Flensburg
Karin Haug privat: Wieso die Friesin nicht mehr fliegt und was sie als Oberbürgermeisterin ändern würde
Karin Haug privat: Wieso die Friesin nicht mehr fliegt
Wieso die Friesin nicht mehr fliegt
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Wir haben uns bei den Kandidatinnen und Kandidaten der Oberbürgermeisterwahl zum Kochen eingeladen, um sie zu Hause von einer persönlichen Seite kennenzulernen. Bei Gemüseauflauf mit Feta erzählt uns Karin Haug (SSW), warum bei ihr im Haus auch friesisch gesprochen wird und ihr die Kirche am Herzen liegt.
Mit einem Lächeln öffnet Dr. Karin Haug die Tür ihres Hauses in Flensburg. Die 58-Jährige lebt zusammen mit ihrem Mann, ihrem 18-jährigen Sohn und den Katern Manfred und Werner in einem etwa 100 Quadratmeter großen Haus mit einem kleinen Garten.
Lebt den urbanen Traum
Fürs gemeinsame Kochen hat sich die Flensburgerin für einen Gemüseauflauf mit Feta entschieden. Das Gemüse hat sie beim Wochenmarkt gekauft. Wenn sie einkaufen geht, kauft sie Produkte aus der Region, sagt sie.
„Mein Mann und ich nehmen uns jedes Jahr etwas vor. Dieses Jahr haben wir beschlossen, keine Plastiktüten mehr zu verwenden. Ich lebe den urbanen Traum, ich erreiche alles zu Fuß“, berichtet die Flensburgerin. Von der Küche führt eine Tür in einen kleinen Flur, von dem es direkt in den Garten geht. In ihrem Garten hat sie schon eigene Kartoffeln angebaut. Insgesamt ist die Küche klein. Durch die vielen Schränke findet alles seinen Platz. Ein Hingucker ist die Obstaufbewahrung, die an eine Banane erinnert.
Weg nach Flensburg
Beim kurzen Rundgang durchs Ess- und Wohnzimmer erinnert sich Karin Haug, wie sie und ihr Mann damals nach Flensburg gekommen sind. Beide haben in Konstanz studiert und sich während des Studiums kennengelernt. Vor 22 Jahren ist sie zusammen mit ihrer Familie nach Flensburg gekommen.
„Ich bin in Meldorf geboren und aufgewachsen. Ganz am Anfang wollte ich Journalistin werden, aber bin dann in der Politik gelandet, um jetzt doch in Flensburg seit über 20 Jahren als freie Journalistin zu arbeiten“, erzählt sie. Plötzlich huscht Kater Manfred durch den Flur und gibt ein kurzes, aber hörbares Miau von sich. „Er ist hier der Chef im Haus und muss jeden Besucher begutachten“, bemerkt Haug.
Friesische Herkunft
Für Karin Haug ist es wichtig, dass ihre Kinder durch ihre Herkunft auch Friesisch sprechen. Beide Kinder sind durchs dänische Schulsystem gegangen. Haug selbst spricht auch Dänisch. Doch zu Hause sprechen sie und ihre Familie vornehmlich Friesisch.
Wenn sie traditionell, also friesische Speisen zubereitet, ist es meistens die klassische Friesentorte, weil die so einfach ist. „Wenn wir kochen, dann immer mit den Kindern zusammen, und die haben den Wunsch frei, was es gibt“, erklärt die Flensburgerin.
Wichtigkeit vom Klimawandel
Die Frage nach der Leibspeise ist für sie einfach zu beantworten: Es ist Grünkohl. Doch bei einem Thema ist sie nicht kompromissbereit: Klimaschutz. „Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir für diesen Bereich zu wenig Geld ausgeben.
Um selbst etwas für die Umwelt zu tun, fliegt Karin Haug nicht mehr. „Das ist eine Umweltsauerei, und das will ich nicht unterstützen. Ich glaube, ich habe keinen großen CO₂-Fußabdruck. Wir haben keine teuren Hobbys. Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir mit unserem Konsumverhalten die Welt retten, aber ich weiß, wofür ich es mache“, erläutert die Flensburgerin.
Weniger Bürger nutzen die Innenstadt
Eine negative Entwicklung ist der Politikerin besonders während der Pandemie aufgefallen. Immer mehr Menschen würden sich einigeln. „Es gibt sehr viele Flensburgerinnen und Flensburger, die wochenlang nicht in der Stadt gewesen sind“, sagt die 58-Jährige.
