Gastronomie

Aus für die Kupferklause: Harrislees letzte Kneipe schließt

Aus für die Kupferklause: Harrislees letzte Kneipe schließt

Aus für die Kupferklause: Harrislees letzte Kneipe schließt

Mira Nagar/Nagar
Harrislee
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Renate Jensen (79) hat ihr Leben lang als Wirtin gearbeitet. Nun steht ihre Kupferklause vor dem Verkauf. Foto: Mira Nagar/shz.de

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Wirtin Renate Jensen (79) verkauft das Gästehaus mit Schankwirtschaft in Kupfermühle – nach 43 Jahren fast ohne Urlaub.

Man könnte meinen, hier sei die Zeit stehen geblieben. In der Ecke eine gepolsterte Sitzbank aus Holz mit historischen Bildern an der vertäfelten Wand darüber. Über dem glänzenden Tresen hängen massive, dunkle Lampenschirme mit eingefasstem, gelbem Glas. Ein Sparschwein steht an der Seite. Es gibt nicht mehr viele Kneipen, die noch so aussehen wie die Kupferklause, die letzte Kneipe vor der Grenze zu Dänemark. Und es werden weniger.

Renate und Addi Jensen haben hier in Kupfermühle seit 1980 Gäste empfangen, Hochzeiten und Geburtstage gefeiert und Schnitzel serviert. Fast 42 Jahre lang, fast ohne Urlaube. „Wir waren beide keine Urlaubstypen“, sagt Renate Jensen. Krank waren sie auch fast nie, nicht einmal erkältet – dank „heißem Bier mit Honig“, ist sich Renate Jensen sicher. Das Familienleben spielte sich in der Gaststätte ab. Die Feiern des Dorfes, Stammtische und norddeutsche Traditionen wie Verspielen und Grünkohlessen sowie ein Sparclub.

Die 79-Jährige leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe auf eine Fotocollage, die neben dem Sparschwein an der Wand hängt. Familienfotos sind darauf, Mädchen mit Schultüten. Die beiden Töchter Susann und Angela sind mit der Kupferklause groß geworden, nachdem die Familie von See-Ende in Sörup mitsamt dem Kneipen-Mobiliar einzog. „Die Kneipe, das ist unsere Stube“, sagt Tochter Angela.

Ein letztes Jahr Kupferklause

Doch vor etwa einem Jahr starb der langjährige Wirt Addi Jensen. Seitdem führte Renate Jensen mit Unterstützung von Kindern und Enkeln die Kupferklause weiter. Aber sie hatte nur ein Jahr Zeit dafür. Dadurch, dass ihr Mann als alleiniger Inhaber der Kneipe eingetragen war, durfte sie den Betrieb ein Jahr lang fortführen – nun wäre eine neue Konzession fällig. „Ich bin mit 79 Jahren nochmal selbstständig geworden“, sagt Renate Jensen. Doch alles neu beantragen und die Ämtergänge – das wollte sie nun nicht mehr. Daher schließt die Kupferklause Ende Mai. Und das große Gebäude soll verkauft werden.

Vorgaben vom Ordnungsamt

Tatsächlich müsste Renate Jensen trotz jahrzehntelanger Erfahrung Nachweise von IHK und Gesundheitsamt einreichen, erklärt Monika Jastrow vom zuständigen Ordnungsamt Harrislee. Darunter eine Zuverlässigkeitsprüfung. Da nütze es nichts, dass die 79-Jährige jahrzehntelang immer da war für ihre Gäste und nur während der Coronazeit zwangsweise länger schließen musste. Für das Amt ist sie eine neue Inhaberin.

„Das müssen wir standardmäßig verlangen und können da keine Ausnahme machen“, sagt Jastrow. Während einer dreimonatigen vorläufigen Genehmigung würde dann der Brandschutz gecheckt und das Veterinäramt, das Kreisbauamt und das Gesundheitsamt überprüfen die Kupferklause und die Gästezimmer.

Übernachten in Kupfermühle

Denn die Kupferklause ist auch ein Urlaubsort. So malerisch gelegen zwischen dem Industriemuseum mit Wasserrad und den schmucken sattgelben Häusern des Grenzortes, ein Ferienidyll. Über der Klause ist „ein ganzer Haufen Zimmer“, die lange an Urlauber oder Monteure vermietet wurden. Doch Stamm-Urlauber kamen immer wieder, doch es wurden weniger. „So ganz allmählig sind uns viele verstorben“, sagt Jensen.

Und auch in den Gästezimmern wurde lange nichts geändert. Und so quietschen die Holzdielen unter den Teppichen, ein Fliesentisch steht unter der roten Samtlampe und eine dunkle Blumentapete ziert beharrlich den Flur, akkurat angebracht, sogar um die Heizungsrohre herum.

Ob ein neuer Eigentümer das alles modernisieren möchte – oder viel von der urigen Atmosphäre erhält, bleibt ungewiss. In jedem Fall aber wird ein Stück Kupfermühle sich ändern. Die Zeit geht eben doch nicht spurlos an Harrislees letzter Kneipe vorbei. Doch vielleicht findet sich auch in einer neuen Kupferklause ein Ort, der an die vielen Jahre mit den Jensens erinnert.

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