Ausbruch in Mecklenburg-Vorpommern

Afrikanische Schweinepest: So beurteilen Bauern und Jäger aus SH die Lage

Afrikanische Schweinepest: So beurteilen Bauern und Jäger aus SH die Lage

Afrikanische Schweinepest: Bauern und Jäger aus SH zur Lage

shz/hm
Kiel
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Das gefährliche Virus hat den Nordosten Deutschlands erreicht. Bauern und Jäger sind besorgt. Foto: Sascha Steinach via www.imago-images.de/shz.de

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Die Jäger sind sich sicher, dass das gefährliche Virus auch in Schleswig-Holstein auftreten wird. Das Ministerium intensiviert unterdessen die Präventionsmaßnahmen. Dänemark schätzt die Gefahr einer Einschleppung weiterhin als gering ein.

Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in einem Betrieb bei Güstrow (Landkreis Rostock) hat auch in Schleswig-Holstein große Besorgnis ausgelöst. Das Virus ist stark ansteckend.

Bei Auftreten in einem Betrieb müssen alle Tiere getötet werden, was für die Besitzer ein herber Schlag ist. Aber auch auf Privatleute kann ein Ausbruch drastische Auswirkungen haben. Von besonderer Brisanz ist, dass Mastbetriebe aus Mecklenburg-Vorpommern Schweine unter anderem zur Schlachterei Tönnies in Kellinghusen bringen.

Virus verbreitet sich auch über Lieferketten

„Wir können allerdings ausschließen, dass Schweine aus dem betroffenen Betrieb nach Schleswig-Holstein gekommen sind“, sagt eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern. Tönnies bestätigte, dass keine Tiere aus dem betroffenen Gebiet nach Kellinghusen gekommen seien.

Es bestehen allerdings Lieferbeziehungen zu anderen Betrieben im Nordosten. Die Tiere würden vorwiegend zu einer Schlachterei in Perleberg in Brandenburg geliefert werden.

Keine Schlachtereien in MV

Der Ausbruch im Landkreis Rostock zeigt jedoch: So weit entfernt ist die Afrikanische Schweinepest nicht mehr, und das liegt vor allem an den Lieferketten. Der Nordosten verfügt über keine großen Schlachtereien. Deshalb gehen die Tiere in andere Bundesländer. Im nun betroffenen Betrieb müssen über 4.000 Tiere getötet werden. Ein schon abgefahrener Transporter zu einem Schlachthof wurde noch rechtzeitig zurückgerufen. Bis die Seuche in dem Betrieb nachgewiesen wurde, sind immerhin vier Tage vergangen.

Ministerium: Gefahr in Dänemark noch sehr gering

Der Ausbruch der ASF ist auch in Dänemark registriert worden. Das Ministerium für Umwelt und Nahrungsmittel schätzt die Gefahr einer Einschleppung der Krankheit in dänische Schweinebestände als „sehr gering" ein. Dies geht aus einer Mitteilung des Ministeriums von Freitag, 19. November, hervor. Um dieses Niveau zu halten, weist das Ministerium darauf hin, dass Schweinetransporter, die im Ausland waren, unbedingt gereinigt und desinfiziert werden müssen. Schweine dürfen zudem auf keinen Fall mit Abfällen gefüttert werden.

Nachweis im Landkreis Rostock durch Referenzlabor

Am vergangenen Freitag bemerkte der Besitzer die ersten verendeten Tiere. Der Nachweis durch das Friedrich-Loeffler-Institut als Referenzlabor des Bundes bestätigte den Befund am Montagabend. Der Landkreis richtete umgehend eine Sperr- und eine Beobachtungszone mit einem Radius von drei beziehungsweise zehn Kilometern ein.

In dem Bereich gibt es nach seinen Worten acht Betriebe mit Schweinehaltung, darunter drei größere. Wie das Virus in den Stall gelangt ist, ist derzeit noch unklar.

