Preis für Penomantenverlag

Inklusiver Verlag aus Tarp – wenn der Lektor blind und der Zeichner gehörlos ist

Wenn der Lektor blind und der Zeichner gehörlos ist

Wenn der Lektor blind und der Zeichner gehörlos ist

SHZ
Tarp
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Astrid Franke (l.) und Yvonne Hubert mit einer Auswahl ihrer im Penomantenverlag angebotenen Bücher. Foto: Peter Mai

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Die Bücher des Tarper Penomantenverlages sind von Menschen geschrieben, die ihre Probleme zu Papier bringen. In spannender und unterhaltsamer Form klären die Autoren über verschiedene Behinderungen auf.

Das war eine Freude bei den Verantwortlichen des Penomantenverlages in Tarp. Sie bekamen den zweiten Preis beim Projekt „Inklusion“: Der Wettbewerb war vom Kreis Schleswig-Flensburg veranstaltet worden. Es geht darum, möglichst zahlreiche Dinge für Menschen mit Einschränkungen möglich zu machen.

Dies reicht vom Vorlesen über Diskussionsrunden bis hin zu Fahrdiensten und Begleitungen zu Veranstaltungen. Ein großer Schwerpunkt ist die Versorgung mit passendem Lesestoff. Letztendlich findet „Inklusion“ statt, ohne darüber sprechen zu müssen. Wichtig: Der Verlag arbeitet mit einem blinden Korrekturhörer, mit einem gehörlosen Zeichner zusammen. Besonders ältere und alleingelassene Menschen werden aus der Reserve gelockt.

An gesellschaftlichen Barrieren rütteln

Der Penomantenverlag arbeitet unter der Rechtsform einer GmbH, also nicht als e.V. oder Gemeinnützigkeit. Astrid Franke gründete den Verlag 2019, kurz bevor Corona das gesamte Leben beeinflusste. Sie ist Gebärdensprachdolmetscherin, Mutter von drei Kindern, davon ein Kind mit Behinderung. Sie beschreibt ihren Verlag mit „Für Schwermehrfachnormale“.

Das muss man mehrfach lesen, um den Sinn komplett zu verstehen. Die Bücher, die über den Verlag vertrieben werden, sind von Menschen geschrieben, die ihre Probleme zu Papier bringen. In spannender und unterhaltsamer Form klären die Autoren die Leser über verschiedene Behinderungen auf. Es werden die Gründe aufgezeigt, warum jemand nicht am kulturellen Leben teilhaben kann. „Mit jedem Buch, mit jeder Lesung soll an den gesellschaftlichen Barrieren gerüttelt werden und diese schneller abbauen“, so die Prämisse der Pernomantencrew.

Vorstellung in Flensburg

Auch Astrid Franke hat ein Buch geschrieben. Das gewonnene Preisgeld soll für Fahrtkosten für die Abholdienste, Kosten für den Gebärdendolmetscher, Druckkosten für Werbeplakate und kommende bisher unbekannte Probleme ausgegeben werden. Neben Astrid Franke arbeiten noch Maanja Stegemann als Angestellte im Verlag mit. Sie hat die Aufgabe, eingesandte Bücher zu sichten, Verhandlungen mit Druckereien zu führen und organisiert die allgemeine Verwaltung. Weiter ist Yvonne Hubert ehrenamtlich und mit Spaß und Freude tätig. „Es ist ein toller Verlag und für mich ein erholsames und erfüllendes Freizeitvergnügen“, so Yvonne Hubert.

Am 21. April wird Astrid Franke in der Stadtbücherei Flensburg Bücher und Verein vorstellen. Auch in der Brücke in Rendsburg wird gelesen. Das Klientel dort sind psychisch belastete Menschen, die beispielsweise Angst davor haben, in öffentliche Räume oder zu andere Menschen zu gehen. Bei Hausbesuchen werden „Wohnzimmerlesungen“ veranstaltet. Im letzten Jahr zu Weihnachten wurden im privaten Rahmen Lesungen zu Weihnachten verschenkt. „Da sieht man, wie ausgehungert die Menschen auf Zusammenkunft und Lesen sind“, erklärt Astrid Franke.

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