Mehrsprachige Erfahrung teilen
Ihre friesische Herkunft würde sie als Oberbürgermeisterin in den Flensburger Alltag einbringen. Ihrer Meinung nach werden Minderheiten zu wenig integriert. Obwohl sie auch Mitglied im Kirchengemeinderat ist, habe sie selbst keinen Missionseifer: „Wenn jemand eine andere Richtung einschlagen möchte, dann soll er das tun. Für alle Themen, für die ich stehe, möchte ich Menschen nicht überzeugen. Ich glaube, es wäre hilfreich, wenn im Rathaus eine Person an der Spitze steht, die weiß, was es bedeutet, mit einem anderen Hintergrund zu leben“, erklärt die Politikerin.
Neben ihrer Arbeit beim SSW liegt ihr die Arbeit in der Kirche sehr am Herzen: „Ich mag es gerne, angepredigt zu werden und eine Aufgabe zu haben. Wir haben tolle Musik. Am meisten gefällt mir dieses Zusammensein.“
Repertoire an Worten
Zurück zum Kochen: Beim Schneiden des Gemüses macht Karin Haug so schnell niemand was vor. Mit schnellen Handgriffen schält und zerkleinert sie Zucchini, Zwiebel und Knoblauch. Sie gibt genaue Anweisungen, wie sie das Gemüse zubereitet haben möchte. Doch der Feta wird diesmal nicht wie gewohnt in längliche Scheiben geschnitten.
Wenn es in der Küche mal nicht so läuft, wie sie es sich wünscht, wisse sie sich hier aber auch im Alltag zu helfen: „Ich habe durchaus ein Repertoire an Worten. In der Ratsversammlung wird meine Menschenfreundlichkeit immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Der Ausschuss für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung ist außerdem wirklich charakterbildend“, berichtet die Oberbürgermeisterkandidatin.
Sie empfindet es nicht als schwer, gehört zu werden. Am Anfang habe sie es schwer gehabt, ein Mikrofon zu nutzen. „Ich habe eine sehr tragende Stimme, aber ob man mir zuhört, ist eine andere Frage“, erläutert Karin Haug. Vorsichtig würzt sie das Gemüse mit Olivenöl, Pfeffer, Salz und einem Schärfe-Gewürz. Anschließend vermengt sie alles und füllt es zusammen mit dem Feta in eine große Auflaufform.
Entscheidung zur Wahl anzutreten
Während der Auflauf im Ofen vor sich hin brutzelt, räumt sie die Küche auf. Die Entscheidung, zur Wahl anzutreten, habe sie nicht über Nacht gefällt. Vielmehr seien ihre Kollegen aus der Partei auf sie zugekommen: „Dass andere Leute auf die Idee kommen, dass man die richtige Person dafür ist, das ist schon ein gutes Gefühl.“
Ihre Familie hat sie zuerst gefragt, ob sie antreten soll. Etwas Bedenken habe sie schon gehabt: „Ich weiß, dass sich dadurch das Privatleben sehr verändert oder verändern kann. Mir ist bekannt, dass Simone Lange Morddrohungen bekommen hat. Das kann man nicht so einfach abschütteln.“ Sie persönlich hat noch keine Angriffe erlebt.
Politisches Vorbild
Ihr persönliches Vorbild ist Gerda Hasselfeldt (Anm. d. Red.: ehemalige deutsche Bundesministerin für Gesundheit). „Von ihr habe ich viel über Ausschussleitung gelernt. Sie ist immer freundlich und immer in den Themen bewandert gewesen“, erinnert sich die Politikerin.
Außerhalb der Politik
Auch wenn ihr Politik sehr wichtig ist und sie gerne darüber spricht, hat sie auch andere Leidenschaften. „In meiner Freizeit lese und stricke ich viel. Das ist auch mein Twittername. Quaddeln heißt auf Friesisch stricken. Ich habe auch schon in der Ratsversammlung oder anderen Ausschüssen gestrickt“, erzählt die Ratsfrau.
Es dauert eine halbe Stunde, bis der Auflauf goldbraun ist. Zum Nachtisch entscheidet sich Karin Haug für eine typisch friesische Kaltschale: „Besonders im Sommer könnte ich auf einfache friesische Gerichte nie verzichten.“
Das Rezept ist wirklich simpel: Gekonnt trennt Haug zwei Eier und fügt zu ihnen Zucker und Naturjoghurt und Buttermilch in eine große Schale. Mithilfe eines Schneebesens vermengt sie alles - und fertig. Ein so entspanntes Interview habe sie bisher noch nie gehabt, erwähnt Karin Haug beim Essen.