Schleswig-Holsteins Jäger sind gewarnt

„Früher oder später ist die Schweinepest hier“, sagt Wulf-Heiner Kummetz, Landesobmann des Jagdverbandes Schleswig-Holstein. Eine Möglichkeit für den Eintrag der Seuche sei das Futter. Ein infiziertes Wildschwein, das durch ein Feld mit Futterpflanzen läuft, verteilt dabei auch das Virus an die Pflanzen.

„An Pflanzen oder in Kadavern kann sich dieses hochansteckende Virus bis zu 300 Tage halten“, erklärt der Jäger. Kummetz betonte, dass man nun den Ball flach halten müsse. „Für uns ist das noch recht weit weg“, sagt er.

Auswirkungen für Spaziergänger

Klar sei jedoch, dass ein Ausbruch in Schleswig-Holstein massive Folgen hätte. „Es würde großflächige Sperrungen geben. Das würde dann jeden betreffen. Auch Menschen, die zum Spaziergang in den Wald wollen“, erklärt er. Eine gesperrte Fläche dürfe von niemandem betreten werden. Somit hätte ein Ausbruch auch Konsequenzen über die Schweinezucht hinaus.

„Wir müssen eine Verbreitung mit aller Macht verhindern“, sagt er. Dem stimmt auch Dietrich Pritschau, Vizepräsident des Bauernverbandes zu. Insgesamt gibt es in Schleswig-Holstein noch 240 Sauenhalter und 650 Mäster mit 1,27 Millionen Tieren. Teilweise wird auf einem Hof auch beides gemacht. Die Zahl der Betriebe ist in den vergangenen Jahren stark rückläufig.

„Der Ausbruch ist für mich eine seelische Anspannung“, sagt Pritschau, dessen Familie einen Mastbetrieb im Nordosten hat. Sollte das Virus in einem Sauenbetrieb auftreten, wäre das geschäftsbedrohend, so der Vizepräsident. Der Betrieb sei quasi ein Jahr stillgelegt, bis neue Tiere da seien.

„Die Tiere, die gekeult werden müssten, sind zwar versichert. Der Betriebsausfall in der Regel aber nicht. Wirtschaftlich wäre das eine enorme Katastrophe“, sagt er. Einen Eintrag nach Schleswig-Holstein könne man zudem nie ausschließen.

Preisverfall von Schweinefleisch

Generell stehen Schweinebauern unter enormem Druck. Die Preise für das Fleisch sind stark gefallen. Das bemerkt man auch bei Tönnies.

„Insgesamt ist die ASP ein großer Einschnitt für Nutztierhalter und Verarbeiter, denn die für Nebenprodukte wie Schnäuzchen, Schwänzchen und Schweinefüße wichtigen Märkte in Asien sind seit September 2020 gesperrt. Diese Artikel werden weder in Deutschland noch in Europa nennenswert konsumiert, sodass es zu einem erheblichen Wertverlust gekommen ist, der sich auf den Schweinepreis auswirkt“, sagt Dr. Gereon Schulze Althoff, Leiter des Veterinärwesens bei Tönnies.

Schleswig-holsteinisches Ministerium wartet ab

Das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium appelliert an Landwirte und Jäger, jetzt noch genauer auf Biosicherheit und Hygienemaßnahmen zu achten. Generell wolle man aber erst einmal Erkenntnisse dazu abwarten, wie das Virus in den Stall gelangt sein könnte. „Daher ist nun unbedingt eine schnelle Aufklärung der Eintragsursache erforderlich, um die Situation weiter einschätzen zu können“, so ein Ministeriumssprecher.

Man bereite sich fortlaufend und intensiv auf einen möglichen Eintrag vor. „Dazu zählen die Beschaffung und Aufstockung von Materialien zur Einzäunung eines Kerngebietes und die Intensivierung der Früherkennung im Rahmen des Maßnahmenpakets bei Wildschweinen sowie in Hausschweinebeständen“, so der Sprecher.

Um Wildschweinkadaver sicher zu entsorgen, wurden Sammelplätze eingerichtet, an denen Jäger diese kostenfrei   abgeben können. Zudem wurden 40 Hunde speziell für die Suche nach Wildschweinkadavern ausgebildet.

Ergänzt am 19. November mit Abschnitt Dänemark

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