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Ärger am Schleswiger Wikingturm: Offenbar stürzten doch keine Teile von der Fassade

Schleswiger Wikingerturm: Es stürzten doch keine Teile von der Fassade

Wikingerturm: Es stürzten doch keine Teile von der Fassade

Sven Windmann
Schleswig
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„Aus Sicherheitsgründen“ lässt die Stadt am Freitag einen etwa 100 Meter langen Gerüst-Tunnel vom Eingang des Wikingturms bis zum Parkplatz vor dem China-Restaurant errichten. Foto: Sven Windmann/shz.de

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Am Donnerstagabend teilte die Stadt mit, dass der Wikingturm in einem Radius von 110 Metern ab sofort für die Öffentlichkeit gesperrt ist. Es bestehe Gefahr für Leib und Leben. Jetzt wird gehandelt. Darüber sind nicht nur die Bewohner verärgert.

Egal, wen man am Freitag vor dem Schleswiger Wikingturm anspricht: Verständnislosigkeit paart sich mit einer Menge Wut bei den Bewohnern und Wohnungseigenümern von Schleswigs wohl bekanntestem Wohnhaus.

Das hatte die Stadt am Donnerstag mitgeteilt

Am Vorabend hatte die Stadt in einer Art Eilmeldung mitgeteilt, dass sich Teile der Fassade gelöst und deshalb „Gefahr für Leib und Leben“ bestehe. Alle Bereiche in einem Radius von 110 Metern müssten als Schutzmaßnahme für die Öffentlichkeit gesperrt werden. Denn: Zwischen den Geschossen 21 und 22 in etwa 65 Metern Höhe hätten sich Teile der Fassadenplatten gelöst und seien herabgestürzt.

Gar nichts sei abgestürzt, sagt hingegen ein sichtlich angefressener Wikingturm-Hausmeister Sönke Schloßmacher. Schon gar kein Fassadenteil „Nicht mal eine Schraube ist hier runtergefallen.“ Eine Einschätzung, die einige befragte Bewohner des Hochhauses teilen.

Auch Anne Hagendorn, Projektleiterin und Assistenz der Geschäftsführung bei der Bau- und Dienstleistungs GmbH (BUD), die den Wikingturm verwaltet, sagt mit Nachruck: „Uns ist nicht bekannt, dass irgendetwas nach unten gefallen ist. Und das war ganz sicher auch nicht der Fall. Aber solche Nachrichten verunsichern natürlich die Bewohner und Eigentümer.“

Stadt räumt „Fehler in der Formulierung“ ein

Und tatsächlich: Auf Nachfrage rudert man im Schleswiger Rathaus zurück. Da sei etwas in der Formulierung der Mitteilung von Donnerstagabend „schief gegangen“, sagt Bauamtsleiter Andreas Pesenacker auf Nachfrage. Es sei tatsächlich nichts heruntergestürzt. Gebannt sei die Gefahr aber dennoch nicht.

Denn es hätten sich auf der südwestlichen Seite des Wikingturms Fassadenteile zumindest gelöst, die dann bereits am Mittwoch provisorisch wieder festgeschraubt wurden. Der Fachingenieur, der von der Hausverwaltung mit der Untersuchung der Fassadenkonstruktion beauftragt wurde, habe dies festgestellt und dann am Donnerstag empfohlen, den Bereich um das Gebäude zu sperren, „da Fassadenteile auch abstürzen könnten“. Auf diesen „Hilferuf“ habe man dann reagiert.

Ebenfalls am Donnerstag dann habe es laut Pesenacker dann vor Ort einen Termin mit der Hausverwaltung und dem Hausmeister gegeben. „In diesem wurde klargestellt, wie der empfohlene Bereich gesperrt werden muss.“

Jetzt wird ein Schutztunnel gebaut

Das Ergebnis sieht man nun seit Freitagmorgen. Da nämlich begannen Arbeiter der Firma Hohner Gerüstbau damit, einen provisorischen Fußgängertunnel zum Schutz der Passanten zu bauen. Und zwar über etwa 100 Meter Länge vom Eingang des Wikingturms bis zum Parkplatz vor dem China-Restaurant, der nun obendrein zu gut einem Drittel abgesperrt wurde. „Ich weise darauf hin, dass das Gebäude selbst nicht gesperrt ist sondern nur der Umgebungsbereich“, betont Pesenacker in diesem Zusammenhang.

Wirklich nachvollziehen können das einige Bewohner des 90 Meter hohen Wikingturms nicht. „Ich finde das alles schon sehr eigenartig. Hier ist noch nie was von der Fassade runtergefallen. Und jetzt wird so ein Aufwand betrieben“, sagt ein junger Mann, der ebenso wie die anderen Befragten seinen Namen nicht nennen möchte.

Auffällig ist: Immer wieder gibt es Vorwürfe in Richtung der Verwaltungsgesellschaft BUD. Es gebe unter anderem seit langem einen Streit über die Ausführung und den Umfang von Sanierungsarbeiten zwischen der Verwaltung und den Eigentümern und Mietern der Wohnungen.

Vorwürfe der Bewohner

Einer der Bewohner vermutet hinter „dem Märchen von den herabfallenden Fassadenteilen“ gar „ein taktisches Kalkül, um die Fassade nun mit vorgeschobener Dringlichkeit schnell zu sanieren“. Gleichzeitig beklagen er und die anderen Mieter, nur aus der Zeitung von der geplanten Sperrung erfahren zu haben. „Uns hat sonst niemand weiter informiert. Keiner weiß, wie das hier weitergehen soll.“

Anne Hagendorn von der BUD betont indes, „dass es sich beim Wikingturm um eine Eigentümergesellschaft handelt und wir als Verwalter nicht für die Eigentümer sprechen können.“ Sie sagt aber auch: „Wenn die Stadt nicht begründete Zweifel hätte, würde sie sicher nicht zu einer Maßnahme wie dem Bau eines Schutztunnels greifen.“

Restaurant-Betreiberin beklagt Stornierungen

So oder so: Für Ruth Fey, Eigentümerin des Wikingturm-Restaurants, ist die ganze Diskussion um den Zustand der Fassade schon jetzt „eine Katastrophe“, wie sie sagt. Am Freitag hätte sie gleich mehrere Anrufe von besorgten Gästen bekommen, einige hätten sogar Tischreservierungen zurückgenommen. „Das ist alles sehr geschäftsschädigend für uns.“ Es könne doch nicht sein, ohne triftigen Grund solche Panik zu verbreiten.

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