Ursprung des Coronavirus

Christian Drosten zu Labor-Theorie: „Gefährliche Sachen in Wuhan“

Christian Drosten zu Labor-Theorie: „Gefährliche Sachen in Wuhan“

Christian Drosten äußert sich zur Labor-Theorie

SHZ
Berlin
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Virologe Christian Drosten hält zum Ursprung des Coronavirus vor allem eine Annahme für wahrscheinlich. Foto: dpa/Kay Nietfeld/shz.de

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Zur Entstehung des Coronavirus gibt es unterschiedliche Theorien. Woran Virologe Christian Drosten glaubt – und was in Wuhan passierte.

Der Ursprung des Coronavirus ist noch immer nicht geklärt. Virologe Christian Drosten zweifelt an der Labor-Theorie, musste sich deshalb bereits Vertuschungsvorwürfe anhören, doch der Wissenschaftler von der Berliner Charité hält nach wie vor an seiner Vermutung eines natürlichen Phänomens fest.

Wie Drosten, der auch Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist, im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) untermauerte, erachte er die Erklärung weiterhin für sehr wahrscheinlich, wonach Sars-CoV-2 aus Wildtieren oder Zuchtbetrieben stamme.

Drosten vermutet Ursprung von Coronavirus auf Pelzfarmen in China

Drostens Verdacht: das Coronavirus sei auf einer der Pelzfarmen in China entstanden. Während der Todesschreie der Tiere könnten Aerosole austreten und den Menschen infizieren, schilderte der Virologe im vergangenen Jahr im Schweizer Magazin „Republik“. In China würden Marderhunde nach wie vor in großem Stil in der Pelzindustrie verwendet. Dabei würden immer wieder auch wilde Marderhunde in die Zuchtbetriebe gebracht, die zuvor Fledermäuse – die als wahrscheinlichster Ursprung von Sars-CoV-2 gelten – gefressen haben könnten.

„Marderhunden und Schleichkatzen wird lebendig das Fell über die Ohren gezogen“, erklärte der Wissenschaftler. Die Tiere stießen bei dem grausamen Vorgang Todesschreie aus und brüllten, dabei würden Aerosole freigesetzt. Auf diesem Wege könne sich der Mensch mit dem Virus anstecken. Konkrete Belege für seine Vermutung lieferte Drosten jedoch keine, auch Studienmaterial lag nicht vor. Es gebe „erstaunlich wenig Daten“, stellte der Experte fest, das sei „auffällig“.

Theorie über Entstehung von Sars-CoV-2 in Labor in Wuhan

Zum Ursprung des Coronavirus kursiert noch eine andere Theorie. Demnach könnte Sars-Cov-2 zum ersten Mal in einem Hochsicherheitslabor in der chinesischen Stadt Wuhan ausgebrochen sein, wo auch an der Entstehung von Coronaviren geforscht wird. Drosten zeigte sich den Spekulationen gegenüber jedoch skeptisch. Allerdings wollte er die Labor-Theorie auch nicht ausschließen, „aber es ist derzeit nur eine Möglichkeit“, wie er im „SZ“-Interview sagte.

Als von Fakten gesichert gilt, dass im virologischen Institut in Wuhan Experimente liefen, um Viren neue Eigenschaften zu verleihen. Für Drosten ist dadurch aber noch nicht der Ursprung von Sars-CoV-2 zu erklären. „Es wurden in Wuhan durchaus Sachen gemacht, die man als gefährlich bezeichnen könnte. Aber dabei hätte nicht das Sars-CoV-2-Virus herauskommen können“, sagte er der Zeitung.

Drosten ging mit seinen Ausführungen auf Aussagen des Hamburger Physikers Roland Wiesendanger ein, der gegenüber dem Magazin „Cicero“ behauptet hatte, international führende Virologen würden mit ihrer Annahme eines Corona-Ursprungs im Tierreich bewusste Irreführung und Vertuschung betreiben.

Im Video: Virologe Christian Drosten empört über Vertuschungsvorwürfe

Auffällige Spaltstelle

Droste verdeutlichte im „SZ“-Interview: „Man kann in allen öffentlichen Äußerungen von mir sehen, dass ich immer offen war für beide Möglichkeiten. Ich habe nur immer auch dazugesagt, weshalb ich einen natürlichen Ursprung des Virus aus dem Tierreich aus belegbaren Gründen für wahrscheinlicher halte.“

Vertreter der Labor-Theorie wie Wiesendanger gehen davon aus, dass bei Sars-CoV-2 eine bestimmte Spaltstelle eingebaut wurde, die bei dieser Gruppe von Coronaviren eigentlich nicht vorkomme. Drosten reichte diese Schlussfolgerung als Beweis jedoch nicht aus: „Die Diversität dieser Viren ist noch nicht gut erforscht, deshalb ist die Furinspaltstelle zwar auffällig, aber kein Beweis für einen nicht-natürlichen Ursprung“, sagte er.

Bei Untersuchungen an seinem Institut sei das Team in Proben von Fledermäusen auf zwei Beispiele von Sars-verwandten Viren gestoßen, bei denen nur eine Mutation nötig wäre, „und dann hätten diese Viren auch so eine Furinspaltstelle ähnlich der von Sars-CoV-2“, erklärte Drosten. So etwas könne durchaus in der Natur passieren.

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