Klazz Brothers in Glücksburg

Beethoven im Jazz- und Merengue-Sound – und ein Protestbart

Beethoven im Jazz- und Merengue-Sound

Beethoven im Jazz- und Merengue-Sound

SHZ
Glücksburg
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Bruder-Duo: Tobias und Kilian Forster (mit Corona-Protestbart). Foto: Catrin Haufschild/shz.de

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Die Klazz Brother – mit zwei Echos und einer Grammy-Nominierung im Gepäck – begeisterten das Publikum im Glücksburger Schlosspark.

Der Bart reicht schon bis zur Brust. Seit dem ersten Lockdown lässt ihn Kilian Forster, Bassist der Klazz Brothers, wachsen. „So lange, bis alle Corona-Einschränkungen vorbei sind“, hat er sich vorgenommen. Ein paar Einschränkungen gelten noch, aber immerhin dürfen Konzerte im Freien mit viel Platz zwischen den Sitzgruppen wieder stattfinden. Die Euphorie darüber im mit 300 Personen besetzten Glücksburger Schlosspark groß. „Wo ich bin, ist Sommer“, strahlte Programm-Gestalter Günter Sommer, weil auch das Wetter hervorragend mitspielte.

Beethoven mit Bongos

Lag es am schönen Sommerabend, der langen Pause oder an Beethoven, der das Motto des Abends vorgab? Es passte einfach alles. Beethovens Musik hat etwas Durchdringendes, das auch noch zu erkennen ist, wenn jazzige und kubanische Rhythmen drübergelegt werden, wie es die Spezialität der „Klazz Brothers & Cuba Percussion“ ist und wofür die fünfköpfige Band zwei Echos und eine Nominierung für den Grammy erhielten.

Das berühmte Poch-Thema (da-da-da-daa) aus Beethovens 5. Symphonie klingt auch bei heftigsten Schlägen auf Bongos und Congas noch durch und wirkt weniger gravitätisch. Durch Cha Cha Cha, Bolero, Merengue & Co. verschmelzen Ludwig van Beethovens Kompositionen zum neuen Musikmix. Manche Werke werden sogar tanzbar. Das lässt sich wahllos auf andere Komponisten übertragen.

Platz zum Tanzen war ja genug

Beethovens 250. Geburtstag liegt ja nun schon ein Jahr zurück, insofern wurde das Tournee-Programm, das für letztes Jahr geschrieben war, ergänzt. Zum Beispiel durch Vittorio Montis ungarischen Tanz „Csardas“, der tatsächlich die meisten Zuschauer des traditionell eher gesetzten Publikums von „Strandgut“ von den Klappstühlen riss. Platz zum Tanzen war ja genug.

Wenn es um Beethoven geht, darf der Ohrwurm „Für Elise“ nicht fehlen. Am Klavier leistete Tobias Forster, Bruder von Kilian, solide Arbeit. Das Gründungsmitglied der Klazz Brothers bestreitet inzwischen eine Solokarriere, war für Pianist Bruno Böhmer Camacho eingesprungen, der nach der Rückkehr aus seiner Heimat Kolumbien noch in Quarantäne steckt.

Mondschein zur Mondscheinsonate

„Oye tu lo sabes bien – Du kennst es gut“ – fallen die beiden Kubaner Alexis Herrera Estevez (Timbales, Bongos) und Elio Rodriguez Luis (Konga) in die „Elise“ ein. Wahrlich, man kennt das Stück gut und freut sich über die akustische Abwechslung. Als der Mond aufgeht, erklingt passend die Mondscheinsonate. Der ruhige Beginn wird nur ganz sachte von den Kubanern begleitet. Schön, dass die eher sanften Töne auch mal so stehen gelassen werden. Das geschieht auch bei „Air“ von Johann Sebastian Bach, zu dem Drummer Tim Hahn die Trommel nur reibt.

Ein großer Gewinn des Abends war Gastspieler Volker Holly Schlott an verschiedenen Saxophonen und Querflöte. Sein „Sentimenal Mood“ von Duke Ellington war wohl das Feinste, was die meisten Zuschauer an Jazz im Schlosspark je erlebt haben.

  • Für das zweite Kontert am Donnerstag, 15. Juli, ab 19 Uhr wieder im Schlosspark gibt es noch Restkarten an der Abendkasse zu 25 Euro.
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