 Seilbahnen weltweit gebaut und in Betrieb genommen.

Verschiedene Ideen für Seilbahn

Für ein Engagement zum Betrieb einer Seilbahn zwischen dem Festland und der Insel Sylt gibt es verschiedene Ideen. Zum einen, um den Betrieb zwischen dem Festland und Morsum auf Sylt in einigen Jahren aufzunehmen. Zum andern aber beschäftigen sich die Ingenieure auch mit einem Seilbahn-Betrieb auf der Insel, um den Autoverkehr zu entlasten.

Sylt als Wohlfühlort

Erst kürzlich hatte sich Westerlands Bürgermeister Nikolas Häckel für eine Reduzierung des Autoverkehrs auf der Insel ausgesprochen. „Wir wollen Sylt nicht mit Blech zugestellt haben“, sagte der Verwaltungschef und fügte hinzu: „Sylt soll wieder zu einem Wohlfühlort werden.“ Dazu passe ein Seilbahnbetrieb mit grünem Strom als Antriebsenergie, führte Remondis-Vertriebsmanager Müller-Beck aus. Er werde sich demnächst um Gespräche mit Politik und Verwaltung in Nordfriesland bemühen.

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Die Kosten für den Bau und Installation einer Seilbahn auf der gut acht Kilometer langen Strecke zwischen dem Festland und Morsum wird mit rund 100 Millionen Euro veranschlagt.

Das sind die Pläne für Kiel

Für Kiel legte das Unternehmenskonsortium sieben Trassenvarianten vor mit verschiedenen Standorten auf beiden Fördeseiten. Kiels Stadtpräsident Hans-Werner Tovar (SPD) zeigte sich „sehr angetan“ von den Plänen. Das Modell könne in das Projekt „Kieler Stadtbahn“ integriert werden. Tovar sagte zu, damit in die politischen Gremien zu gehen. Tovar: „Ein solches Projekt würde die Attraktivität von Kiel steigern.“

Unterstützung gibt es auch von der Industrie- und Handelskammer Kiel, dessen Hauptgeschäftsführer Jörg Orlemann zu weiteren Planungsschritten ermunterte. Dirk Claus, Geschäftsführer der Seehafen Kiel GmbH, sieht das größte Problem darin, die richtige Trassenführung zwischen den beiden Fördeufern zu finden. „Wenn“, so Claus, „muss das Ding mit vollen Kabinen laufen“. Im Grundsatz findet Claus das Vorhaben „äußerst interessant“.

„Unerträgliche Verkehrssituation in Kiel"

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Ideengeber Ralph Müller-Beck, der das kommunale Vertriebsmanagement bei Remondis in Kiel-Melsdorf leitet, spricht von einer „Koalition der Willigen“, die in der Kieler Politik und bei Behörden zu finden ist. Die derzeit „unerträgliche Verkehrssituation“ in der Landeshauptstadt erfordere neue Wege. Wer morgens oder abends mit dem Auto vom Ostufer in Kiels Zentrum fährt, benötigt mindestens rund eine Stunde und steht häufig mit laufendem Motor im Stau.

Mit der Seilbahn ist die Strecke in vier bis fünf Minuten zu bewältigen, „und das mit einem Top-Blick auf Kiel und Umgebung“. Für das Projekt in Kiel rechnet man mit Kosten von rund 50 Millionen Euro. Remondis und Transdev würden die Finanzierung und die Funktion des Betreibers übernehmen.

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