Biikebrennen 2022 auf Sylt

Festtag auf der Insel: Die wechselhafte Geschichte der Sylter Biike

Festtag auf der Insel: Die wechselhafte Geschichte der Sylter Biike

Die wechselhafte Geschichte der Sylter Biike

SHZ
Sylt
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Einzig die Tinnumer Biike wird am Montag auf Sylt lodern. Foto: Frank Deppe / SHZ

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Seit dem 19. Jahrhundert ist das Biikebrennen auf das Datum des 21. Februar festgelegt. Seit dieser Zeit hat die Biike auf Sylt eine wechselhafte Historie durchlebt. Ein historischer Rückblick.

Auf der Insel gibt es drei wichtige Festtage: Weihnachten. Ostern. Und das Biikebrennen. Wobei in vergangenen Zeiten durchaus fraglich war, welcher für die Sylter die größte Bedeutung hatte.

Seit dem 19. Jahrhundert ist das Biikebrennen auf das Datum des 21. Februar festgelegt. Weithin leuchtet dann normalerweise in der Abenddämmerung der Feuerschein der mit Gestrüpp und Bäumen aufgehäuften Hügel. In diesem Jahr aber ist bekanntlich alles anders und es wird am Montag ohne Zuschauer vor Ort lediglich die Tinnumer Biike in Flammen aufgehen.

Heidnische Opfergabe als Urpsprung

Das Biikebrennen – ein Stück lebendiges Brauchtum, dessen Bedeutung sich im Laufe der Jahrhunderte mehrfach gewandelt hat. Die Ursprünge des Feuerrituals liegen in grauer Vorzeit. Als heidnische Opfergabe sollten die zehrenden Flammen die Götter gnädig stimmen und zugleich den Glauben an die Naturkräfte symbolisieren.


Vor allem Wodan, der Totengott, wurde sehr verehrt. Selbst dann, als die Insel schon lange christianisiert war, pflegten die Menschen noch im 18. Jahrhundert um die Feuer zu tanzen und auszurufen: "Wodan, zehre!"

Als sich im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Bewohner Sylts als Seefahrer verdingten, verabredeten die Männer im Feuerschein der Biiken ihre Abreise nach Hamburg oder Holland, von wo aus die Walfangschiffe ausliefen.

Biike als Ausdruck von Heimatliebe

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Im 19. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung der Biiken abermals: Nun standen sie für die Zusammengehörigkeit und die Heimatliebe der Friesen. „Ein Tanz um die Biike schlang das einigende Band um Freund und Feind, die sich die Hand zum Freundschaftsbunde reichten“, vermerkte der Sylter Chronist Christian Jensen.


Dunkle Wolken zogen ab 1933 über den hellen Flammen auf. Denn das germanische Brauchtum war so recht nach dem Geschmack der Nationalsozialisten, die das Biikebrennen für sich okkupierten.

„Weil Sylter Brauch ebenso gewachsen ist und im Heimatboden wurzelt wie der Nationalsozialismus, bedeutet das Biikebrennen heute auch ein Bekenntnis zu der großen Volksgemeinschaft des neuen Deutschlands“, ließ die NSDAP verlauten. Und an der Biike verkündete ein Festredner pathetisch: „So heiß wie die Glut dieser Biike, so heiß ist die Liebe unseres Volkes zu seinem Führer Adolf Hitler!“

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Biike als Touristen-Event

In den Kriegsjahren wurde das Biikebrennen untersagt, um feindlichen Flugzeuge nicht den Weg zu weisen. Erst 1946 wurde das Brauchtum wieder belebt. Damals wie in der Gegenwart stimmen die Sylter an den Biiken einmütig die Strophen des friesischen Liedes „Üüs Söl'ring Lön“ ("Unser Sylter Land") an, das von dem Keitumer Christian Peter Christiansen verfasst und 1908 erstmals öffentlich intoniert wurde.

Doch während man noch vor wenigen Jahrzehnten weitgehend unter sich blieb, lassen sich inzwischen immer mehr Urlauber das feurige Schauspiel – so es denn nicht Corona-bedingt ausfällt – nicht entgehen.

Dann reihen sich die Wintergäste in die Fackelzüge ein, die von den Dörfern zu den Biikeplätzen führen. Und wenn die Feuer langsam verglimmen, sitzt man gemütlich zusammen: Kaum eine heimische Küche, kaum ein Restaurant, das an diesem Abend nicht das traditionelle Biike-Gericht auftischt: Deftiger Grünkohl mit reichlich Fleisch, Wurst und Kartoffeln. Und das zumindest wird auch am Montag wieder der Fall sein.

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