Ausgrabungen in Norderbrarup

Jahrhunderte alte Funde: Neun Grubenhäuser aus der Wikingerzeit

Jahrhunderte alte Funde: Neun Grubenhäuser aus der Wikingerzeit

Neun Grubenhäuser aus der Wikingerzeit gefunden

SHZ
Norderbrarup
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Hier wird ein Grubenhaus an der Ausgrabung in Norderbrarup vermessen. Foto: Doris Ambrosius/shz.de

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Bei der Untersuchung des Baugrundes in der Flaruper Straße kamen archäologisch interessante Gebiete zum Vorschein.

In den Gemeinden Süderbrarup-Brebel und Norderbrarup wurden große, archäologisch interessante Gebiete entdeckt, und inzwischen weiß man um die wirklich hohe Bedeutung der Funde und der Möglichkeit historische Einblicke in längst vergangene Zeiten zu bekommen.

Voruntersuchungen starteten im März

In Norderbrarup begann die archäologische Voruntersuchung im März. Grund für die Untersuchung war das geplante Wohngebiet in der Flaruper Straße mit acht Bauplätzen. Schnell war klar, dass der aufgedeckte Fundplatz ungefähr zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert datiert. Nahe der alten Kirche, die um 1200 erbaut wurde, fanden die Archäologen im Ortskern eine kleine Siedlung mit mindestens neun Grubenhäusern – das sind in den Boden eingetiefte Häuser mit einem Giebeldach – aus der Wikingerzeit, die sich locker über den Fundplatz verteilen.

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„Damit zählt die wikingerzeitliche Ansiedlung in Norderbrarup nach derzeitigen Kenntnissen zu den bedeutenderen, bisher bekannten Siedlungen im Land Angeln“, erklärt Stefanie Klooß vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein. Grabungsleiter Andreas Selent fügt hinzu, dass die Siedlung genau in die Haithabu-Zeit passe. „Es gibt viele besondere Funde, die auf Handwerk und Handel schließen lassen“, so Selent, „besonders die Textilherstellung.“

Viele Befunde aus den acht Grubenhäuser

So fand man Reste von Webstühlen in Form von Webgewichten, wie auch Spinnwirtel als Teil von Spindeln, die zum Verspinnen eines Fadens aus Schafwolle dienten. Außerdem konnten aus den acht Grubenhäusern ungewöhnlich viele Befunde aus Metall und anderen Materialien, darunter diverse Keramiken, eine bronzene Gewandnadel, eine weitere Nadel einer verlorenen Fibel, zwei Eisenmesser, ein Kugelzonengewicht, das einen Hinweis auf den Handel gibt, sowie außerdem ein Bernsteinfragment geborgen werden. Ferner zählen ein eiserner Kesselhaken und ein eiserner Meißel zu den Funden sowie Handelsware wie Keramik und Speckstein aus dem skandinavischen Raum.


Einen Einzelfund stellt bisher eine große „Ottonische Buckel-Emaillescheiben-Fibel“ aus dem 10. Jahrhundert nach Christus dar. Sie wurde als Schmuckstück und als Gewandverschluss genutzt. Sie zeigt eine eingeritzte Vogeldarstellung und deutet damit auf einen christlichen Kontext hin. Die Scheibenfibel unterstreicht den besonderen Charakter des Fundplatzes, der weiterhin den Knauf eines Wikingerschwertes und ein arabisches Silber-Dirham-Fragment preisgab.


In einem Grubenhaus fand sich eine beeindruckend große und sehr gut erhaltene Feuerstelle in der südöstlichen Ecke, die zum Heizen und Kochen genutzt wurde. Besonders neugierig sei man darauf, wo die Menschen gewohnt haben könnten und ob und wie eine Verbindung zum Bau der Kirche hergestellt werden könne. „Aber wir untersuchen ja nur das Baugebiet, alles weitere ist vermutlich schon überbaut“, so der Grabungsleiter.


Mit der Gemeinde wurde eine insgesamt sechswöchige Untersuchungszeit vereinbart. Das bedeutet, dass die Arbeiten noch rund drei Wochen andauern werden, bevor der Baustart freigegeben werden kann. Bürgermeister Peter Clausen zeigte sich beeindruckt von der Arbeit und den gefundenen „Schätzen“ und wird anregen, so ein Grubenhaus für das Norderbraruper Knüttelmuseum nachzubauen.

Grundstückspreise steigen

„Ansonsten handelt es sich bezüglich der Kosten für die Gemeinde von rund 100.000 Euro um eine ganz schön hohe Summe, die ja letztendlich auf den Grundstückspreis umgelegt werden muss“, sagt er. Aber es sei auch ein großer Wert für ganz Norderbrarup. „Es ist ein Gewinn für uns alle, auch für die Bauherren, die es am Ende bezahlen.“ Clausen meint, dass so eine Finanzierung politisch breiter aufgestellt werden müsse.

Die Untersuchungen im Gewerbepark Brebel laufen bereits seit dem vergangenen Jahr und werden auch im nächsten Jahr fortgeführt. In Absprache mit der Gemeinde allerdings zeitlich so abgestimmt, dass der Erschließung und dem Bau in geplanten Abschnitten nichts im Wege stehe, so Stefanie Klooß.

Ausgrabung im Ortsteil Brebel

Die Ausgrabung in Süderbrarup-Brebel brachte eine Siedlung aus der Zeit des Thorsberger Mooropferplatzes aus den Jahrhunderten um Christi Geburt hervor. Bisher wurden anhand von Pfostenverfärbungen drei Grundrisse von Langhäusern aufgedeckt, die auf eine Siedlung der späten Römischen Kaiserzeit (etwa 300 bis 500 n. Chr.) hindeuten. Teile von Haushaltskeramiken und ein Webstuhlgewicht bilden bisher die Hinterlassenschaften der ländlichen Besiedlung.


Außerdem wurde ein Urnengrab der gleichen Zeitstellung mit der Totenbeigabe einer Fibel (Gewandschließe) entdeckt. Das Spannende bei diesen Siedlungsfunden ist, dass sie in die zweite Phase des berühmten Thorsberger Opfermoores zu datieren sind. Möglicherweise lebte hier ein Teil jener Menschen, die das Opfermoor für die Verehrung ihrer Götter nutzten.

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„Das Thorsberger Opfermoor ist dadurch weithin bekannt, dass man dort über mehrere Jahrhunderte hinweg, immer mal wieder zu bestimmten Anlässen große Mengen an materiellen Gütern geopfert hat, hauptsächlich Waffen und Heeresausrüstung. Die Opfergaben waren Kriegsbeute von einem besiegten Heer, die den Göttern dort niedergelegt wurden, wahrscheinlich als Dank für den Sieg“, erläutert Grabungsleiter Rolf Schulze.


„Funde aus dem Thorsberger Moor stammen aus der gleichen Zeit wie diese Siedlung“, erklärt Schulze weiter, „das heißt, es kann durchaus so gewesen sein, dass hier Menschen gelebt haben, die das Thorsberger Moor nutzten und dort Dinge opferten.“ Schulze weist auf weitere wichtige Zusammenhänge hin: „Wir haben außerdem das große Gräberfeld in Süderbrarup unter dem „Brarup-Markt-Platz“, es gab hier also große zentrale Gräberfelder, so dass wir davon ausgehen können, dass hier eben auch aus verschiedenen dieser kleinen Siedlungen Menschen hingezogen sind, um zum Beispiel Kulthandlungen zu machen, um schon Märkte abzuhalten und so weiter. Und eine dieser Siedlungen haben wir hier wohl angetroffen.“

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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