Klimawandel

Für Versorgungssicherheit und Energiewende: Neue Hochspannungs-Leitung bei Flensburg

Versorgungssicherheit und Energiewende: Neue Hochspannungs-Leitung bei Flensburg

Für Energiewende: Neue Hochspannungs-Leitung bei Flensburg

Jan Kirschner/shz.de
Flensburg/Flensborg
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Innerhalb von vier Jahren wurde die neue Hochspannungs-Leitung auf einer Länge von acht Kilometern zwischen Weding und dem Umspannwerk Flensburg in Haurup fertiggestellt. Das Umspannwerk in Weding (Foto) ist indes noch nicht fertig. Foto: Jan Kirschner/SHZ

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Die Leitung soll Flensburg mit Strom versorgen – aber auch die in der Region erzeugte Windenergie abtransportieren.

Für den unbedarften Betrachter mögen es nur riesige, aneinandergereihte Wäscheständer sein. Andere sprechen von einem „wichtigen Projekt der Energiewende“. Zur zweiten Gruppe gehört definitiv Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt, der es sich nehmen ließ persönlich zur Inbetriebnahme der neuen Stromtrasse im Süden Handewitts zu erscheinen und eine symbolische, letzte Schraube an einem Leitungsmast zu befestigen.

Die neue Hochspannungsleitung, die die SH Netz AG für rund 21 Millionen Euro errichten ließ, erstreckt sich auf etwa acht Kilometer, und zwar von der Flensburger Stadtgrenze vor dem Handewitter Ortsteil Weding bis zum „Umspannwerk Flensburg“, das sich – die Firmierung irritiert – in Haurup-Süd befindet. Nur etwa einen Kilometer entfernt vom gewaltigen Umspannwerk der Tennet.

Zum nun abgeschlossenen Vorhaben passt der Begriff „Repowering“. Denn die Leitung und die 24 Masten belegen genau dieselbe Trasse wie ein Vorgänger-Bauwerk aus den 60er-Jahren. „Die war kapazitätsmäßig am Ende“, erklärt Projektleiter Finn Radtke. Bereits jetzt erreicht die Übertragungsleistung den doppelten Wert. Sogar fünf Mal so hoch soll die Leistungsfähigkeit sein, wenn der Ausbau des Umspannwerks Weding im nächsten Jahr abgeschlossen ist.

Wenn Fachleute die Funktion anschaulich beschreiben möchten, sprechen sie für die neue 110-Kilovolt-Leitung von einem „Zubringer zur Autobahn“, also von einem Verbindungsstück zur 330-Kilovolt-Stromachse, die in Nord-Süd-Richtung von Dänemark nach Hamburg verläuft.

Die neue Infrastruktur erfüllt zwei Aufgaben: Zum einen versorgt sie die Region und vor allem Flensburg mit Strom, zum anderen wird der sogenannte „Grünstrom“, den die Windräder und Photovoltaik-Module auf der Geest und in Angeln erzeugen, eingespeist. Und das in einem wesentlich größeren Volumen als bislang. Daher rührt die Bedeutung für die Energiewende.

Die Beteiligten loben sich gegenseitig für eine Projektumsetzung binnen vier Jahren. „Das ist eine überragende Zeit, die nur möglich war, weil alles Hand in Hand lief“, meint Benjamin Merkt, bei der SH Netz AG der Vorstand für die Technik. Im März 2019 wurde das Konzept offiziell vorgestellt, im November 2021 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss, und ziemlich genau vor zwölf Monaten begann die Bauphase.

50 Monteure im Einsatz

Da die Stromversorgung durchgängig sichergestellt sein musste, wurde zunächst ein Provisorium, eine Art Kabel-Umleitung, geschaffen, ehe die alten Elemente beseitigt wurden. Danach wurden 2000 Kubikmeter Stahlbeton für 24 Masten gegossen, 119 Kilometer Leiterseile aufgesattelt und gut 50.000 Schrauben befestigt. Neben Ingenieuren, Biologen und Geologen befanden sich 50 Monteure im Einsatz. „Die sind nur schwer zu kriegen, da überall in Deutschland derzeit der Netzausbau voranschreitet“, verrät Finn Radtke. Letztendlich konnte man eine sehr internationale Truppe mit Arbeitskräften aus Portugal, Spanien und Südamerika rekrutieren.

Zum „Finale“ am vorletzten Sonntag gab es einen echten Drahtseilakt. Für den Vogelschutz wurden
Wimpel auf die acht Kilometer lange Trasse gesetzt – aus einem Hubschrauber heraus. Zur Sicherheit musste der Verkehr auf der nahen Autobahn für eine Viertelstunde gestoppt werden. Fast gleichzeitig sorgte sich Andreas Andresen, dass seine weidenden Kühe durch den Lärm des fliegenden Vehikels in Panik geraten könnten. „Es ist alles gut gegangen“, atmete der Landwirt erleichtert durch. Ein Häkchen machte letztendlich auch die „SH Netz AG“. Und weiter geht´s. „In diesem Jahr investieren wir 300 Millionen Euro, für 2027 planen wir sogar mit 500 Millionen Euro“, verrät Benjamin Merkt.

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