EU-Richtlinie verbietet Farben

Branche vor dem Aus? So reagieren Künstler aus Husum und St. Peter-Ording auf das Verbot

So reagieren Künstler aus Husum und St. Peter-Ording auf das Verbot

So reagieren Künstler aus Husum auf das Verbot

SHZ
Husum
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Hat Spaß bei der Arbeit: Tattoo-Künstler Kay Schnoor (rechts) lacht unter seiner Mund-Nasen-Bedeckung, kurz bevor die Nadeln unter die Haut von Leif Thiessen eindringen. Foto: Jonas Bargmann/ shz

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Mit Beginn des neuen Jahres sollen in der gesamten EU zahlreiche Tattoofarben bekannter Marken komplett verboten werden. Künstler pochen auf schnelle Lösungen.

„Das ist eine Katastrophe. Für einige Tattookünstler, die nur auf Farbe arbeiten, kann das markterschütternd sein. Denen wird die komplette Grundlage entzogen“, sagt Kay Schnoor, Inhaber des Tattoostudios Westcoast in der Husumer Innenstadt. Er bezieht sich dabei auf die neuen Regelungen, die EU-weit 2022 in Kraft treten sollen.

Inhaltsstoffe der Farben bei Tattoos krebserregend?

Demnach werden rund zwei Drittel der bisher genutzten Farben verboten. Der Grund: Viele beliebte Tattoo-Farben enthalten laut der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) krebserregende und andere schädliche Inhaltsstoffe. Vor allem bunte Tinten sollen von dem Verbot betroffen sein. „Viele Künstler kritisieren, dass nach dem Konjunktiv-Prinzip gehandelt wurde: Es könnte ja sein, dass die Stoffe schädlich sind, also verbieten wir sie. Dabei gibt es keine wissenschaftlichen Belege hierfür“, meint Schnoor.

Weiterlesen: Tattoos: Wie radikal ist etwas, das im Mainstream angekommen ist?

Einer der Inhaltsstoffe, die auf der Liste der künftig verbotenen Stoffe steht, ist Isopropanol – Alkohol, der zur Desinfektion beim Tattoostechen genutzt wird. „Einerseits wird so die Farbe auf der Haut länger haltbar gemacht, andererseits wird sie dadurch ein wenig verdünnt. Das sorgt für ein besseres Fließverhalten der Farbe durch die Gefäße“, meint Schnoor, der seit mehr als zwei Jahrzehnten Motive unter die Haut bringt.

Farben im Wert von mehreren tausend Euro plötzlich unbrauchbar

Ab dem 4. Januar dürfen die Stoffe dann nicht mehr genutzt werden. „Das ist eine einschneidende neue Regelung für viele. Ich werde Ende Dezember oder Anfang Januar vermutlich Farbe im Wert von 2000 Euro in den Müll werfen und zeitgleich neue Farben für rund 1500 Euro kaufen müssen. Da blutet einem schon das Tatöwiererherz“, sagt er.


St. Peter Ording: Verständnis für die Tattoo-Kollegen

Entspannt blickt Tattoo-Artist Dennis Gatke den neuen Regelungen entgegen. Der Inhaber des Studios „fest verankert – Tätowierstube am Meer“ in St. Peter-Ording arbeitet ausschließlich mit schwarzen Farben. Daher sei er von der neuen Verordnung nicht sonderlich betroffen. „Ich mach mir da keinerlei Sorgen. Schwarz wird es immer geben.“

Dennoch hat er Verständnis für viele seiner Kollegen. „Ich kann das Schlechtmachen der Tattoos nicht verstehen. Vor allem, weil nicht nachgewiesen wurde, dass die Inhaltsstoffe tatsächlich schädlich sind.“ Dabei zieht er den Vergleich zu Alkohol und Zigaretten: „Bei diesen Sachen weiß man, dass sie schädlich sind und dennoch kann man sie kaufen.“

Tattoostudio-Inhaber Mads Kristensen gibt Entwarnung

Ähnlich argumentiert auch Mads Kristensen, Inhaber zahlreicher Tattoo-Studios, darunter auch von „Tattoo Fashion“ in der Norderstraße in Husum. Er bezieht sich dabei auf Forschungen von Prof. Dr. Jørgen Serup, dänischer Dermatologe und Initiator der „Tattoo-Clinic“. Dort erhalten Personen, die Komplikationen bei ihrer Tätowierung festgestellt haben, spezielle Untersuchungen und Behandlungen. „Er befasst sich täglich mit Tattoos und konnte keinerlei Schäden am Menschen feststellen“, so Kristensen, der aber hinsichtlich der neuen Regelung ein wenig Entwarnung gibt: „Wir haben eine Kooperation mit Cheyenne, einem der größten Farbhersteller in unserer Branche. Uns wurde mitgeteilt, dass wir uns keinen Kopf machen sollen, sondern dass die Produzenten hinsichtlich des Ersatzes auf einem sehr guten Weg sind.“

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