Kommunalwahl am 14. Mai 2023

Ist Bürgerbeteiligung ein Modell für die Zukunft? Das sagen Kappelns Spitzenkandidaten

Ist Bürgerbeteiligung ein Modell für die Zukunft?

Ist Bürgerbeteiligung ein Modell für die Zukunft?

Rebecca Nordmann
Kappeln
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Die Standortfrage der Stadtbücherei wurde in einem Bürgerentscheid entschieden. Wie beurteilen Thomas Grohmann (CDU, oben v.li.) Marcus Petersen (LWG), Lars Braack (SPD), Barbara Bock (SSW, unten v.li.) und Renate Flekse (Grüne) das Thema Bürgerbeteiligung? Foto: Rebecca Nordmann/shz.de

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Der Countdown läuft: In einer knappen Woche wird gewählt, danach steht die neue Zusammensetzung der Kappelner Stadtvertretung fest. Vorher haben wir den fünf Spitzenkandidaten Fragen zu ausgesuchten Themen gestellt.

Bürgerentscheid zur Stadtbücherei, Bürger-Workshop zu den Heringstagen, Bürgerbeteiligung bei der Verkehrsfrage am Hafen – in der ausklingenden Wahlperiode haben die Kappelner häufig wie nie Stellung zu politischen Entscheidungen genommen oder wurden offensiv einbezogen. Ist das ein Modell für die Zukunft? Oder schwächt das die Stadtvertretung?

Lars Braack (SPD): Für unser Verständnis sind Bürgerentscheid und Bürgerbeteiligung ein ganz wichtiger Bestandteil der Demokratie. Wir sind froh, dass ein Bürgerentscheid zum Verbleib der Stadtbücherei geführt hat. Wir hoffen, dass dies nicht wieder, wie bereits von einer Partei vor einiger Zeit angekündigt, rückgängig gemacht wird. Für uns ist dieser Entscheid bindend und sollte es auch für alle anderen Parteien sein.

Eine Bürgerbeteiligung ist nicht immer bei allen politischen Beschlüssen möglich. Sie ist dort angebracht, wo es die Menschen selbst besonders betrifft, zumeist in der Verkehrspolitik. Hier zu erwähnen wäre die Beteiligung an Verkehrsmaßnahmen in Olpenitzdorf, am Nordhafen, im Kehrwieder. Aber auch bei Stadtfesten wie den Heringstagen sind Beteiligungen sinnvoll.

Bürgerbeteiligung ist wertvoll, gleichzeitig zeitintensiv und manchmal schwierig. Aber im Ergebnis kann sie die Politik stärken, in dem Wissen, dass ihre Entscheidung von den Kappelnern getragen wird. Falls sich die Politik doch anders entscheiden sollte, ist sie besonders gefordert, nachvollziehbar zu argumentieren. Weder Bürgerentscheid noch Bürgerbeteiligung schwächen die Stadtvertretung, im Gegenteil, beide Seiten können davon profitieren.

Marcus Petersen (LWG): Ich möchte hier auf die Kernaussage in unserem Wahlflyer hinweisen: „Arbeit mit dem Bürger – für den Bürger“. Warum soll eine Bürgerbeteiligung oder ein Bürgerentscheid aus meiner Sicht also eine Schwächung der Stadtvertretung sein, wenn doch genau da, die Hauptbotschaft der Liberalen Wählergemeinschaft Kappeln ist. Ich halte es zudem für eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen Stadtvertretung und Bürgern. Darüber hinaus ist es im Gemeindeverfassungsrecht rechtlich verankert.

Wo immer der gesetzliche Rahmen es zulässt, sollten sich politische Vertreter und somit auch die Stadtvertretung von Kappeln per se schon nach dem Bürgerwillen richten. Eine Einbeziehung der Bürger in politische oder gesellschaftliche Themen ist aus meiner Sicht auch eine sehr große Chance für die Stadtvertreter, um das direkte und ungefilterte Stimmungsbild der Einwohner unserer Stadt aufzunehmen. Es ist das Modell für die Zukunft, ein probates Mittel.

