Geister, Hexen, Unholde

Diese Sagen der Insel Sylt haben Gruselfaktor

Diese Sagen der Insel Sylt haben Gruselfaktor

Diese Sagen der Insel Sylt haben Gruselfaktor

Frank Deppe/shz.de
Sylt
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In den Hörnumer Dünen zuhause: Sylter Hexen. Foto: Martina Kramer

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Wie so vieles schwappte vor einigen Jahren auch die Halloween-Welle von den USA über den Großen Teich nach Europa. Die Sylter Sagenwelt steht dem keltischen Ursprung des Fests jedoch in nichts nach.

Wenngleich es keine Sylter Tradition ist, ziehen inzwischen auch hier kleine Geister am 31. Oktober mit der Parole „Süßes oder Saures!“ von Haus zu Haus. Doch braucht man eigentlich nicht die keltischen Ursprünge von Halloween – zur Abwehr der bösen Geister verkleideten sich die Menschen selbst furchterregend – bemühen: Die Sylter Sagenwelt weiß so einiges von Geistern, Hexen und anderen Unholden zu erzählen.

Kopfloser Jückmann ging in Winternächten umher

Noch heute soll es an einigen Orten auf Sylt nicht ganz geheuer sein. Man raunte früher etwa, dass in rauen Herbst- und Winternächten zwischen Keitum und Munkmarsch der kopflose Jückersmann umhergeht, dass in den Westerländer Dünen das ruhelose Gespenst eines ermordeten Schiffbrüchigen herumgeistert und am Keitumer Kliff der Riese Tipken spukt.

Die Rückkehr der Toten war einst Usus. Denn so mancher Sylter Seemann kam von seinen Fahrten nie mehr heim und fand auf hoher See ein nasses Grab. Die Geister der Ertrunkenen aber kehrten für kurze Zeit noch einmal nach Hause zurück. Daher wurden sie Wiedergänger genannt.

Ein solcher Wiedergänger näherte sich bei Nacht dem Haus seiner Familie, schaute zur Tür herein, schritt in seinen schweren Stiefeln, die voll Wasser waren, durch die Zimmer, löschte mit der Hand die Kerzen aus und legte sich zu den Schlafenden auf die Bettdecke.

Am nächsten Morgen war der Gast verschwunden, und auf dem Boden der Stube fand sich nur noch ein Rest salzigen Wassers, das dem Ertrunkenen von den Kleidern abgetröpfelt war. Wer aber einem Wiedergänger begegnet, der darf ihm nicht die Hand reichen, denn sonst verbrennt sie, wird schwarz und fällt ab.

Auch habe man auf Sylt, so erzählt uns die Sage, gelegentlich tanzende Lichter oder Flammen beobachtet, die den Menschen als bedeutungsvolle Omen erschienen. Solche Totenlichter, die bisweilen von einem Wimmern wie das eines kleinen Kindes begleitet wurden, verhießen nichts Gutes. Sie wurden etwa am Strand an solchen Stellen gesehen, an denen kurze Zeit später die Leiche eines Ertrunkenen antrieb.

Ein wildes Feuer brannte mehrere Tage in Archsum

Im Jahre 1598 soll gleich eine große Zahl von Menschen in Archsum ein wildes Feuer erblickt haben, das brannte viele Tage lang und wanderte beständig hin und her. Was es aber zu bedeuten hatte, das vermochte niemand zu erklären.

Und Anno 1345 soll am Himmel über Sylt ein helles Glühen gewesen sein, wie Schneewolken habe es Feuer geregnet, das Stein und Holz verzehrte.

Schemenhafter Leichenzug zieht durch die Gegend

Wenn aber ein Sylter starb, so wurden seine Angehörigen oftmals einer Erscheinung gewahr, die man Vorspuk nannte. Dann sah man im Nebel der Abenddämmerung einen schemenhaften Leichenzug durch die Gegend ziehen bis hin zu jener Stelle, an der die Leiche begraben werden sollte. Wer aber der Geisterschar auf ihrem Weg begegnete, der musste entweder zur Seite weichen oder stillstehen, bis der Leichenzug vorüber geschritten war.

Und dann gab es noch die Hexen. Die fühlten sich in den Hörnumer Dünen besonders wohl, wo die ruhelosen Geister von Mördern, Selbstmördern und Ermordeten umher gingen und oft ihre Jammertöne zu vernehmen waren.

Hier, im tiefsten Sylter Süden, trafen sich die Hexen, um ihre dunklen Zauberkünste zu studieren. Einige dieser Frauen waren hübsch anzuschauen, andere hatten gelbe Zähne und fahle Augen. Bei Vollmond feierten sie ihre Zaubernächte, im Morgenrot aber verschwand der ganze Spuk.

Von Hexen zu Tode getreten

Zu den berüchtigtsten Sylter Hexen gehörte Maren Taken, über die sich die Menschen wunderliche Dinge erzählten: Mal habe sie wie eine Furie auf einer Düne gestanden und Stürme heraufbeschworen, mal sei sie in der Gestalt eines Schwans vor Schiffen her geschwommen und habe sie auf eine Sandbank gelockt, wo sie strandeten. Als die Sylter ihrer Freveltaten schließlich überdrüssig wurden, hielten sie Gericht und ließen Maren Taken von Pferden zu Tode treten. 

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