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Darum liebt Mirka Derlin ihr großes Hobby mit der Pfeife

Darum liebt Mirka Derlin ihr großes Hobby mit der Pfeife

Darum liebt Mirka Derlin ihr großes Hobby mit der Pfeife

Oleg Strebos/shz.de
Bad Schwartau
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Kommunikativer Typ: Mirka Derlin beim DFB-Pokalfinale 2021 im Dialog mit der aktuellen deutschen Nationalspielerin Laura Freigang (links). Foto: www.imago-images.de/shz.de

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„Die Bundesliga war nie mein Ziel“, sagt Mirka Derlin – und doch ist sie dort gelandet. Als Fußball-Schiedsrichterin absolvierte die Bad Schwartauerin mehr als 90 Einsätze in der höchsten Spielklasse. Nun ist die DFB-Schiedsrichterin des Jahres 2023 einen Schritt zurückgetreten, übt ihr Hobby mit der Pfeife aber weiterhin im regionalen Bereich aus.

Wann für sie auf der großen Bühne der Abpfiff kommt, entschied Mirka Derlin selbst. Am 28. Mai dieses Jahres beendete die 38-Jährige in der Frauen-Bundesliga die Partie des VfL Wolfsburg gegen den SC Freiburg, wenig später wurde die Schleswig-Holsteinerin vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Schiedsrichterin des Jahres 2023 ausgezeichnet. „Völlig sprachlos“ sei sie darüber gewesen, berichtete Derlin über die Ehrung – „und das passiert mir nicht allzu oft“.

16 Jahre lang stand sie auf der Liste des DFB, seit Sommer 2008 pfiff sie Spiele in der 2. Frauen-Bundesliga, seit Sommer 2010 auch in der deutschen Eliteklasse. Die sei zwar „nie mein Ziel gewesen“, meint Derlin nun im Blick zurück, doch der Spaß an der Schiedsrichterei führte zu guten Leistungen – und in die Bundesliga.

Nun also ist Schluss auf Bundesebene, nach 94 Erst- und 71 Zweitligaspielen. „Mir wäre die Entscheidung immer schwergefallen, das ist sie auch jetzt. Aber es ist der richtige Schritt und ein selbstbestimmtes Ende“, sagt die Bad Schwartauerin. Auf der regionalen Ebene bleibt sie aber am Ball, oder besser: an der Pfeife.

Mirka Derlin kommt mit 15 zum Fußball – und an die Pfeife

Fußball ist für Mirka Derlin eine Leidenschaft, eine Liebe – und zwar „schon immer“. Erst als 15-Jährige fängt sie im Verein an zu spielen, beim SV Olympia Bad Schwartau. Durch den Schiedsrichterobmann des Clubs kommt sie zügig zur Pfeife. „Ich fand es ziemlich interessant, auf dem Platz auch einmal die andere Perspektive einzunehmen. Und es hatte mit Fußball zu tun, also war ich ganz schnell Feuer und Flamme.“

Derlin macht den Schiedsrichterschein und pfeift schon Anfang 2000 ihre ersten Spiele als Jugendliche. „Da war ich nicht so zufrieden mit mir, aber Stück für Stück, Spiel für Spiel kommt man da besser rein – und dann habe ich das Hobby lieben gelernt.“ Und zwar sehr.

Mit Mitte 20 macht Derlin Schluss mit dem Kicken und konzentriert sich aufs Pfeifen. Im September 2008 steht sie erstmals in der 2. Bundesliga Nord auf dem Platz, zwei Jahre später heißt es: Bundesliga. Am 22. August 2010 leitet Derlin die Begegnung des Herforder SV beim 1. FFC Frankfurt, der mit großen Namen wie Nadine Angerer, Kerstin Garefrekes und Birgit Prinz daherkommt. Der aktuellen Nationalspielerin Svenja Huth zeigt Derlin die einzige Gelbe Karte des Spiels.

Kommunikation statt Karten

Ohnehin sind viele Karten für die 38-Jährige nicht ihre erste Wahl. Derlin arbeitet heute im Kundenservice, muss dort viel kommunizieren. Auch auf dem Spielfeld setzt sie auf den Dialog, „damit die Spieler wissen, warum ich etwas pfeife oder nicht. Ich möchte für die Beteiligten berechenbar sein, das finde ich ganz wichtig. Unnötige Karten bringen mich in Bedrängnis. Ich versuche, spieldienlich zu pfeifen.“

Dass das Kommunikative mal ihre Stärke sein würde, das ahnte Derlin am Beginn ihrer Laufbahn als Schiedsrichterin nicht. „Als Kind war ich sehr ruhig und zurückhaltend, aber das hat sich durch die Schiedsrichterei komplett gedreht. Man lernt dabei relativ früh, sich durchzusetzen und Akzeptanz zu schaffen, entwickelt Empathie, um im richtigen Moment das Richtige zu sagen“, sagt Derlin. Und man lerne „sehr gut sich selbst zu reflektieren“ – im Positiven und im Negativen.

Denn Fehler passieren, das war so und wird wohl immer so sein. „Ich weiß, dass ich nicht immer alles richtig mache, auch wenn ich es gerne hätte“, sagt Derlin. Wichtig sei aber auch dann Ruhe und Respekt im Umgang miteinander, mahnt die 38-Jährige an.

„Vereine oder Beteiligte sollten wahrnehmen, dass ihr Spieler auch dreimal über das Tor schießt oder Fehlpässe spielt – und dann geh ich ja auch nicht da hin und brülle den Spieler an.“ Das Laute ist ohnehin nicht ihr Ding: „Sobald man als Schiedsrichter schreit, verliert man Autorität und die Emotionen kochen hoch.“ Zudem dürfe man nicht vergessen: „Ohne Schiedsrichter würde es wohl keinen Fußball auf dieser Welt geben.“

Fußball gucken? Immer mit Blick auf die Unparteiischen

Aktuell gehen viele Blicke nach Australien und Neuseeland zur WM der Frauen, auch der von Fußballfan Mirka Derlin. Sie könne die Spiele zwar „total entspannt“ verfolgen und drückt dem DFB-Team auch heute gegen Südkorea die Daumen. Doch mindestens ein Auge schielt auch immer auf das, was die Unparteiische macht.

„Das geht bei mir gar nicht mehr anders. Warum pfeift sie dies oder das? Wie ist die Regelauslegung? Was kann ich für mich übernehmen, was zu mir als Typ passt? Als Schiedsrichter lernt man nie aus“, meint Derlin, die dem DFB im Kompetenzteam auf Funktionärsebene erhalten bleibt, sich in Schleswig-Holstein für die Nachwuchsförderung und Ausbildung von Schiedsrichtern engagiert – und weiterhin für den TSV Dahme Spiele in der Frauen-Regionalliga und Herren-Oberliga sowie in den Spielklassen darunter leiten wird.

„Für mich ist es wichtig, dass ich weiter pfeife, aber nicht, dass ich das in der Bundesliga tue“, sagt sie. Am Sonnabend ist Derlin im SHFV-Pokal der Frauen im Achtelfinale zwischen der SG Ostholstein Riepsdorf/ Lensahn und dem Kieler MTV sowie am Sonntag in der Männer-Landesliga Holstein bei der Partie Hagen Ahrensburg gegen Rapid Lübeck an der Pfeife. Und auch dort wird sie entscheiden, wann der Abpfiff kommt.

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