Renate Felske (Grüne): Die Bürgerbeteiligung soll unbedingt beibehalten werden, denn das ist gelebte Demokratie. Es ist ein Modell für die Zukunft. Dabei müssen sich die Bürger*innen auch auf die Umsetzung von Bürgerentscheiden verlassen können. Das bedeutet, dass das eindeutige Ergebnis des Bürgerentscheides zur Stadtbücherei umzusetzen ist. Wenn das nicht geschieht, ist es eine grobe Missachtung des Bürgerwillens.

Der Bürger-Workshop zu den Heringstagen trägt bereits Früchte, indem wir ein gutes Kulturprogramm bei den Heringstagen in diesem Jahr bekommen. Auch die Bürgerbeteiligung bei der Verkehrsfrage am Hafen ist zu begrüßen, da nur durch ein Miteinander Zufriedenheit entsteht und keine Entscheidung über die Anlieger hinweg getroffen werden soll.

Außerdem halte ich es für wichtig, dass Einwohnerversammlungen regelmäßig durchgeführt werden. So erfahren die Politik und die Verwaltung von den Sorgen und Nöten der Bürger*Innen aus erster Hand und sie können auch kreative Vorschläge aufnehmen. Eine Bürgerfragestunde mit dem Bürgermeister und den Bürgervorsteher würde des Weiteren zu einem guten Austausch beitragen.

Thomas Grohmann (CDU): In einer repräsentativen Demokratie sollen die gewählten Stadtvertreter*innen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger angemessen vertreten. Es ist also Auftrag der Kommunalpolitiker, die Wünsche der einheimischen Menschen in der gesamten Wahlzeit angemessen zu berücksichtigen. Damit das gelingt, ist es aber notwendig, dass der Dialog zwischen den Bürger*innen und ihren Vertreter*innen vor allem durch frühzeitigere und konsequente Bürgerbeteiligungen deutlich verbessert wird.

Nicht jedes Thema ist zum Zeitpunkt der Wahl schon bekannt. Verwaltung und Politik müssen transparent sein und zuhören. Aktive Bürgerbeteiligung wie z.B. am Hafen durch CDU in Bewegung gebracht, ist der beste Weg, um alle mitzunehmen und Bürgerbegehren unnötig zu machen und stärkt die Politik, Entscheidungen im Sinne der Bürger*innen zu treffen.

Komplexere Themen lassen sich oft nicht durch eine einfache Frage in einem Bürgerentscheid beantworten. Für geeignete Themen und klar zu treffende Entscheidungen, die eine deutliche Legitimation erfordern, müssen Bürgerentscheide im Rahmen der Gemeindeordnung dennoch jederzeit möglich sein.

Barbara Bock (SSW): Unter der Voraussetzung gründlicher und umfangreicher Informationen neutraler Art ist es ein Zukunftsmodell, die Bürger zu beteiligen. Der Bürgerwille ist für uns vom SSW maßgeblich und entscheidend, Bürgerentscheide und Bürgerbegehren sind sehr wichtige Instrumente einer funktionierenden Demokratie und dürfen nicht eingeschränkt werden.

Der SSW unterstützt auf kommunaler sowie auf Kreis- und Landesebene die Initiative „Rettet den Bürgerentscheid“, die sich für dieses wichtige Instrument einsetzt. Die Landesregierung (CDU und Grüne) hat im März dieses Jahres ein Gesetz durchgebracht, das Bürgerentscheide bis zur Unmöglichkeit der Durchführung erschwert, ausbremst, unzulässig macht. Da machen wir nicht mit.

Der SSW stand schon immer für demokratische Grundwerte und lässt nicht zu, dass die Bürger ein wichtiges demokratisches Instrument verlieren. Insofern ist unsere Antwort auf die Frage klar: Der Bürgerentscheid muss bestehen bleiben, und Bürgerbeteiligung muss auch in Zukunft so häufig es geht ermöglicht werden.

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